Steigende GesundheitskostenÄrzte müssen immer mehr jungen Menschen ihre Gesundheit beweisen
Die steigenden Krankenkassenprämien sorgen für Kopfschmerzen. Mit ein Grund für die steigenden Kosten sind Personen, die gesund zum Arzt gehen.
Darum gehts
Die Krankenkassenprämien steigen 2024 um durchschnittlich sechs Prozent auf 379 Franken pro Monat.
Gesunde fordern immer häufiger medizinische Leistungen ein, was die Kosten weiter in die Höhe treibt.
Experten sehen eine Zunahme von Arztbesuchen, insbesondere durch junge Menschen ohne akute Beschwerden.
379 Franken beträgt die durchschnittliche Krankenkassenprämie pro Monat im kommenden Jahr – das sind knapp 22 Franken mehr als 2024 und entspricht einem Anstieg von sechs Prozent.
Diese Entwicklung wird von einer Vielzahl von Faktoren beeinflusst. Nicht nur die Behandlung von Kranken treibt die Kosten in die Höhe, auch Gesunde fordern immer häufiger medizinische Leistungen ein, wie die Tamedia-Zeitungen berichten.
«Arzt muss beweisen, dass der Patient gesund ist»
Experten wie Thomas Harnischberg, Chef der Krankenkasse KPT, und Felix Schneuwly vom Vergleichsdienst Comparis, äusserten sich kürzlich zu diesem Trend. Harnischberg stellte fest, dass zunehmend junge Menschen medizinische Leistungen beanspruchen, oft ohne akute Beschwerden.
Schneuwly betont, dass gerade junge Patienten mit diffusen Symptomen vermehrt zum Arzt gehen – um sich bestätigen zu lassen, dass sie gesund sind. «Der Anspruch ist heute, dass der Arzt beweisen muss, dass der Patient gesund ist», so Schneuwly gegenüber den Zeitungen der CH Media.
Früher reichten Ratschläge von Eltern und Grosseltern
Yvonne Gilli, Präsidentin der Ärzteverbindung FMH, bestätigte, dass diese Unsicherheit besonders bei der jüngeren Bevölkerung bis 45 Jahren ausgeprägt ist. Immer mehr Menschen suchen demnach Arztpraxen auf, weil sie besorgt sind. Monika Reber, Co-Präsidentin der Haus- und Kinderärzte, beobachtet ebenfalls eine zunehmende Verunsicherung. Früher hätten Ratschläge von Eltern oder Grosseltern oft ausgereicht, heute sei das Vertrauen in medizinische Diagnosen und Apps grösser.
Das Internet und Gesundheits-Apps spielen hierbei eine entscheidende Rolle. Der Zugang zu Informationen hat stark zugenommen, doch viele Menschen tun sich schwer, diese richtig zu interpretieren. Bereits kleinere Veränderungen im Körper lösen Ängste aus, die zu Arztbesuchen führen. Dies erhöht den Druck auf das Gesundheitssystem, das bereits an vielen Stellen überlastet ist.
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Corona-Pandemie verschärfte die Unsicherheit
Besonders während der Corona-Pandemie habe sich die Unsicherheit in der Bevölkerung verschärft. Viele junge Menschen hätten das Vertrauen in ihre Gesundheit verloren und suchten vermehrt ärztlichen Rat. Hausärzte berichten laut den Tamedia-Zeitungen von einer Zunahme an Erstkonsultationen, während immer weniger Menschen ein Jahr ohne Arztbesuch überstehen.
Laut der letzten Gesundheitsbefragung des Bundes sank der Anteil derjenigen, die nie zum Arzt gehen, von 22 Prozent (vor zehn Jahren) auf 17 Prozent im Jahr 2022. Besonders bei den 25- bis 34-Jährigen ist dieser Rückgang deutlich.
Hausarztpraxen zunehmend überlastet
Ärzte stehen vor der Herausforderung, die Unsicherheit ihrer Patienten zu reduzieren, ohne unnötige Diagnostik durchzuführen. Dies ist jedoch nicht immer leicht, da der Vertrauensaufbau zwischen Arzt und Patient entscheidend ist. Ein gutes Verhältnis kann helfen, auf unnötige Untersuchungen zu verzichten. Dennoch bleibt die Frage offen, ob eine Erhöhung der Franchise eine Lösung für die steigenden Kosten sein könnte. Skeptikerinnen wie Gilli und Reber warnen davor, dass dies zu verzögerten Arztbesuchen und damit verbundenen Komplikationen führen könnte.
Die steigende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen durch Gesunde stellt eine grosse Belastung für das Gesundheitssystem dar. Hausarztpraxen sind zunehmend überlastet, und viele Ärzte haben bereits einen Aufnahmestopp verhängt. Sollte dieser Trend anhalten, wird sich die Lage in den kommenden Jahren wohl weiter verschärfen.
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