AHV Kinderrenten: Politik will Begrenzung im Ausland

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AHV-Kinderrente«Manche Frauen in Thailand gehen gezielt Schweizer Rentnern nach»

Kinderrenten, die ins Ausland fliessen, sorgen für Kritik. Politiker links und rechts können sich nun vorstellen, das System zu ändern.

Es sei falsch, dass Kinderrenten eins zu eins ins Ausland transferiert werden, findet SVP-Nationalrat Erich Hess.
Denn: Es sei relativ einfach, die Kinder einer anderen Person als Pflegekinder anzuerkennen – und so für diese eine Kinderrente zu erhalten, so Hess.
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Es sei falsch, dass Kinderrenten eins zu eins ins Ausland transferiert werden, findet SVP-Nationalrat Erich Hess.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • AHV-Kinderrenten entwickeln sich in manchen Ländern auffällig, etwa in Thailand.

  • SVP-Nationalrat Erich Hess wäre dafür, Kinderrenten der Kaufkraft des jeweiligen Landes anzupassen.

  • Auch Gewerkschafter Adrian Wüthrich möchte dies prüfen.

Der Berner SVP-Nationalrat Erich Hess findet es falsch, dass Kinderrenten eins zu eins ins Ausland transferiert werden - und zwar deshalb, weil es relativ einfach sei, die Kinder einer anderen Person als Pflegekinder anzuerkennen und für diese eine Rente zu bekommen.

«Dafür muss man nicht einmal heiraten, es genügt, wenn jemand sagt, ich sorge jetzt für diese Kinder.» Sofern die rentenberechtigte Person die Kinder vor der Pensionierung als Pflegekinder annimmt, hat sie mit 65 Anspruch auf Kinderrenten. In jedem Fall besteht für AHV-Rentner der Anspruch auf Kinderrenten, wenn er die Mutter der betreffenden Kinder heiratet.

Wie oft dieses System missbraucht werde, könne er nicht sagen, sagt Erich Hess. «Aber dass es missbraucht wird, weiss ich.» Er kenne selber solche Fälle, da er immer wieder in den Fernen Osten reise. Da gebe es die extremen Beispiele von thailändischen Frauen, die gezielt nach Schweizer Männern suchen.

«Es spricht sich in diesen Ländern natürlich herum, dass AHV-Rentner in der Schweiz Anspruch auf Kinderrenten haben. Es gibt Mütter mit Kindern, die Rentnern nachgehen und sagen, wenn du meine Kinder als deine Pflegekinder annimmst, sorgen wir für dich, wenn du pflegebedürftig wirst.» In den weniger extremen Fällen schliesse sich ein Schweizer Rentner einfach mit einer Thailänderin zusammen und lebe mit ihr sowie mit ihren Kindern unter einem Dach.

Hess forderte in einer parlamentarischen Initiative, die Kinderrenten ins Ausland ganz zu streichen, der Nationalrat lehnte das 2021 ab. Heute sagt er: «Man müsste wohl die Kinderrenten der Kaufkraft des jeweiligen Landes anpassen, das wäre gerechter.» Für einen nächsten Versuch könne er sich diese Stossrichtung vorstellen.

«Kinderrenten fairer ausgestalten»

Dabei bekäme SVP-Nationalrat Hess sogar Unterstützung von links. Auch Adrian Wüthrich, Präsident des Gewerkschaftsdachverbands Travailsuisse, möchte die Kinderrenten «fairer ausgestalten». Denn problematisch sei nicht die Kinderrente als solche, sondern deren einkommensabhängige Höhe. «Die Kosten für eine Lehre oder ein Studium sind gleich hoch, unabhängig davon, wie viel der Rentner während seines Berufslebens verdient und wie lange er eingezahlt hat.»

Die Kinderrente solle deshalb nach Bedarf ausgestaltet sein, und in diesem Zusammenhang könnte auch geprüft werden, so Wüthrich, «ob die bedarfsabhängigen Kinderrenten, die ins Ausland ausbezahlt werden, teilweise der Kaufkraft im jeweiligen Domizilland angepasst werden sollen».

«Geringe Zahl von Missbräuchen»

Möglicherweise müsste die Schweiz dafür die Sozialversicherungsabkommen mit gewissen Ländern neu aushandeln. Diese besagen, dass Rentner in den Vertragsländer die gleichen Sozialleistungen erhalten müssen, unabhängig davon, in welchem Land sie leben.

Der Berner Mitte Nationalrat Lorenz Hess sprach sich deshalb gegen die parlamentarische Initiative von Erich Hess aus. Die Schweiz sei an diese Abkommen gebunden, sagte er. Eine Neuaushandlung der Abkommen wäre unverhältnismässig angesichts der geringen Zahl von Missbräuchen. Zwar habe die Kommission festgestellt, dass das System der Kinderrenten in Einzelfällen tatsächlich ausgenutzt werde, «so, wie es leider überall Leute gibt, die etwas ausnutzen». Doch nur etwa drei Prozent der AHV-Kinderrenten fliessen laut Lorenz Hess in diese Länder, weshalb man noch nicht von einem Geschäftsmodell sprechen könne. Zumal in den drei Prozent auch die Nicht-Missbrauchsfälle enthalten seien.

Sollten die Kinderrenten angepasst werden?

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