Armee-Budget: Erich Hess (SVP) verpasst Abstimmung – Linke triumphiert

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ArmeebudgetSVP-Hess verpasst Abstimmung – Armee entgehen Hunderte Millionen

Mit Stichentscheid des höchsten Schweizers Eric Nussbaumer (SP) verzichtet das Parlament auf noch höhere Armee-Ausgaben. SVP-Mann Erich Hess, der den Antrag dazu gestellt hatte, verpasste die entscheidende Abstimmung.

Ausgerechnet SVP-Nationalrat Erich Hess, von dem der Antrag auf eine schnellere Erhöhung des Armee-Budgets stammte, verpasste die Abstimmung wegen einer Erkältung. 
Die Ausgaben für die Schweizer Armee werden weniger schnell erhöht als in den letzten Tagen erwartet worden war. 
Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP) fällte beim Armee-Showdown bei 97 zu 97 Stimmen im Sinne seiner Genossen. 
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Ausgerechnet SVP-Nationalrat Erich Hess, von dem der Antrag auf eine schnellere Erhöhung des Armee-Budgets stammte, verpasste die Abstimmung wegen einer Erkältung. 

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • In einer spektakulären Kehrtwende will das Parlament die Armee-Ausgaben nun doch nicht schon bis 2030 auf ein Prozent des BIP erhöhen. 

  • Im Nationalrat kam es mit 97 zu 97 zu einem Patt, per Stichentscheid votierte der Ratspräsident für die günstigere Variante. 

  • In der Einigungskonferenz setzte sich ebenfalls die von Mitte-links bevorzugte Version durch. 

  • Ärgerlich für die SVP: Ausgerechnet Erich Hess (militärischer Grad: Wachtmeister), von dem der Antrag auf Erhöhung stammte, verpasste die Abstimmung. 

  • Der Berner macht eine starke Erkältung geltend und sagt: «Das ärgert mich und tut mir sehr leid.»

Seit drei Wochen streiten National- und Ständerat um jeden Rappen beim Budget 2024. Der Spielraum, um einen Schuldenbremse-konformen Ausgabenplan zu zimmern, war von Beginn an schon minimal. Trotzdem beschloss das Parlament, die Ausgaben für die Landwirtschaft und die Armee noch zusätzlich zu erhöhen. Es geht dabei langfristig um Milliarden. 

97 zu 97 Stimmen – Kehrtwende bei Armeeausgaben per Stichentscheid

Doch bei den Armee-Ausgaben kommt es nun zu einer spektakulären Wende: Wegen einer einzigen fehlenden Stimme der Bürgerlichen wurde die Erhöhung mit Stichentscheid von Nationalratspräsident Eric Nussbaumer (SP/BL) bachab geschickt. 97 zu 97 Stimmen hatte es am Morgen beim grossen Showdown geheissen. Im dritten und letzten Anlauf obsiegte also Mitte-Links. 

In der folgenden Einigungskonferenz zwischen den Räten setzte sich am Nachmittag nun die «billigere» Variante der Linken und der Mitte durch. Die SVP ist stinksauer über das Stimmverhalten der Mitte-Fraktion, welche zum Grossteil mit Rot-Grün stimmte – aber nicht nur.

Denn wären die Bürgerlichen – inklusive SVP-Parlamentarier – allesamt im Saal gewesen, wäre das höhere Armeebudget für Jahre unter Dach und Fach gewesen. Bürgerliche Sicherheitspolitiker verwerfen die Hände, linke Finanzpolitikerinnen strahlen am Mittwochabend wie Marienkäfer.

SP-Nationalrätin Sarah Wyss, welche die Finanzkommission der Grossen Kammer präsidiert, erklärt: «Der Bundesrat wäre beauftragt worden, das Armeebudget konzeptlos um weitere 243 Mio. im Jahr 2025 aufzustocken». Dieses Geld hätte an einem anderen Ort eingespart werden müssen, um die Schuldenbremse einzuhalten, erklärt die Baslerin. «Langfristig wären die Folgen noch grösser gewesen, 2027 wären es zum Beispiel 736 Mio. mehr gewesen, als der Bundesrat vorschlägt», so Wyss.

Erich Hess: «Das ärgert mich und tut mir sehr leid»

Pikant: Bei der Abstimmung waren zwei Bürgerliche nicht im Saal, zum einen der Solothurner Neu-Nationalrat Simon Michel (FDP), zum anderen Armeebefürworter Erich Hess. Der Berner SVP-Nationalrat ist aktuell nicht fit, sagt er zu 20 Minuten. «Ich bin gesundheitlich angeschlagen, schlucke seit Tagen starke Erkältungsmedikamente und habe die Abstimmung wohl deshalb verpasst», sagt er offen.

Er sagt in seiner direkten Art: «Das ärgert mich und tut mir sehr leid». Er fügt an: «Schockierend ist das Stimmverhalten der Mitte, welche ihrer eigenen Bundesrätin wichtige Mittel für die Armee vorenthält.» Ansonsten habe er eine sehr tiefe Quote von verpassten Abstimmungen. «Hin und wieder kann das jedem und jeder mal passieren».

Noch ärgerlicher: Wie es der Zufall will, stammte der Antrag auf höhere Armee-Ausgaben von Erich Hess selbst, wie er bestätigt. Im Rat wurde er dann von SVP-Finanzexperte Lars Guggisberg vertreten. «In den letzten 20 Jahren wurde die Armee totgespart, diese Ausgaben wären nötig gewesen, um eine glaubwürdige Landesverteidigung sicherzustellen», so Guggisberg.

Guggisberg, Hess und seine Partei verlangten, dass die Erhöhung der Armee-Ausgaben auf ein Prozent des Brutto-Inland-Produkts bereits 2030 Tatsache sein soll. Obsiegt hat nun die «günstigere» Variante, nach der dieses Ziel erst 2035 erfüllt sein muss. Kommt der Antrag der Einigungskonferenz Ende Woche noch durch die Schlussabstimmung der Räte, darf die Armee also nicht mit der ganz grossen Kelle anrühren.

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