AHV-Kinderrenten«Dass Senioren in Thailand für Renten Kinder zeugen, ist absurd»
Der Nationalrat will die AHV-Kinderrenten abschaffen. Die Bürgerlichen setzten sich durch, die Linke tobt. Auch im Ständerat hat der Vorstoss Chancen.
Darum gehts
Der Nationalrat hat am Donnerstagmittag entschieden, die Kinderrenten für AHV-Rentner zu streichen.
Die Zahl der Kinderrenten ist in den letzten Jahren stark gestiegen, besonders jene, die ins Ausland fliessen.
Nun entscheidet der Ständerat.
Die Kinderrenten sind immer wieder ein Thema – obwohl sie nur einen kleinen Teil ausmachen. 237 Millionen Franken Kinderrenten wurden 2022 ausbezahlt, gegenüber 44,2 Milliarden für normale AHV-Renten.
Stossend ist für Kritiker, dass die Zahl der Kinderrenten besonders stark steigt. Der Grund ist, dass Männer und Frauen später Kinder bekommen und damit häufiger im Pensionsalter noch Kinder haben. Das trifft vor allem auf Männer zu, Kinderrenten-Berechtigte sind zu 90 Prozent Männer. Viele dieser Kinderrenten fliessen ausserdem nach Thailand, in die Philippinen oder in die Dominikanische Republik.
Der Nationalrat will die Kinderrente abschaffen, wie er am Donnerstagmittag mit 117 zu 62 Stimmen entschieden hat. Alle Fraktionen ausser SP und Grüne haben dafür gestimmt. Der Bundesrat ist gegen die Streichung.
«Studium finanzieren mit 2450 Franken?»
Benjamin Roduit (Mitte) und Andri Silberschmidt (FDP) warben im Nationalrat für die Abschaffung der Kinderrente. Grünen-Nationalrätin Manuela Weichelt hielt dagegen. Gerade nach dem starken Volks-Votum für die AHV wäre dies «systemfremd und beschämend».
Das Bild, wonach die «älteren Herren der Schöpfung in Thailand Kinder zeugen, um AHV-Renten zu erhalten, ist absurd und stellt Sie hier im Saal fast alle unter Generalverdacht, meine Herren», sagte Weichelt. Auch manche Frauen hätten im Pensionsalter noch Kinder unter 25, nämlich dann, wenn sie mit 41 oder später Mutter würden. Die Zahl der Kinderrenten-berechtigten Frauen steige.
«Wie soll eine Rentnerin mit im besten Fall 2450 Franken AHV-Rente pro Monat noch ein Studium für ihr Kind mitfinanzieren?», so Weichelt. Familien würden in die Armut gedrängt, die Bildungschancen der betroffenen Kinder geschmälert. Auch der Bundesrat argumentiert mit dem Armutsrisiko. Der Vorstoss sieht deshalb vor, dass armutsbetroffene Rentner mit Kindern anderweitig unterstützt werden sollen. Etwa durch mehr Ergänzungsleistungen.
«Dass vermehrt AHV-Renten in den fernen Osten fliessen, sorgt für Unmut.»
Angesichts der Mehrheit von Mitte, SVP und FDP dürfte der Vorstoss auch im Ständerat gute Chancen haben. Dies, obwohl die Kantone durch die mögliche Abwälzung von Kosten auf die Sozialhilfe stärker belastet werden könnten.
Der Obwaldner Mitte-Ständerat Erich Ettlin sagt: «Schweizer Rentner mit Kindern zu unterstützen, ist richtig. Aber dass vermehrt AHV-Renten zu älteren Männern mit minderjährigen Kindern in den fernen Osten fliessen und ihnen dort dank Kaufkraftvorteilen ein sehr angenehmes Leben sichern, sorgt für Unmut. Vor allem, wenn die Kinder adoptiert wurden.» Wenn die Leute von jemandem erführen, der in Thailand wie ein Fürst lebe dank Adoptionen und AHV-Renten, empfänden sie das als stossend.
Die SP und der Gewerkschaftsdachverband Travailsuisse reagierten gestern umgehend. Trotz des klaren Ja zur 13. AHV-Rente politisiere die Rechte weiterhin an den realen Sorgen der Menschen vorbei, sagt SP-Co-Präsidentin Mattea Meyer. Travailsuisse bedauert den Entscheid des Nationalrats, weil die Kinderrente im Pensionsalter das Pendant zur Kinderzulage für Erwerbstätige sei.
SP-Ständerätin Flavia Wasserfallen hofft, dass der Ständerat den Entscheid des Nationalrats umkehrt. «Mit einer Abschaffung der Kinderrente würden mehrheitlich Kinder aus einkommensschwachen Familien belastet.» Das zeige der Bericht deutlich, auf den sich der Bundesrat beziehe. «Ich hoffe, dass der Ständerat dies berücksichtigt.»
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