Imker am Ende«Asiatische Hornissen haben meine drei Millionen Bienen ausgelöscht»
In Schwärmen griffen asiatische Hornissen die Bienenstöcke von Patrick Gubler an. Sein Lebenswerk ist zerstört, der Imker am Ende. Jetzt regt sich Wut gegen die Behörden.
Darum gehts
Imker Patrick Gubler ist traurig – und wütend.
Innerhalb weniger Tage hat er aufgrund von massiven Angriffen von asiatischen Hornissen all seine Bienenvölker verloren, in deren Aufzucht er viel Herzblut gesteckt hat.
Sein Lebenswerk ist zerstört, auch finanziell erleidet er Totalschaden.
Er kritisiert scharf, dass nicht mehr unternommen wird, um die asiatische Hornisse zu bekämpfen.
Patrick Gubler ist am Ende. Vor eineinhalb Monaten war er noch stolzer Besitzer von 45 Bienenvölkern, fast drei Millionen Tiere. «Ich habe alles für meine Mädchen getan. 900 Stunden Arbeit steckte ich jedes Jahr in die Aufzucht und Pflege meiner Bienen, mit dem Verkauf des Honigs konnte ich knapp meine Kosten decken. Jetzt sind sie alle tot. Ich könnte heulen», sagt der 45-Jährige zu 20 Minuten.
Angefangen hat alles am 8. Oktober. «Ich kam zu meinen Bienen und spürte, dass sie in Aufruhr waren. Schnell merkte ich, wieso: Meine Völker wurden von asiatischen Hornissen angegriffen. Hunderte Hornissen flogen um meine Aufzucht, sie griffen eine Biene nach der anderen im Sturzflug an. Es war ein Massaker, ich kann es nicht anders beschreiben.»
«Das Töten ging weiter, ich war machtlos»
Gubler handelt schnell: Er meldet den Angriff umgehend auf der Webseite www.asiatischehornisse.ch. Nach drei Tagen ohne Rückmeldung ruft er bei der Meldestelle für Asiatische Hornissen an, berichtet von seinem Problem und bittet um Hilfe. «Ich rief Sturm, bedrängte die Mitarbeiter, flehte sie an, jemanden zu schicken, damit wir das Nest finden und zerstören können.» Doch es dauert Stunden, bis Gubler an die richtige Telefonnummer gelangt. «Das Töten ging in dieser Zeit weiter, ich war machtlos.»
Bienen dienen als Futter
Die asiatischen Hornissen greifen Bienen im Flug an, töten sie und trennen ihnen den Kopf ab. Den proteinreichen Körper bringen sie in ihre Nester, um damit ihre Larven zu füttern. Ein durchschnittlicher Hornissenschwarm frisst gemäss dem Bienengesundheitsdienst rund elf Kilogramm Insekten pro Jahr, wobei ungefähr 60 Prozent auf Honigbienen entfallen.

Eine Asiatische Hornisse. In anderen Ländern werden die Tiere teils gefangen und mit Sendern versehen, damit man die Nester findet und zerstören kann.
Axel Heimken/dpaSchliesslich kommt Erich Hausammann, Vorstandspräsident von Bienen Solothurn. «Ich dachte, dass mir jetzt geholfen wird. Wir suchten zu viert das Areal ab, ich stolperte über einen Zaun, landete im Bach, suchte weiter. Doch auf einem vier Quadratkilometer grossen Grundstück ein Hornissennest mit blossem Auge zu finden, ist ein Ding der Unmöglichkeit.» Der Vertreter des Amts habe ihm gesagt, dass die effizienteste Methode ein Peilsender sei: «Man fängt eine Hornisse, legt sie auf Eis, damit sie taub wird, bindet ihr den Mini-Sender um den Bauch, lässt sie wieder fliegen und folgt ihr zum Nest. Doch dafür fehlte dem Verein, der mir helfen wollte, offenbar das Geld.»

Das ist der Unterschied zwischen einer asiatischen und einer europäischen Hornisse.
20min/Taddeo Cerletti25 Honigvölker in drei Tagen zerstört
Also versucht Gubler es weiter auf eigene Faust, fährt seine Königinnenvölker an einen anderen Standort, versucht, seine Völker mit engmaschigen Netzen einzuschliessen, um sie zu beschützen. Er stellt Hornissenfallen auf, fängt und tötet Hunderte Hornissen. Ohne Erfolg: «Die meisten Hornissen sterben im Winter. Vorher geraten sie in einen Fressrausch, sie griffen unablässig weiter an. Drei Tage später hatte ich 25 Honigvölker verloren.» Und damit war der Horror noch nicht zu Ende.
«Wenn ein Bienenvolk stark geschwächt wird, stellt es die Produktion von Propolis fast komplett ein. Der Stoff, auch bekannt als Bienenantibiotika, schützt die Bienen vor Krankheitserregern», erklärt Gubler. Fehlt das Propolis, können Bienen sich schnell Krankheiten einfangen – und damit auch andere Völker infizieren. «Mir blieb also nichts anderes übrig, als die übrigen Bienen meiner dezimierten Völker mit Schwefelgas zu vergasen. Es brach mir das Herz.»

Infografik zur Ausbreitung der Asiatischen Hornisse in der Schweiz.
20min/Damian LuginbühlKosten von 15’000 bis 20’000 Franken
Zum emotionalen kommt der wirtschaftliche Schaden: «All meine Völker zu ersetzen, würde mich 15’000 bis 20’000 Franken kosten. Das kann ich mir nicht leisten. Ich hoffe jetzt, dass ich wieder ein paar Flugvölker bekomme und anfangen kann, alles neu aufzubauen. Aber es wird Jahre dauern, bis ich wieder so weit bin.»
In die Trauer mischt sich bei Gubler Wut: «Der Bund überlässt den Kampf gegen die Asiatische Hornisse den Imkervereinen. Das sind meist Freiwillige und die Vereine haben kaum Geld. Seit Jahren wird uns gepredigt, wie wichtig die Bienen für uns sind. Doch wenn es Geld bräuchte für ihren Schutz, um den Kampf gegen die Asiatische Hornisse zu professionalisieren, scheint das Gerede wertlos zu sein.»
Gubler sei nicht der einzige Imker, dem es so ergangen sei. «Diese Hornissen breiten sich aus. Ich bin noch jung, ich habe die Kraft, noch einmal neu anzufangen. Ich kenne aber ältere Imker, denen dasselbe passiert ist. Sie mögen nicht noch einmal von vorne anfangen und verkaufen ihre Bienenhäuser. Damit ist niemandem geholfen.»
Fabian Trüb vom Bienengesundheitsdienst kann Gublers Frust verstehen. Im Interview erklärt er, wie die Bekämpfung der asiatischen Hornisse derzeit organisiert ist, wieso ihm die Hände gebunden sind und was es bräuchte, um das Vorgehen zu professionalisieren.
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