Neutralität & Waffen: Behörden stoppen Christoph Blochers Flyer-Flut – SVP tobt

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Neutralität & WaffenBehörden stoppen Christoph Blochers Flyer-Flut – SVP tobt

Christoph Blochers Neutralitätsbündnis Pro Schweiz flutet das Bundeshaus mit Postkarten gegen Waffenlieferungen. 37’000 Exemplare sind schon eingetroffen. Nun ziehen die Parlamentsdienste die Notbremse. Die SVP tobt.

Christoph Blochers Neutralitätsbündnis Pro Schweiz flutet das Bundeshaus in diesen Tagen mit Zuschriften für die Ratsmitglieder. 
Am Donnerstag stapelten sich bereits 18 Kisten mit je über 2000 Postkarten im Bundeshaus. 
Der SVP-Fraktionschef ärgert sich über den Stopp der Verteilung. 
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Christoph Blochers Neutralitätsbündnis Pro Schweiz flutet das Bundeshaus in diesen Tagen mit Zuschriften für die Ratsmitglieder. 

20min/Taddeo Cerletti

Darum gehts

  • Die rechte Organisation Pro Schweiz schickt diese Woche Hunderttausende Postkarten an die Ratsmitglieder.

  • Die Parlamentsdienste sind mit der Briefflut überfordert und liefern die Karten nicht mehr auf die Pulte. 

  • SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi regt an, dass die Post beim Sortieren helfen könnte.

  • Bei den anderen Parteien löst die Aktion von Christoph Blochers Organisation Kopfschütteln aus. 

Waffenlieferungen an die Ukraine hatten diese Woche im Bundeshaus einen schweren Stand – gleich zwei Vorstösse scheiterten im Parlament. Weiterhin gibt es aber Versuche, dem angegriffenen Staat zu helfen. Dagegen wehrt sich in erster Linie die SVP – und die ihr nahestehende Organisation Pro Schweiz.

Diese hat Parteidoyen Christoph Blocher vor einigen Monaten als Nachfolgeorganisation der Aktion für eine unabhängige und neutrale Schweiz (Auns) gegründet. Im Vorstand sitzen SVP-Schwergewichte wie Adrian Amstutz, Walter Wobmann, Ulrich Schlüer und Christoph Mörgeli.

Um ihrer Position gegen Waffenlieferungen Nachdruck zu verleihen, griff Pro Schweiz zu einem ungewöhnlichen Mittel. Bürgerinnen und Bürger konnten auf Kosten der Organisation Postkarten an National- und Ständeräte schicken. Gemäss Angaben von Pro Schweiz werden so 375’000 Postkarten das Bundeshaus fluten.

18 Kisten: Parlamentsdienste mit Flyer-Flut überfordert

Tatsächlich waren Anfang Woche zahlreiche Pulte im Saal überhäuft mit den Flyern. SP-Nationalrätin Jacqueline Badran machte sich auf Twitter darüber lustig.

Nun ist das Ganze den Parlamentsdiensten aber zu bunt geworden. In einem Brief an die Ratsmitglieder erklären sie, dass die Karten nicht mehr ausgeliefert werden, wie das der «Leitfaden für Ratsmitglieder» eigentlich vorsieht. Die Karten könnten auf Wunsch abgeholt werden.

Die Massensendung wurde für die Mitarbeitenden zum Problem. Die Verteilung der Post erledigen die Ratsweibel. Bilder, die 20 Minuten vorliegen, zeigen eine mit Postkarten gefüllte Kiste. Roger Bolliger, Leiter des Ressorts Betrieb und Weibel bei den Parlamentsdiensten, sagt: «Das Ganze hat Ende letzter Woche angefangen. Die ersten zwei Kisten mit je ca. 2100 Exemplaren haben uns über drei Stunden beschäftigt.»

Das Problem: Jede Karte ist zwar an ein bestimmtes Parlamentsmitglied adressiert, aber die Karten werden durch Pro Schweiz offenbar nicht nach dem jeweiligen Namen vorsortiert und versendet.

Mittlerweile zähle man bereits 18 Kisten «und es werden wohl noch mehr», klagt Bolliger. Deshalb habe man entschieden, die Karten «aus Effizienzgründen nicht weiter zu verteilen und uns auf die für den Ratsbetrieb notwendigen Arbeiten zu konzentrieren.» Was am Ende mit dem Altpapier geschehe, sei noch nicht klar.

SVP-Aeschi spricht von Willkür – Grünen-Girod schüttelt den Kopf 

Gar nicht zufrieden damit ist die SVP. «Täglich erhalten wir Dutzende Zuschriften von linken NGOs. Es wirkt willkürlich, dass nun ausgerechnet die mit der Unterstützung der von Christoph Blocher initiierten Organisation Pro Schweiz versandten Briefe nicht verteilt werden», echauffiert sich Fraktionschef Thomas Aeschi.

Es gebe in der Schweiz eine Postzustellungspflicht. «Auch die Parlamentsdienste müssen sich an diese halten», sagt er. Schliesslich würden «Zehntausende besorgte Bürger» davor warnen, die «immerwährende, bewaffnete und umfassende Neutralität» aufzugeben. Das gelte es zu respektieren, auch wenn ein Sortieraufwand entstehe.

Soll die Schweiz Waffenlieferungen an die Ukraine zulassen? 

Der Zuger Politiker hat am Donnerstag auch gleich eine Interpellation zum Thema eingereicht. Darin will er wissen, ob nicht die Schweizerische Post die Parlamentsdienste bei der Sortierung unterstützen könnten.

Bei den anderen Parteien löst die Posse Kopfschütteln aus. Stellvertretend für viele sagt etwa Bastien Girod (Grüne): «Das ist ein Missbrauch des Instruments der Postkarten. Dazu ist es auch noch ökologischer Blödsinn, so viel Papier für diese Aktion zu vergeuden.» Deshalb sei es richtig, die Briefe nicht mehr zu verteilen und diese Aktion nicht zu belohnen.

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