Umweltskandal – Blausee-Besitzer brechen Schweigen und kritisieren Kanton Bern scharf

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Umweltskandal am Insta-HotspotBlausee-Besitzer brechen Schweigen und kritisieren Kanton Bern scharf

Der Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus bezeichnete die Wasserqualität im Blausee als ausgezeichnet. Dies lässt die Blausee AG nicht auf sich sitzen und bläst zum Gegenangriff.

Die Blausee AG wehrt sich gegen die Einschätzung des Kantons Bern, die Wasserqualität im See sei ausgezeichnet.
«Keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Grundwassers mit Schadstoffen»: Der Untersuchungsbericht des Kantons Bern zog zuvor ein verblüffendes Fazit.
Im Juni und September 2020 wurden Proben vom Grundwasser der Fischzucht und von der nahe gelegenen Waldquelle auf über 700 Substanzen analysiert.
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Die Blausee AG wehrt sich gegen die Einschätzung des Kantons Bern, die Wasserqualität im See sei ausgezeichnet.

20min/News-Scout

Darum gehts

  • Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus beklagte medial das Fehlen von Beweismitteln für das verschmutzte Wasser des Blausees.

  • Die Besitzer lassen dies nicht gelten und brechen nun ihr Schweigen.

  • Sie kritisieren den Kanton, als Partei nicht neutral zu sein, und sprechen von «Schutzbehauptungen».

  • Derweil sollen neue Beweise gesammelt worden sein.

Mit dem Segen der Berner Staatsanwaltschaft brechen die Besitzer des Blausees im Berner Kandertal ihren auferlegten «Maulkorb». Denn die Äusserungen vom Berner Regierungsrat Christoph Neuhaus (SVP) treibt die Besitzer in Rage. Der Vorsteher der Bau- und Verkehrsdirektion (BVD) hatte gegenüber dem «Blick» gesagt: «Es gibt keine Hinweise auf eine Beeinträchtigung des Grundwassers mit Schadstoffen.» Grund- und Quellwasser seien auf über 700 Substanzen untersucht worden, so gut wie nichts sei über einem Grenzwert gelegen. Die überprüften Wasserproben hätten Trinkwasserqualität, schrieb der «Blick». Nun schlagen die Blausee-Besitzer zurück.

In einer Mitteilung üben sie heftige Kritik an den Aussagen Neuhauses – die Rede ist von «Schutzbehauptungen». Die vom Kanton entnommenen Proben wurden laut Besitzer Stefan Linder am 30. Juni 2020 entnommen – also nachdem die illegale Aktivität bereits gestoppt wurde und das Grundwasser bereits vor Schadstoffeinträgen geschützt worden war. «Die vom Kanton erhobenen Proben haben keine Relevanz hinsichtlich des Zustandes vor Juni 2020», heisst es.

Neue Beweise gegen Vigier?

Die Besitzer des Blausees sind nach wie vor davon überzeugt, dass das jahrelange Fischsterben in ihrer Zuchtanlage eine Folge der mutmasslich illegal entsorgten Giftabfälle im nahe gelegenen Vigier-Steinbruch ist. Dies, weil ab Juli 2020 (nach der Änderung des Bauablaufs durch den Kanton) deutlich weniger Fische starben und in den toten Fischen dieselben Schadstoffe gefunden wurden wie im Gleisaushub.

Laut der Blausee AG konnten in der Zwischenzeit bereits weitere Beweise in Zusammenhang mit der Verschmutzung und dem Forellensterben gesammelt werden. Linder: «Es besteht eine direkte hydrologische Verbindung zwischen dem Steinbruch und dem Blausee.» Dies habe mit Färbeversuchen gezeigt werden können. Zudem sei bewiesen, dass die Grube im Steinbruch zu tief geraten war und dadurch Grundwasser an die Oberfläche gelangte. Durch die fehlende Schutzschicht und die hohen Fliessgeschwindigkeiten des
Grundwassers seien die Schadstoffe rasch in die Becken der Fischzucht transportiert worden, so Linder. Dies sei besonders bei Regen der Fall gewesen: «Fehlen diese Witterungsverhältnisse, lassen sich in den Wasserproben unter Umständen keine Schadstoffe nachweisen.»

«Der Kanton ist Partei»

Der Kanton Bern versuche, die berechtigten Ansprüche der Blausee AG zu gefährden, teilen die Besitzer weiter mit. «In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dass der Kanton Bern zum Kreis der Haftpflichtigen gehört, die für den entstandenen Schaden einzustehen haben.» Dies wegen der Staatshaftung. «Er ist damit Partei.»

Für Linder ist klar: «Die Aussagen, die Neuhaus medial streut, sind kalkuliert.» Dies sei für ihn die einzige Erklärung, da diese diametral den Untersuchungsergebnissen widersprechen würden. Er sei froh, dass der Grosse Rat eine Geschäftsprüfungskommission GPK eingesetzt habe, welche die Rolle der Behörden im Umweltskandal untersuche.

Umweltskandal Blausee

Im September 2020 wurde bekannt, dass die Betreiber des Insta-Hotspots im Berner Oberland Strafanzeige eingereicht hatten. Dies, nachdem es mehrmals zu einem grösseren Fischsterben in der Forellenzucht gekommen war. Die Blausee AG vermutet einen Zusammenhang mit Altschotter aus dem Lötschberg-Scheiteltunnel, der bis Mitte Juni 2020 in einer Kiesgrube beim Blausee abgelagert wurde. Erst später wurde bekannt, dass auch andere Firmen illegal giftige Güter im Steinbruch entsorgt hatten. Der Steinbruch ist keine Deponie und somit nicht gesichert gegen Umweltgifte. Zudem liegt die Grube in einer Gewässerschutzzone und einem sensiblen Grundwassergebiet. Im April wurde zudem bekannt, dass die Besitzer der Blausee AG sich auf Anweisung der Berner Staatsanwaltschaft nicht mehr zum Giftmüllskandal in Mitholz äussern dürfen. Dies wegen eines entsprechenden Gesuchs des eingeklagten Baukonzerns Vigier. Der Grosse Rat Bern hat in der Zwischenzeit eine Geschäftsprüfungskommission ins Leben gerufen, welche die Rolle der Behörden im Fall untersuchen soll.

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