Blickwechsel«Meine Eltern hätten gern eine Partnerin aus derselben Kultur»
Ein Partner aus einer anderen Kultur weckt bei migrantischen Eltern Skepsis. Warum das so ist und welche Schwierigkeiten es bei interkulturellen Beziehungen gibt, erklären zwei Expertinnen.
Redaktorin Sara Aduse fragte junge Erwachsene auf der Strasse, was sie von einer gemischten Beziehung halten.
20minDarum gehts
Viele Eltern sehen einen Partner oder eine Partnerin aus einer anderen Kultur skeptisch und befürchten, dass ihr Kind ausgenutzt wird.
Grund dafür ist laut Beziehungsexpertin Martina Rissi die Angst, dass der Sohn oder die Tochter die eigenen Werte und Traditionen verliert oder ablegt.
Psychotherapeutin Dania Schiftan betont, wie wichtig die Kompromissbereitschaft in solchen Fällen ist.
Viele junge Erwachsene mit Migrationshintergrund kennen diese Situation nur zu gut: Ein Partner oder eine Partnerin aus einer westlichen Kultur wird von den Eltern nicht gern gesehen. Die Sorge ist zu gross, die Person würde das eigene Kind nur ausnutzen und dann fallen lassen. Aber auch umgekehrt sind Schweizer Eltern hin und wieder besorgt, wenn das eigene Kind mit einer Person aus einer anderen Kultur heimkommt.
Wir haben auf der Strasse nachgefragt, was die jungen Menschen von den Bedenken der Eltern halten. Die 19-jährige Ardita kennt es von zu Hause: «Ich wusste immer schon, dass meine Eltern es nicht so gern hätten, wenn ich einen Freund aus einer anderen Kultur daten würde.» Mit der Denkweise hatte sie aber kein Problem. «Es wäre wahrscheinlich eh nie dazu gekommen. Ich bevorzuge Männer, die die gleiche Nationalität und dieselbe Religion haben wie ich», sagt die 19-Jährige. Der 37-jährige Tanesh sieht es anders. Seine Familie würde zwar eine Tamilin, wie er einer ist, bevorzugen, für ihn ist das aber kein Muss. «Inzwischen haben sie sich damit abgefunden und wissen nun, dass es allein meine Entscheidung ist.» Was die anderen Befragten dazu sagen, seht ihr im Video.
Mehr Konflikte möglich
«Kulturelle und soziale Unterschiede können als Barriere wahrgenommen werden», begründet Beziehungsexpertin Martina Rissi die verbreitete Denkweise. Das liege daran, dass besonders Menschen mit Migrationshintergrund oftmals sehr an ihren Wurzeln und Traditionen hängen. «Wenn man einen Partner heimbringt, der aus einer anderen Kultur kommt, kann bei Eltern die Angst entstehen, der Sohn oder die Tochter könnte die eigenen kulturellen Werte verlieren.» Dadurch wird manchmal der Partner oder die Partnerin gleich von Anfang an abgelehnt.
«Auch wenn sich Gegensätze anziehen und spannend wirken, für eine stabile Beziehung sind gleiche oder ähnliche Werte und Ziele hilfreich», so Rissi. Das steigere das Verständnis untereinander. «In gemischten Beziehungen ist das Konfliktpotenzial höher, weil es zu mehr Missverständnissen kommen kann.» Sollte man das verhindern wollen, brauche das Paar einen Zustand der stetigen Kompromissfindung, sagt Rissi.
Die Angst vor dem Fremden
Laut Psychotherapeutin Dania Schiftan ist es immer eine Herausforderung, Familien im Zuge des Kennenlernens zusammenzuführen. «Allgemein gilt: Je grösser die Unterschiede zwischen den Familien sind, desto grösser ist die Herausforderung.» Wenn der Partner oder die Partnerin aus einem anderen Kulturkreis kommt, oder eine andere Religion hat, zeigen sich automatisch Unterschiede in den Werten und Normen. «Es ist deshalb wichtig, mit seinem Partner über Themen zu sprechen, wo die Meinungen kulturbedingt auseinandergehen. Ein Beispiel wäre die Kindererziehung», so Schiftan. Auch sie betont: Eine Kompromissbereitschaft zu haben, sei dabei unerlässlich. «Kultur ist ein grosser Part der eigenen Identität, weshalb man nicht vom Partner verlangen kann, seine aufzugeben und die eigene zu übernehmen», macht die Expertin deutlich.
Hast du schon einmal jemanden aus einer anderen Kultur gedatet?
Zudem sei es wichtig, die Sorgen der Eltern wahrzunehmen und diese mit ihnen zu diskutieren. Laut der Expertin reagieren Menschen grundsätzlich mit Abwehr, wenn ihnen etwas fremd vorkommt. «Die Angst vor dem Unbekannten oder Fremden ist in jeder Kultur zu finden. Oftmals sind damit Mythen und Stereotypen verbunden.»
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