Vom Tiefpunkt zum Abenteuer: Li Dongju radelt um die Welt

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ChinaNach der Scheidung war Li am Boden – dann stieg sie aufs Velo

Nach der Scheidung von ihrem Mann fiel Li Dongju (66) in ein tiefes Loch. Durch einen Zufall entdeckte sie das Velofahren für sich – und bereiste damit die Welt.

Li Dongju radelt um die Welt: Im Bild ist sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Hündli Xili zu sehen.
Anfangs fuhr sie noch gemeinsam mit anderen, doch irgendwann traute sie sich auch alleine aufs Velo.
Oft, wie hier in Australien, war sie auf die Hilfe von anderen angewiesen.
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Li Dongju radelt um die Welt: Im Bild ist sie mit ihrem inzwischen verstorbenen Hündli Xili zu sehen.

Li Dongju

Darum gehts

  • Li Dongju (66), aus China, begann nach ihrer Scheidung mit dem Velofahren.

  • 2014 startete sie ihre erste Velotour und bereiste seitdem zahlreiche Länder, darunter welche in Südostasien und Europa.

  • Ihre Reisen finanzierte sie durch Gelegenheitsjobs und erlangte dadurch Selbstvertrauen und Unabhängigkeit.

  • Li will insgesamt 100 Länder besucht haben und sieht das Reisen als eine Art «Droge», die sie nicht mehr loslässt.

Die heute 66-jährige Li Dongju aus der chinesischen Provinz Henan ist ein gutes Beispiel dafür, dass es nie zu spät ist, seine Träume zu leben: Die Asiatin, die zuvor noch nie ins Ausland gereist war, startete 2014 damit, mit dem Velo die Welt zu bereisen – und heilte nach eigenen Aussagen ihre Depression, die sie nach ihrer Scheidung erlitten hatte.

Lis Interesse am Velofahren wurde 2013 geweckt, als eine Gruppe gut ausgerüsteter Radfahrer an ihr vorbeizog. Die positive Energie der Gruppe löste in ihr «eine Welle des Neids» aus, sagt sie, denn zu dieser Zeit litt sie an starker Niedergeschlagenheit. Doch das Bild der glücklichen Radler liess die damals 53-Jährige nicht mehr los. Sie kaufte sich einen Helm – für ein Velo reichte ihre kleine Rente von umgerechnet etwa 360 Franken bei weitem nicht aus.

Ihr Pudel Xili war immer an ihrer Seite

Ihr Sohn, der den grossen Wunsch seiner Mutter erkannte, schenkte ihr schliesslich ein faltbares Velo. Doch bis Li wirklich auf Reisen ging, sollte noch gut ein Jahr vergehen: Die Rentnerin jobbte als Haushaltshilfe, das erwirtschaftete Geld sparte sie. Dann schloss sie sich zwei erfahrenen Velofahrern an, die durch Südostasien fuhren. Doch bereits nach zwei Wochen verloren sie sich aus den Augen – und Li kehrte nach China zurück, um dort ihr Abenteuer fortzusetzen.

Was hältst du von der Idee, die Welt mit dem Velo zu bereisen?

2015 radelte sie durch 20 chinesische Städte – von der südöstlichen Inselprovinz Hainan bis ins ferne Westchina nach Xinjiang. Ihr brauner Pudel Xili («rasiermesserscharf») war ihr einziger Reisebegleiter und sass in einem Körbchen auf ihrem Velo. Während der Reise finanzierte sie sich durch Gelegenheitsjobs, zum Beispiel als Tellerwäscherin in einem Luxushotel. Leider starb Xili im Jahr 2023 im Alter von elf Jahren.

Mit dem Velo durch Südostasien

Zwei Jahre später war sie mit 59 Jahren bereit für eine neue Tour nach Südostasien – diesmal besser ausgerüstet: Mit einem Smartphone mit Übersetzungs- und Karten-Apps, einem umfassenden Reiseplan und zwei älteren Velokollegen, die sie online kennen gelernt hatte.

Als sich ihre Begleiter nach drei Wochen entschieden, nach Hause zurückzukehren, radelte Li einfach weiter: durch Vietnam, Kambodscha, Thailand und Myanmar. Insgesamt verbrachte Li etwa 70 Tage in vier Ländern und kehrte mit Tausenden von Fotos und dem Selbstvertrauen zurück, noch weiter zu reisen.

Irgendwann geht es nach Europa

2019 war sie bereit für eine neue Herausforderung. Im Frühling machte sie sich auf, um sechs weitere Länder mit dem Velo zu bereisen, aber diesmal in Europa: Während ihrer 66-tägigen Reise traf sie einen 80-jährigen Solo-Wanderer in Kroatien, plauderte in Bosnien und Herzegowina mit Barkeepern via Google Translate und folgte in Frankreich älteren Damen in den Supermarkt, um Rabattbaguettes zu ergattern.

Li ist davon überzeugt, dass ihre Abenteuer sie von ihrer Depression geheilt haben. «Vor dem Radfahren war ich stark von anderen abhängig und fühlte mich wie ein Frosch in einem Brunnen», sagte sie. «Jetzt bin ich ein wilder Wolf – frei, furchtlos und unabhängig.»

Ihr Ziel: «Mindestens 100 Länder bereisen»

Zwischenzeitlich war Lis Reise durch die Corona-Pandemie unterbrochen. Doch jetzt  plant das eigenwillige Grosi endlich seine nächste Reise: eine Velotour von Kasachstan bis in die Vereinigten Arabischen Emirate.

«Mein Ziel ist es, mindestens 100 Länder zu besuchen», sagte sie gegenüber CNN. «Reisen ist wie eine Droge. Sobald man einmal gekostet hat, kann man nicht mehr aufhören.»

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