Allschwil BLCold Case Ana Paula – «Die Tötung war absolut zielgerichtet»
Am 2. September 2006 wurde die Leiche der Prostituierten Ana Paula von einer Joggerin im Allschwiler Wald gefunden. In den zwei Stunden zuvor wurde sie getötet. Vom Mörder fehlt bis jetzt jede Spur.
Darum gehts
Am 2. September 2006 um sechs Uhr morgens wurde Ana Paula letztmals lebend gesehen. In der Haltingerstrasse 4 in Basel hatte sie seit einigen Tagen Unterschlupf bei einem drogenabhängigen Bekannten gefunden. Um 8.15 Uhr wurde ihre Leiche im Gebiet Senke im Allschwiler Wald nahe der Oberwilerstrasse von einer Joggerin gefunden. Ihre Kleidung fehlte, die Spuren deuten darauf hin, dass Ana Paula erdrosselt wurde. Sie wurde 31 Jahre alt.
Der Täter ist bis heute nicht gefasst. Der Mord ist ein sogenannter Cold Case. Jetzt startet die fallführende Baselbieter Staatsanwaltschaft einen neuen Anlauf, das Verbrechen aufzuklären. Dabei setzt sie auf eine Öffentlichkeitsfahndung. Am Mittwoch wird der Fall einem Millionenpublikum in der Sendung «Aktenzeichen XY… ungelöst» im deutschen Fernsehen präsentiert. Für Hinweise, die zur Ergreifung des Täters führen, wurde eine Belohnung von bis zu 20’000 Franken ausgesetzt. «Wir wollen diesen Fall aufklären», sagt der fallführende Staatsanwalt Mark Balke.
Am Montag präsentierte die Staatsanwaltschaft ihre gesammelten Erkenntnisse zum Fall deshalb der Öffentlichkeit. Dabei wurden erstmals umfangreiche Details aus den Ermittlungen bekannt. Diese führten zu einem Täterprofil, das mithilfe des Münchner Profilers Alexander Horn erstellt wurde, der eine sogenannte operative Fallanalyse vorgenommen hatte.
«Täter hat seine Tötungsfantasien an ihr ausgelebt»
Demnach wird davon ausgegangen, dass der Täter zum Tatzeitpunkt zwischen 25 und 35 Jahre alt war. Den Mord dürfte er sorgfältig geplant haben. «Wir gehen hier von einer sogenannten Neigungstat aus», erklärte Horn. Der Täter habe sein Opfer situativ ausgewählt, um seine Tötungsfantasien an ihm auszuleben. «Hier machte jemand etwas, das er sich vorgenommen hatte. Die Tat wirkt stringent, der Täter handlungssicher und stressresistent», so Horn.
«Die Tötung war absolut zielgerichtet», so der Profiler. Der Ort, an dem er die Leiche entsorgte, und dass er ihre Kleidung mitgenommen habe, zeugten von Spurenbewusstsein. Der Profiler geht zudem davon aus, dass der Täter sich im Allschwiler Wald gut auskannte und die Tote bewusst dort entsorgte. Die DNA auf der Leiche konnte bisher niemandem zugeordnet werden.
Ana Paula sei als kokainabhängige, psychisch erkrankte Prostituierte auf dem Kleinbasler Strassenstrich einem hohen Risiko ausgesetzt gewesen, Opfer einer Straftat zu werden. Nachdem ihre Ehe mit einem Schweizer in die Brüche gegangen sei, sei die gebürtige Brasilianerin durch alle Maschen gefallen.
Täter verkehrte vermutlich im Strassenstrich-Milieu
Der Profiler geht davon aus, dass der Täter im Basler Strassenstrich-Milieu verkehrte, möglicherweise Prostituierten als verhaltensauffälliger Freier aufgefallen war. «Ein ausgeprägter Mangel an Empathie und von der Norm abweichende sexuelle Interessen dürften typisch für ihn sein», so Horn. Das ist mit ein Grund, weshalb die Cold-Case-Gruppe um Staatsanwalt Mark Balke Hoffnungen hat, dass 16 Jahre nach der Tat neue Hinweise auftauchen. Etwa durch ehemalige Prostituierte. «Die Lebensumstände von Auskunftspersonen von damals haben sich möglicherweise verändert. Heute sagen sie vielleicht etwas anderes als damals, wenn sie raus aus den Drogen und der Prostitution sind», so Balke.
Die Ermittler vermuten zudem, dass der Täter das Auto, mit dem er Ana Paula an den späteren Fundort im Allschwiler Wald gefahren hatte, bald nach der Tat verkauft hatte. Vielleicht sei er auch eine Zeit lang abgetaucht und habe sich später nach dem Delikt erkundigt.
Für Hinweise zum Mordfall Ana Paula hat die Baselbieter Staatsanwaltschaft eine Hotline eingerichtet (061 553 20 30). Hinweise nimmt auch jede Polizeistelle in der Schweiz entgegen.
Trauerst du oder trauert jemand, den du kennst?
Hier findest du Hilfe:
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Seelsorge.net, Angebot der reformierten und katholischen Kirchen
Muslimische Seelsorge, Tel. 043 205 21 29
Jüdische Fürsorge, info@vsjf.ch
Lifewith.ch, für betroffene Geschwister
Verein Regenbogen Schweiz, Hilfe für trauernde Familien
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Pro Senectute, Beratung älterer Menschen in schwierigen Lebenssituationen