DeutschrapperinIkkimel polarisiert mit «Fotzenstyle»: Ist das noch feministisch?
Abwertende Songs über Männer, ein Album namens «Fotze» und wilde Shows – wie feministisch ist die Berliner Rapperin Ikkimel wirklich? Eine Autorin ordnet ein.
Darum gehts
Ikkimel polarisiert mit ihrem provokanten «Fotzenstyle» und abwertenden Songs über Männer.
Die Rapperin sperrt Männer bei ihren Shows in Käfige und bezeichnet sich selbst als Feministin.
Autorin Miriam Suter sieht Ikkimels Kunst als feministische Performance gegen das Patriarchat.
«Ikkimel ist eine blitzschlaue Frau – sie weiss sehr genau, was sie macht», so Suter über die Berlinerin, die ein Linguistik-Studium absolviert hat.
Sie nennt ihr Debütalbum «Fotze», singt abwertend über Männer und sperrt sie gar in Käfige bei ihren Bühnenshows ein – Ikkimel provoziert. «Das kann unmöglich feministisch sein», konfrontiert eine Journalistin die Deutschrapperin in einem Interview. «Die können aber auch mal die Fresse halten», entgegnet Ikkimel darauf.
Denn genau so bezeichnet sie sich: als Feministin. Sie habe den Begriff «Fotze» unbewusst reclaimed (dt. Begriffe, die eine beleidigende Bezeichnung haben, zur Selbstbeschreibung benutzen – also entwaffnen). «Ich bin eine geile Fotze», stellt Ikkimel dann klar.
«Es ist nicht neu, dass Frauen Begriffe wie ‹Fotze› für sich zurückerobern», erklärt die feministische Autorin Miriam Suter. Für sie sei es gar keine Frage, ob Ikkimel mit ihrem «Fotzenstyle» feministisch ist, oder nicht. «Ganz klar ja – ich finde die Diskussion langweilig, ob Frauen solche Ausdrücke und Verhaltensweisen an den Tag legen dürfen, während Männer nach Belieben frauenfeindliche Scheisse heraushauen.»
«Ikkimel ist eine blitzschlaue Frau»
Viele männliche Rapper benutzen seit Jahren sexistische Sprache – da werde weniger diskutiert, ob das nun okay sei oder nicht, findet Suter. «Deshalb ist es auch gut, dass Frauen den Spiess umdrehen.» So singt die Musikerin etwa: «Schnauze halten, Leine an, Schatz, jetzt sind die Weiber dran».
«Ikkimel ist eine blitzschlaue Frau – sie weiss sehr genau, was sie macht», so Suter über die Berlinerin, die ein Linguistik-Studium absolviert hat. «Ihre Bühnenshow und ihre Musik sind eine Kunstform – ich nehme das als Performance und Kommentar auf eine patriarchalgefärbte Welt wahr.»
Dass die Rapperin Männer im Rahmen ihrer Musik und auf der Bühne als Hunde bezeichnet und sie so behandelt, sei «an der Zeit». Ikkimel würde es ja in einer kunstvollen Art machen. Die Rapperin, die bürgerlich Melina Gaby Strauss heisst, meinte einst in einem Interview, dass sie ihre Kunstfigur «Ikkimel» nicht erklären müsse. Sie persönlich, als Melina, sei aber ganz klar feministisch.
«Feminismus kann nicht provokant genug sein»
Doch wie weit darf Feminismus gehen? «Feminismus hat keine Grenzen. Die Seite der Unterdrückten – in diesem Fall die Frauen – muss die andere Seite nicht mit Samthandschuhen anfassen», findet Suter. «Wieso soll man nett um Gleichstellung bitten? Bisher hat das ja auch nicht funktioniert.»
User auf Social Media finden Ikkimels Verhalten gegenüber Männern teils jedoch sehr herablassend. «Dann leb einmal als Frau – das ist herablassend», meint Miriam Suter dazu. «Feminismus kann nicht provokant genug sein», stellt sie klar. «Wenn man den Fall Pelicot anschaut – wo ein Ehemann seine eigene Frau von anderen Männern vergewaltigen liess – wieso sollte Feminismus dann eine Grenze haben, wenn wir gegen solche Fälle ankämpfen?»
Findest du, dass provokante Kunstformen, wie die von Ikkimel, feministisch sind?
Ikkimel «tritt das Erbe der Riot-Girls-Zeit an»
Ikkimels Kunst findet lange nicht bei allen Anklang und sammelt viele negative Reaktionen. Dennoch ist die Berlinerin eine erfolgreiche Rapperin geworden, zählt Millionen Streams auf Spotify und füllt Konzertlocations – die Sängerin und ihre feministische Kunst wird von ihren Fans gefeiert.
Das sieht auch Miriam Suter so: «Ich finde es erfrischend, dass eine junge Künstlerin kommt, die das Ganze umdreht.» Ikkimel würde keinen neuen Feminismus anschlagen, sondern das Erbe der Riot-Girls-Zeit der 90er-Jahre (feministische Bewegung, entstanden in den USA) antreten. «Es ist nichts Neues – vielleicht im deutschen Sprachraum, aber grundsätzlich gibt es das schon lange», erklärt Suter. «Es ist wieder mal eine Welle, wo sich Frauen sprachlich an das aneignen, das bisher gebraucht wurde, um sie abzuwerten.»
Die Expertin
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