LändervergleichDie Schweiz hat weltweit den teuersten ÖV – doch bei der SBB droht ein Abbau
Ein Ländervergleich zeigt: Wer in der Schweiz den öffentlichen Verkehr nutzt, zahlt weltweit am meisten. Die Qualität sei aber auch am besten, sagt Alliance SwissPass auf Anfrage.
Seit drei Jahren arbeitet der 28-jährige Cyrill Ettlin als Lokführer. Er begrüsst die Fahrgäste jeden Tag persönlich.
Tarek El SayedDarum gehts
Die Schweiz hat den teuersten ÖV der Welt, knapp vor den Niederlanden und Australien.
Das zeigt ein Preisvergleich der Website «Compare The Market».
Die Preise seien zu hoch, sagt die Interessengemeinschaft Öffentlicher Verkehr – die SBB wehrt sich.
Der öffentliche Verkehr (ÖV) in der Schweiz ist einer der sichersten. Er ist aber auch der teuerste, wie ein Vergleich von 99 Ländern auf der britischen Preisvergleichswebsite «Compare The Market» zeigt.
Das sagen die Zahlen
Eine Einzelfahrt in der Schweiz kostet Pendler mit S-Bahn, Tram oder Bus durchschnittlich 3,97 US-Dollar, der Durchschnittspreis für eine Monatskarte für wenige Zonen 88,26 Dollar. Auf Platz 2 des Rankings liegt die Niederlande (3,65 und 87,51 Dollar), auf Platz 3 Australien (2,93 und 106,93 Dollar). Der Preis für eine einfache Fahrt ist damit in der Schweiz am höchsten, der für eine Monatskarte am fünfthöchsten.
Vier Schweizer Städte in Top Ten
Vier der zehn teuersten Städte für ÖV-Tickets sind in der Schweiz: In Zürich (Platz 1) kostet ein Einweg-Billett im Schnitt 4,85 Dollar, in Lausanne (Platz 5) 4,11 Dollar, in Bern (Platz 6) 4,03 Dollar und in Basel (Platz 8) 3,97 Dollar. Den Rest der Top Ten komplettieren Städte aus den Niederlanden, England und Island.
Das sagt Alliance SwissPass
Die Branchenorganisation Alliance SwissPass erklärt die höheren Preise für den ÖV in der Schweiz auch mit den höheren Lebenshaltungskosten. Ausserdem nimmt der öffentliche Verkehr in der Schweiz auch punkto Qualität im weltweiten Vergleich einen Spitzenplatz ein, sagt Sprecher Reto Hügli: «Die Schweiz hat 1982 als erstes Land integral den Taktfahrplan eingeführt, heute ist das Angebot sehr dicht. In der Schweiz ist der öffentliche Verkehr ein Teil des Service public, mit dem fast jeder Ort im Land erreicht wird. Die Beliebtheit und der Erfolg des öffentlichen Verkehrs zeigt sich auch an der häufigen Nutzung: Aktuell sind beispielsweise über drei Millionen Halbtaxabos und fast 437’000 Generalabonnemente im Umlauf.»
Das sagen die ÖV-Vertreter
Dass die ÖV-Preise so hoch sind, dürfe nicht sein, sagt Florence Brenzikofer, Nationalrätin und Präsidentin der Interessengemeinschaft Öffentlicher Verkehr. Die ÖV-Nutzung sei im Vergleich zum motorisierten Verkehr sehr viel teurer geworden. «Ohne Halbtax ist der ÖV viel zu teuer, das können sich manche fast nicht leisten», so Brenzikofer. Es gebe zwar neue Angebote für junge Menschen wie das GA-Night. Das reiche aber nicht. Ein neues, einfaches und kostengünstiges Ticketsystem wie Myride müsse schneller vorangetrieben werden.
Service-Abbau bei der SBB?
Die Bahn-Infrastruktur soll mit dem neuen Angebotskonzept 2035 vom Bundesamt für Verkehr wachsen. Setzt die SBB die Szenarien um, führt das laut der Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr (IGöV) zur «grössten Fahrplanverschlechterung aller Zeiten». Es gäbe schlechtere Anschlüsse ab vielen Bahnhöfen und viele Fahrten wie beispielsweise von Zürich nach München dauerten dann eine halbe Stunde länger.
«Die Angebotsverschlechterung wäre folgenschwer, da muss man zwingend über die Bücher», sagt IGöV-Präsidentin Florence Brenzikofer. Beim Bundesamt für Verkehr heisst es auf Anfrage, das neue Konzept sei noch nicht definitiv. Der ursprüngliche Zeitplan habe sich als unrealistisch erwiesen, auch weil es bei Schlüsselprojekten der SBB Verzögerungen gebe. Und die Baustellen-Dichte lasse bis mindestens 2033 keine zusätzlichen Arbeiten auf dem Netz zu. Die SBB verwies auf Anfrage auf Alliance SwissPass.
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