Bahnnetz am AnschlagTGV-Züge sollen künftig nur noch bis an die Schweizer Grenze fahren
Mit dem Angebotskonzept 2035 soll der Bahnverkehr in der gesamten Schweiz stark ausgebaut werden. Der derzeitige Stand der Planung stösst aber auf viel Widerstand.
Darum gehts
Mit dem Angebotskonzept 2035 möchte der Bund das Schweizer Schienennetz für die Zukunft wappnen.
Das Bundesamt für Verkehr hat jüngst ein überarbeitetes Konzept präsentiert.
Die Reaktionen fallen grösstenteils negativ aus.
Das Schweizer Schienennetz erreicht bald seine Kapazitätsgrenze. Viele Zuglinien und Bahnhöfe sind bereits überlastet oder werden es in naher Zukunft sein. Aus diesem Grund soll die Bahn-Infrastruktur mit dem Angebotskonzept 2035 schweizweit stark ausgebaut werden. Der derzeitige Stand der Planung stösst aber auf viel Widerstand, wie die NZZ mit Einsicht in die dazugehörigen Unterlagen berichtet.
Das federführende Bundesamt für Verkehr BAV musste das Angebotskonzept 2023 unlängst überarbeiten. Mehrere Schlüsselprojekte hätten sich verzögert und die SBB käme bei den geplanten Bauarbeiten nicht wie gewünscht voran. Weiter müsse auch der Fahrplan nochmals revidiert werden, da die Reserven für das Wenden der Züge oder den Fahrgastwechsel zu kurz gewesen seien.
«Taktintegrierte internationale Züge bergen ein hohes Verspätungsrisiko»
Das überarbeitete Angebotskonzept 2035 hat vor allem für den internationalen Fernverkehr weitreichende Konsequenzen. Gemäss dem derzeitigen Planungsstand des BAV sollen Züge aus dem Ausland künftig nur noch bis zur Grenze verkehren. Dies betreffe sowohl die ICE-Züge aus Deutschland, als auch die TGV-Züge aus Paris – diese sind heute noch in den hiesigen Taktfahrplan eingebunden. Das würde bedeuten, dass keine TGV-Züge mehr vom Zürcher Hauptbahnhof abfahren würden.
Während die TGV-Verbindung mit Paris als Erfolgsgeschichte gilt und Verspätungen eher selten sind, kommt es bei den aus Deutschland kommenden Zügen regelmässig zu Verspätungen. «Taktintegrierte internationale Züge bergen ein hohes Verspätungsrisiko», schrieb BAV-Direktor Peter Füglistaler auf Linkedin. Daher sollen sie künftig ausserhalb des nationalen Taktfahrplans verkehren.
Fährst du mit dem Zug ins Ausland?
Nationaler Fernverkehr wird langsamer
Im gleichen Zug soll auch der nationale Fernverkehr überarbeitet werden. So wolle die SBB zum Beispiel künftig keine für kurvige Strecken prädestinierte Neigezüge mehr erwerben und die bestehenden Neigezüge auch nicht mehr als solche einsetzen. Dies verlängere die Reisezeiten, was sich auf die Anschlüsse in Knotenbahnhöfen auswirken dürfte.
Dabei gibt es Verlierer und Gewinner: So sollen zum Beispiel in Luzern direkte Fernverkehrszüge nach Genf oder die aus Basel kommenden Züge ins Tessin mit dem Angebotskonzept 2035 wegfallen. Zürich und St. Gallen dürften mit dem Fahrplanwechsel hingegen und künftig von häufiger verkehrenden Fernverbindungen profitieren.
«Die grösste Fahrplanverschlechterung aller Zeiten»
Das überarbeitete Konzept stösst auf Widerstand. Das Angebotskonzept 2035 bringe nach dem derzeitigen Stand der Dinge die «grösste Fahrplanverschlechterung aller Zeiten», schreibt die Interessengemeinschaft öffentlicher Verkehr (IGöV). Im Kanton Graubünden findet man besonders harsche Worte für die Pläne des BAV: «Die schweizweite Angebotsqualität fällt trotz milliardenschweren Investitionen hinter das Niveau der ersten Etappe der Bahn 2000 zurück.»
Das BAV betont, dass sich das Angebotskonzept 2035 noch in Planung befinde. Es werde laufend überarbeitet und weiterentwickelt. Daher seien «über den Fahrplan 2035 noch keine definitiven Aussagen möglich», erklärt Mediensprecher Michael Müller. Es sei aber mit zwischenzeitlichen «Verschlechterungen» des Fahrplans zu rechnen, wenn der neue Fahrplan in Kraft tritt. Nur so könne das Schweizer Schienennetz längerfristig an Kapazität gewinnen.
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