DrohnenprogrammIranische Tarnfirma an Schweizer Uni – und keiner merkt es?
Der in Mailand verhaftete Iraner Mohammad A. soll eine Schweizer Tarnfirma zum Schmuggel verbotener Drohnentechnologie betrieben haben – ausgerechnet im Innovationspark der EPFL Lausanne.
Darum gehts
Der Iraner Mohammad A. wurde am Flughafen Mailand festgenommen. Er soll Elektronik für das iranische Drohnenprogramm geliefert haben.
Die Teile wurden laut einem FBI-Bericht nach einem Drohnenangriff auf einen US-Militärstützpunkt in Jordanien gefunden.
A. soll eine Briefkastenfirma im Innovationspark der EPFL in Lausanne genutzt haben, um Sanktionen zu umgehen.
Die EPFL bestätigt die Briefkastenfirma von Illumove, kann aber nichts zum Auswahlprozess sagen.
Mohammad A. war bis 2022 an der EPFL angestellt, der Universität sei aber «nichts Verdächtiges aufgefallen».
Mohammad A. ist ein iranischer Techniker, der am Flughafen Mailand-Malpensa festgenommen wurde. Der Grund: Ihm wird vorgeworfen, verbotenerweise Navigationstechnologie für Drohnen an die iranischen Revolutionsgarden geliefert zu haben. Diese wurde mindestens bei einem Angriff auf eine US-Militärbasis in Jordanien eingesetzt.
Navigationstechnologie führt zu Schweizer Briefkastenfirma
Bei dem Angriff vom 28. Januar 2024 mit einer iranischen Einwegdrohne vom Typ Shahed-136 wurden drei US-Soldaten getötet und 47 weitere verletzt. Bei diesem Vorfall wurden zum ersten Mal seit Beginn des Krieges zwischen Israel und der Hamas amerikanische Truppen durch feindliches Feuer getötet. Der Iran bestreitet bis heute jegliche Beteiligung.
Im Zuge der Aufklärung wurde laut einem FBI-Bericht unter anderem die Navigationstechnologie von Mohammad A. entdeckt. A. hatte 2019 das Start-up Illumove SA gegründet, das in Ecublens registriert ist, seine Adresse aber bis heute im von Bund und Kantonen unterstützten Innovationspark der Eidgenössischen Technischen Hochschule Lausanne (EPFL) hat.

Illumove SA hat ihre Adresse bis heute im Innovationspark der EPFL.
imago images/IP3pressLaut der Website ist der Innovationspark «ein attraktives und wettbewerbsfähiges Ökosystem, das Innovation und Investitionen fördert und hochwertige Arbeitsplätze schafft». Genau dieses Umfeld soll A. laut US-Ermittlungen durch seine Firma Illumove genutzt haben, um unentdeckt Technologien für das iranische Drohnenprogramm zu beschaffen und internationale Sanktionen zu umgehen.
Ehemaliger Mitarbeiter: «Habe mich komplett abgewendet»
Nach Angaben des Bundesgerichts für den Bezirk Massachusetts, das den Haftbefehl erlassen hat, ist A. ebenfalls Gründer eines iranischen Unternehmens: SDRA. Dem wirft die USA vor, Navigationsmodule für das militärische Drohnenprogramm der Revolutionsgarde herzustellen. Illumove soll als Tarnfirma für die SDRA gedient haben.
20 Minuten hat einen ehemaliger Mitarbeiter der Illumove im Kanton Waadt aufgespürt. Er bestätigt auf Anfrage, dass er bis vor vier Jahren für die Firma tätig war, wehrt sich aber vehement, irgendwelche Aussagen zur Firma zu machen. Er habe «absolut keinen Kontakt mehr zu jemandem» und sich komplett von Illumove abgewendet.
Die Medienstelle der EPFL hingegen bestätigt, dass A. bis 2022 einen Post-Doc an der Universität absolvierte und seine Firma Illumove tatsächlich eine Briefkastenfirma im Innovationspark ist. «Davon gibt es aber einige, das an sich ist nicht abwegig», sagt Sprecher Emmanuel Barraud.
Mit der Wahl der Firmen, die sich dort einmieteten, habe die EPFL selbst aber nichts zu tun, betont Barraud. Das mache die «Fondation EPFL Innovation Park» und zu deren Screening-Prozess könne die EPFL keine Auskunft geben.
Bewerbung von Mohammad A. war laut EPFL unverdächtig
Dennoch musste A. auch einen Auswahlprozess an der EPFL durchlaufen, nämlich für seinen Post-Doc. «Scheinbar war die Bewerbung im Jahr 2019 nicht verdächtig. Auch während seiner ganzen Anstellung gab es nie Hinweise auf illegale Tätigkeiten», erklärt Barraud. Die EPFL gebe ihr Bestes, um solche Fälle wie mit A. zu verhindern, aber ein Risiko bestehe immer. «Wir sind nicht die Polizei, wir haben nur beschränkten Zugang zu Informationen.»
Angesichts der sich verändernden Weltlage sei die EPFL aber daran, ihren Auswahlprozess zu überarbeiten. Man wisse um die Gefahren von Unterwanderung und Spionage. «Er wird härter werden, vor allem für Menschen aus Ländern, bei denen ein erhöhtes Sicherheitsrisiko besteht.»
Was sagt die Politik?
Mitte-Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter findet solche Massnahmen wichtig. «Der Fall zeigt, wie gross die Verantwortung unserer Hochschulen ist.» Es brauche systematische Sicherheitsprüfungen für Studierende aus Risikoländern, damit solche Fälle verhindert werden können. «Die liberale Schweizer Hochschullandschaft darf nicht für eine Umgehung von Sanktionen missbraucht werden. Es steht ein Ruf auf dem Spiel.»
Der SVP-Nationalrat Franz Grüter nimmt die EPFL hingegen in Schutz: «Für eine Hochschule ist so etwas schwierig zu erkennen, zumal der Firmenzweck in diesem Fall laut Handelsregister harmlos und unverdächtig klingt.» Er sieht die Verantwortung mehr beim Nachrichtendienst: «Es ist schon bedenklich, dass in diesem Fall die Informationen von den USA kommen und der Schweizer Nachrichtendienst das gar nicht auf dem Radar hatte.»
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