Femizid«Emmenbrücke ist bekannt für solche Vorfälle»
Am Samstag wurden eine 40-jährige Frau und ihre achtjährige Tochter tot aufgefunden. Es ist der vierte Femizid in Emmenbrücke LU seit 2020.
Darum gehts
In Emmenbrücke wurden eine Frau und ihr Kind tot aufgefunden. Ein 35-jähriger Verdächtiger ist in U-Haft.
Seit 2020 gab es in Emmenbrücke mehrere Femizide, was das Sicherheitsgefühl der Bewohner beeinflusst.
Prof. Dr. Paula Krüger erklärt, dass strukturelle Ungleichheiten das Risiko für Gewalt gegen Frauen erhöhen.
Eine 40-jährige Frau und ihre minderjährige Tochter wurden am Samstag in ihrer Wohnung in Emmenbrücke tot aufgefunden. Im Zuge der Ermittlungen hat die Luzerner Polizei einen 35-jährigen Rumänen in U-Haft genommen.
In Emmenbrücke kam es seit dem Jahre 2020 zu drei Femiziden: Am 2. April 2020 wurde eine 59-jährige Frau in einer Wohnung mit einem Küchenmesser getötet. Am 14. Juni 2020 wurde eine 47-jährige Frau nach einem Streit mit Stich- und Schnittverletzungen tot aufgefunden. Am 8. Juli 2021 wurde eine 29-jährige Frau tot aufgefunden. Sie starb an den zahlreichen Schnittwunden. Am 29. Januar 2022 überlebte eine 50-jährige Frau einen Angriff von zwei Männern.
Emmenbrücke oft als «Emmen-Bronx» bezeichnet
«Der Tod der Frau und ihrer Tochter war für alle in der Umgebung ein Schock», sagt eine Passantin in Emmenbrücke gegenüber 20 Minuten. Sie weiss, dass es nicht das erste Tötungsdelikt in Emmenbrücke war. «In meinem Haus kenne ich alle Bewohner und doch kann ich nicht ausschliessen, dass etwas passieren könnte.»
«Es gibt definitiv mehr Frauenfeindlichkeit», so eine 24-Jährige. Ihr Quartier werde oft als «Emmen-Bronx» bezeichnet. Hier rechne man schon eher mit Gewalt. Unsicher fühle sie sich nicht: «Ich bin hier aufgewachsen und fühle mich wohl – aber man weiss nie, wen es trifft.»
«Der Tod der Frau und ihrer Tochter war für alle in der Umgebung ein Schock.»
«Emmenbrücke ist bekannt für solche Vorfälle – das Sicherheitsgefühl hat sich definitiv verändert», erzählt ein Paar, das seit 2018 im gleichen Quartier, wie der mutmassliche Täter lebt. Nicht nur das aktuelle Tötungsdelikt, sondern auch sonstige Vorfälle schockieren: «Diebstähle, vermisste Personen, eine Vergewaltigung und ein Ehemann, der seine Frau angeschossen hat», zählen sie auf.
«Zentral bleibt, dass man nicht wegschaut»
«Bei den uns zur Verfügung stehenden Zahlen stellen wir mit Blick auf den Kanton Luzern oder gar Emmenbrücke keine Auffälligkeit in der Häufigkeit von Femiziden fest», erklärt Prof. Dr. Paula Krüger von der Hochschule Luzern. Aussagekräftige Zahlen fehlen, weil es keine einheitliche Definition von Femizid gibt. «Femizid wird in der Regel definiert als die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts, zum Teil werden aber auch alle Tötungen von Frauen darunter gefasst», führt Krüger aus.
Unabhängig vom Begriff des Femizids sollten diese Tötungsdelikte nicht als Familiendramen oder tragische Einzelfälle diskutiert werden. «Es muss deutlich werden, dass es um strukturelle Ungleichheiten und traditionelle Geschlechterrollenbilder geht, die das Risiko für Frauen erhöhen, Gewalt in der Paarbeziehung zu erleben, und dies schliesst Fälle tödlicher Gewalt ein», beschreibt Krüger.
Prof. Dr. Paula Krüger
«Wir dürfen nicht aus den Augen verlieren, dass es alleine die gewaltausübenden Personen sind, die die Verantwortung für die Gewalt tragen», erklärt Krüger und führt aus: «Systematische Ungleichheiten führen genau zu den Abhängigkeiten, die das Risiko für Frauen erhöhen, Opfer häuslicher Gewalt bis hin zu tödlicher Gewalt zu werden.»
Die Prävention von Femiziden ist Teil der Prävention häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt. Dazu gibt es Fachstellen, wie die Opferhilfe, die kostenlos sind und deren Mitarbeitenden der Schweigepflicht unterstellt sind. «Auch die Frauenhäuser sind zentrale Einrichtungen zum Schutz gewaltbetroffener Frauen und auch ihrer Kinder», sagt Krüger. Diese Stellen bräuchten viel mehr Ressourcen.
Das tut die Gemeinde Emmen
«Die Gemeinde Emmen trägt den kantonalen Aktions- und Massnahmenplan gegen häusliche und geschlechtsspezifische Gewalt mit», erklärt Ramona Gut-Rogger, Gemeindepräsidentin Emmen, auf Anfrage. Weiter verfügt die Gemeinde Emmen über eine niederschwellige Stelle zur fachlichen Beratung und Begleitung von Kindern, Jugendlichen, Familien und deren Umfeld. Auf weitere soziale Beratungsstellen verweist die Gemeinde auf ihrer Website.
Frauenhaus Luzern
Bist du oder ist jemand, den du kennst, von sexualisierter, häuslicher, psychischer oder anderer Gewalt betroffen?
Hier findest du Hilfe:
Polizei nach Kanton
Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz
Lilli.ch, Onlineberatung für Jugendliche
Frauenhäuser in der Schweiz und Liechtenstein
Zwüschehalt, Schutzhäuser für Männer
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Alter ohne Gewalt, Tel. 0848 00 13 13
Dargebotene Hand, Sorgen-Hotline, Tel. 143
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
Beratungsstellen für gewaltausübende Personen
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