Felsrutsch am Oeschinensee: «Wir haben den wohl am besten überwachten Berg der Schweiz»

Livetickeraktualisiert am Donnerstag, 25. August, 2022

Felsrutsch am Oeschinensee«Wir haben den wohl am besten überwachten Berg der Schweiz»

Die rutschenden Felsmassen oberhalb des Oeschinensees haben an Tempo verloren. Wie gross ist die Gefahr für die Hotels am See und für Kandersteg? Gemeindepräsident René F. Maeder im Interview mit 20 Minuten.

Die rutschenden Felsmassen oberhalb des Oeschinensees haben an Tempo verloren. Wie gross ist die Gefahr für die Hotels am See und für Kandersteg? (Video: 20min)

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Donnerstag, 25.08.2022

14:01

Damit ist das Live-Interview mit dem Kandersteger Gemeindepräsidenten René F. Maeder beendet. Das Video zum Nachschauen des Gesprächs findest du oben.

14:01

Gibt es neue Massnahmen?

«Wir haben die Sperrzone erweitert und bemannt», sagt Maeder. «Da machen Leute Menschen darauf aufmerksam, dass niemand in die gesperrte Zone geht. Die Überwachung ist Tag und Nacht. Es gibt in der ganzen Schweiz wohl keinen Berg, der so gut überwacht ist.»

13:59

Wie sicher sind die Hotels am See?

«Im Extremfall könnten mehrere Millionen Kubikmeter Fels hinunterkommen», sagt Maeder. Selbst für die Hotels am Oeschinensee bestehe allerdings keine Gefahr, selbst wenn alles herunterkäme, was kann.

Die Hotels befinden sich südwestlich von der Sperrzone, etwas oberhalb des Sees.

13:58

Nicht alles aufs Mal

Maeder betont, dass am Spitze Stei bereits seit Jahren Felsabbrüche geschehen. «Wir gehen jetzt auch nicht davon aus, dass jetzt plötzlich auf einmal alles runterkommt», sagt Maeder.

13:57

«Respekt, keine Angst»

«Am meisten Sorgen machen uns grosse Regenfälle oder Gewitter», sagt Maeder. «Das Dorf Kandersteg ist nicht in Gefahr. Allenfalls könnte es im Dorf zu überfluteten Kellern kommen. Wir haben Respekt, aber keine Angst.»

13:55

Lage überschaubar

«Im Moment ist die Lage überschaubar», sagt Maeder. «Wir haben jedes Jahr Felsstürze, das ist insofern normal. Gestern waren die Gesteinsmassen mit 20 cm pro Tag unterwegs, jetzt sind es noch 10 cm.»

Geschwindigkeit nimmt ab, bleibt aber hoch

Am Donnerstagmorgen hat die Gemeinde Kandersteg die Lage am Spitze Stei oberhalb des Oeschinensees neu beurteilt. Die Rutschgeschwindigkeit der Felsmassen im unteren, zentralen Bereich der Flanke hat demnach wieder stark abgenommen. Waren es am Mittwoch noch 20 cm pro Tag, sind es jetzt «deutlich unter 10 cm pro Tag».

«Im Vergleich zu den Bewegungsraten vor der Beschleunigung sind die aktuellen Bewegungsraten jedoch nach wie vor erhöht», schreibt die Gemeinde weiter. Es sei seit gestern zu keinen weiteren nennenswerten Felsabbrüchen gekommen.

Die Gefahrenstufen und Massnahmen bleiben allerdings auf dem aktuellen Level.

Die Rutschbewegung oberhalb des Oeschinensees ist am Donnerstag zurückgegangen.

Die Rutschbewegung oberhalb des Oeschinensees ist am Donnerstag zurückgegangen.

20min/ore

Das ist die aktuelle Gefahrenkarte

Was bedeutet die Gefahrenkarte?

Wie in der Tabelle (unten) ersichtlich ist, bedeutet «gross», dass ein Ereignis von «starker» Intensität «wahrscheinlich» und ein Ereignis von «mittlerer» Intensität «wahrscheinlich» bis «sehr wahrscheinlich» ist.

Das wiederum bedeutet: Innerhalb der nächsten Woche geschieht ein Ereignis von «starker» Intensität mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 bis 95 Prozent. Und ein Ereignis von «mittlerer» Intensität mit einer Wahrscheinlichkeit von 60 bis 100 Prozent.

Bei einem starken Ereignis gilt für die betroffene Zone: geringe Fluchtmöglichkeiten, mögliche Todesgefahr auch in Gebäuden und die Zerstörung von Gebäuden. Innerhalb der roten Zone befindet sich lediglich ein Haus: der sogenannte Holzspicher.

Für den Uferbereich direkt ausserhalb der dauerhaften Sperrzone gilt die Stufe «erheblich» (siehe Karte unten). Die Gefahrenstufe «erheblich» gilt auch in Richtung bewohntes Gebiet, dem Öschibach entlang. Weiter unten schützen Dämme (auf der Karte blau eingezeichnet) die Ausläufer der Gemeinde.

Gemäss der aktuellen Gefahrenkarte ist die Gefahr, dass der Felssturz weiter den Öschibach hinunterkommt, «erheblich». Das bedeutet eine Wahrscheinlichkeit von 20 bis 60 Prozent für ein «starkes» oder «mittleres» Ereignis. Dass der Felssturz die beiden Dämme direkt vor Kandersteg erreicht, gilt derzeit als «unwahrscheinlich» bis «wenig wahrscheinlich» (0 bis 20 Prozent).

Kandersteg erhöht Gefahrenstufe

Einen Tag nach dem Felssturz am Oeschinensee, bei dem rund 10’000 Kubikmeter Felsen ins Tal donnerten, warnte die Gemeinde Kandersteg auf ihrer Website. Die Schuttrutschung am Spitze Stei habe sich seit Dienstag stark beschleunigt. 500’000 Kubikmeter Felsen seien mit der Geschwindigkeit von 20 cm/Tag in Bewegung. «Solch hohe Bewegungen wurden dort bisher nicht gemessen», hiess es weiter.

Und: «Der Absturz grösserer Schuttkubaturen aus der zentralen Schuttrutschung kann für die nächsten Tage nicht ausgeschlossen werden.» Die dauerhafte Sperrzone (seit 2019) am südwestlichen Ende des Sees erhielt darum die Gefahrenstufe gross.

Felssturz am Dienstag

Am Dienstag stürzten laut Gemeinde Kandersteg rund 10'000 Kubikmeter Fels in das Tal. Es handle sich dabei um ein kleines Sturzereignis. Ein News-Scout hat den Felssturz im Video festgehalten:

Am Dienstagmorgen donnerten beim Oeschinensee 10’000 Kubikmeter Fels in die Tiefe. News-Scout Patrick (29) sah den Felssturz auf einer Wanderung zur Blüemlisalphütte. (20min/ore/News-Scout)

20min/ore
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