Vorlesung: Trotz Drohungen – grosser Ansturm bei «Drag Story Time» in Zürich 

Aktualisiert

VorlesungTrotz Drohungen – grosser Ansturm bei «Drag Story Time» in Zürich

Am Samstagnachmittag fand in Zürich die «Drag Story Time» statt. Das Interesse daran war riesig. Einige Leute wurden gar nicht erst in die Bibliothek gelassen.

An der «Drag Story Time» vom Samstag in Zürich nahmen zahlreiche Kinder und ihre Eltern teil. 

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Darum gehts 

  • Am Samstag fand in der Pestalozzi-Bibliothek in Oerlikon der Kinderanlass «Drag Story Time» statt. 

  • Beim Anlass lesen Drag Queens und Drag Kings den Kindern aus Büchern vor. 

  • Es mussten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, um Störaktionen entgegenzuwirken.

Am Samstag fand in der Pestalozzi-Bibliothek der Event «Drag Story Time» statt. Bei dem Anlass lesen Drag Queens und Drag Kings Kindern zwischen drei und acht Jahren aus Büchern vor. Dabei sollte laut dem Veranstalter unter Anleitung einer Kinderpädagogin das Selbstbewusstsein der Kinder gestärkt, ihre Individualität gefeiert und die Toleranz gefördert werden. 

Am Anlass vom Samstag waren jedoch nicht nur Drag Kings, Kinder, Mütter und Väter vor Ort. Auch die Stadtpolizei Zürich war bei der Bibliothek postiert. Der Grund: Störanlässe wie jener der Neonazi-Gruppe «Junge Tat» im Oktober im Tanzhaus Zürich. Damals mischten sich einige der Mitglieder unter die Besucherinnen und Besucher, andere standen vermummt vor der Lokalität, zündeten Rauchfackeln an und riefen Parolen. Auch für den Anlass am Samstag wurde zu Störaktionen aufgerufen. 

«Ich habe noch nie Drag Kings gesehen» 

Bereits eine gute halbe Stunde vor Veranstaltungsbeginn versammelten sich vor der Bibliothek zahlreiche Menschen. Darunter einige Kinder, viele davon geschminkt. Der Vorplatz der Bibliothek wurde mit zahlreichen Kreidemalereien versehen. Die Polizei war zwar präsent, hielt sich jedoch im Hintergrund. 

Der 10-jährige Elio ist zum zweiten Mal bei der «Drag Story Time» dabei. Er sagte: «Leute sollen anziehen können, was sie wollen.» Er sei aufgeregt, hier zu sein. «Ich freue mich, dass so viele gekommen sind, um die Lesung zu unterstützen.» Lenja (11) gefiel insbesondere, dass  sich die Kinder nach der Lesung schminken und verkleiden konnten. «Ich habe noch nie Drag Kings gesehen, ich fand das toll.» 

Nina (42) besuchte die Lesung mit ihrem 3-jährigen Sohn. Das Polizeiaufgebot und die Störaktion im Oktober hätten ihr zu denken gegeben: «Ich hatte Angst, dass etwas passieren konnte. Weil wir uns seit Wochen darauf gefreut haben, sind wir trotzdem gekommen.» 

Rund 300 Sympathisantinnen und Sympathisanten versammelt 

Vor Ort erscheinen auch einige Politikerinnen und Politiker der linken Parteien. AL-Kantonsrätin Anne-Claude Hensch sagt etwa gegenüber dem «Tages-Anzeiger»: «Ich bin hier, weil das meine Bibliothek ist und ich nicht will, dass hier eine Kinderstunde politisiert wird.»

Felix Hüppi, Direktor der Bibliothek, sagt gegenüber der Zeitung weiter, dass sich rund 300 Sympathisantinnen und Sympathisanten eingefunden hätten. Einige Leute wurden nicht reingelassen, darunter Journalisten. 

Am Samstag lasen Dragqueens in der Pestalozzi-Bibliothek Kindern zwischen drei und acht Jahren aus Büchern vor. 
Auch die Stadtpolizei Zürich war bei der Bibliothek postiert. Laut Felix Hüppi, Direktor der PBZ Pestalozzi-Bibliothek Zürich, ist es das erste Mal, dass Sicherheitspersonal für einen Anlass der Bibliothek beauftragt werden musste. 
Das Interesse an der Veranstaltung war gross. Rund 30 Minuten vor Beginn der Veranstaltung bildete sich vor dem Gebäude eine riesige Schlange. 
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Am Samstag lasen Dragqueens in der Pestalozzi-Bibliothek Kindern zwischen drei und acht Jahren aus Büchern vor. 

Pestalozzi Bibliothek/Screenshot 

«Es ist extrem schade»

«Die Stadtpolizei Zürich steht mit dem Veranstalter in Kontakt. Zudem werden Aufrufe zu Störaktionen in die laufende Lagebeurteilung einfliessen und Einsatzkräfte werden vor Ort sein», sagte Pascal Siegenthaler von der Stadtpolizei Zürich am Dienstag gegenüber 20 Minuten.

Die Stadtpolizei hatte kurzfristig auch eine Gegendemonstration bewilligt, die sie zuvor noch abgelehnt hatte. Die Gegner der Veranstaltung haben jedoch die Auflage erhalten, sich nur auf dem Max-Frisch-Platz auf der anderen Seite des Bahnhofs Oerlikon aufzuhalten. Lediglich einige wenige folgten dem Protestaufruf. Auch Freiheitstrychler waren vor Ort. Einer von ihnen sagt gegenüber 20 Minuten: «Ich bin heute als besorgter Vater hier. Die Frühsexualisierung schon im Kindergarten macht mir Sorgen. Unsere Kinder sollen nicht mit Drag Queens konfrontiert werden. Man lässt uns nicht rein oder was sagen.»

Wie Felix Hüppi am Dienstag sagte, wurde auch eine private Sicherheitsfirma engagiert. «Es ist extrem schade. Ich verstehe nicht, weshalb die Leute aufgrund der Geschlechterfrage so angriffig werden», so Hüppi. Es sei das erste Mal überhaupt, dass Sicherheitspersonal für einen Anlass der Bibliothek beauftragt werden musste. 

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Lilli.ch, Information und Verzeichnis von Beratungsstellen

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Elternberatung, Tel. 058 261 61 61

Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147

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