WallisKinder-Lesestunden von «Tralala Lita» bringen SVP-Politiker in Aufruhr
Staatlichen und halbstaatlichen Institutionen soll es untersagt werden, Kinder durch «Gendertheorie-Konzepte» zu beeinflussen. Aktivisten von Queer Wallis halten dagegen.
Darum gehts
Eine Dragqueen liest in Martigny VS aus klassischen Kinderbüchern vor.
Vier Walliser Politiker finden, damit würden Kinder mit «Gender-Propaganda» konfrontiert.
Sie fordern ein Verbot solcher Veranstaltungen.
Der Verein QueerWallis argumentiert, dass sichere Räume zur Entfaltung der Kinder geschaffen werden müssen.
Letzten Oktober las in der Mediathek von Martigny VS eine Dragqueen namens «Tralala Lita» aus klassischen Jugendbüchern vor. Das Kulturangebot richtete sich an Kinder ab sechs Jahren und die Mediathek Wallis verfolgte mit den Lesestunden nach eigenen Angaben das Ziel, Literatur für Kinder auf eine «integrative, spielerische und festliche Weise zu fördern, indem Themen wie Vielfalt, Selbstwertgefühl und Toleranz angesprochen werden», wie der «Walliser Bote» berichtet.
«Gender-Propaganda»
Für vier Walliser Politiker sei diese Veranstaltung ein Versuch, «Kinder ohne deren eigene Motivation in die Welt der Erwachsenensexualität hineinzuziehen». Gemäss Damien Raboud, Alexandre Cipolla und Jean-Philippe Gay-Fraret von der SVP Unterwallis, und Frédéric Carron, ein ehemaliger Grünen-Grossrat, sei die Lesestunde eine Gefahr für junge Kinder: Die Veranstaltung sei der Beweis für den «Bekehrungseifer einiger militanter LGBT-Ideologen gegenüber der Walliser Jugend». Kinder sollten in einem wohlbehüteten Umfeld aufwachsen können, «ohne irgendwelcher Gender-Propaganda ausgesetzt zu sein». Diese störe die Entwicklung der Kinder, so die Politiker. Sie fordern, dass die Regierung nun Massnahmen zum Schutz der Kinder erlässt. Der Staat solle es kantonalen und kommunalen Institutionen verbieten, «Gendertheorie-Konzepte zu fordern und zu verteidigen.»
Ein sicherer Raum für Kinder
«Die SVP schafft es einmal mehr nicht, sich in Personen hineinzuversetzen, die nicht der Heteronormativität oder der stereotypischen Rollenverteilung entsprechen», sagt Marcelo Paiva Rodrigues, Co-Präsident von QueerWallis, gegenüber dem «Walliser Boten». Die Behauptung, dass Auftritte, wie die der Dragqueen, Kinder mit Erwachsenensexualität konfrontieren würde, sei «völlig falsch»: «Die Geschlechtsidentität, also das Gender, bezieht sich darauf, wie ein Mensch sich selbst mit dem ihm zugewiesenen Geschlecht identifiziert.» Eine mögliche Sexualisierung finde somit nicht statt.
Die geforderten Verbote würden Kindern eher schaden. «Ihnen wird die Freiheit sowie das Recht genommen, sich so individuell zu entwickeln und zu entfalten», sagt Rodrigues. Der Verein der Queer-Aktivisten fordert, dass man Kindern einen sicheren Raum bietet, in dem sie sich selbst definieren können. «Sie werden unterdrückt und einem enormen Druck ausgesetzt, diesen beiden Gendern zu entsprechen, und fühlen sich als Aussenseiterinnen oder Aussenseiter, wenn sie es nicht tun.» Die Wandelbarkeit des Genders werde bei solchen Veranstaltungen vermittelt: «Es geht darum zu zeigen, dass das kleine Mädchen nicht zu einer Frau heranwachsen, der kleine Bub nicht zu einem Mann werden und niemand einem bestimmten Stereotyp nacheifern muss», so Rodrigues.
LGBTIQ: Hast du Fragen oder Probleme?
Hier findest du Hilfe:
LGBT+ Helpline, Tel. 0800 133 133
Du-bist-du.ch, Beratung und Information
InterAction, Beratung und Information für intergeschlechtliche Menschen, Tel. 079 104 81 69
Lilli.ch, Information und Verzeichnis von Beratungsstellen
Milchjugend, Übersicht von Jugendgruppen
Elternberatung, Tel. 058 261 61 61
Pro Juventute, Beratung für Kinder und Jugendliche, Tel. 147
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