Heiratsstrafe: In diesen Gemeinden ist sie besonders hoch

Publiziert

Heiratsstrafe vs. HeiratsbonusIn diesen Gemeinden werden Verheiratete am stärksten bestraft

Ein exklusiver Gemeindevergleich zur Heiratsstrafe zeigt: Die Unterschiede sind in der Schweiz gewaltig. Während Paare in Zürich fürs Heiraten bestraft werden, gibts im Wallis einen Bonus.

Darum gehts

  • Wenn in einer Ehe beide arbeiten und ein gleiches Einkommen erzielen, zahlen sie heute meist mehr Steuern, als wenn sie unverheiratet wären.

  • In gewissen Kantonen lohnt sich die Ehe aber auch dank eines Heiratsbonus.

  • Exklusiv für 20 Minuten hat das Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) für alle 2136 Gemeinden ermittelt, wie hoch die Heiratsstrafe ausfällt.

  • Das Resultat: Die Unterschiede sind gewaltig.

Lohnt sich eine Heirat? In den meisten Schweizer Gemeinden muss diese Frage aus rein finanzieller Sicht oft mit «Nein» beantwortet werden. Grund dafür ist die sogenannte Heiratsstrafe. Haben in einer Partnerschaft beide den gleichen Lohn, zahlen sie als Ehepaar in der Regel mehr Steuern, als wenn sie unverheiratet wären und individuell besteuert würden.

Exklusiv für 20 Minuten hat das Wissenschaftlerteam um Przemyslaw Brandt vom Institut für Schweizer Wirtschaftspolitik (IWP) für alle 2136 Schweizer Gemeinden analysiert, wie viel mehr Steuern ein Paar mit gleichem Einkommen zahlen muss, wenn es die Ehe eingeht und wo es sogar einen Heiratsbonus gibt. Das Resultat: Die Unterschiede sind gewaltig.

Wird die Heiratsstrafe abgeschafft?

Der Bundesrat möchte, dass zukünftig jeder Ehepartner eine eigene Steuererklärung ausfüllt und einen individuellen Tarif bezahlt. Bis das implementiert wird, wird es aber noch eine Weile dauern: Wie die Bundesrätin Karin Keller-Sutter im Februar 2024 bekannt gab, soll dies frühestens 2034 der Fall sein. Auch eine im März 2024 eingereichte Initiative der Mitte möchte die Heiratsstrafe abschaffen. Dafür will die Partei eine alternative Berechnungsmethode einführen, die der Besteuerung von unverheirateten Paaren entspricht, jedoch ohne die Individualbesteuerung.

Verdienst du gemeinsam mit deinem Partner oder deiner Partnerin 160’000 Franken im Jahr, dann solltest du hier weiterlesen. Verdient ihr zusammen 100’000 Franken, dann scrolle nach unten bis zur Grafik zu den Geringverdienenden. Liegt euer gemeinsames Einkommen hingegen bei 260’000 Franken, dann scrolle noch weiter nach unten bis zur Grafik zu den Gutverdienenden.

Top oder Flop: Heiratsstrafe für den Mittelstand

So viel Steuern zahlst du mehr oder weniger.

So viel Steuern zahlst du mehr oder weniger.

20min/Taddeo Cerletti

Kinderlose Paare aus dem Mittelstand, die verheiratet sind oder bald heiraten wollen, sollten nach Stalden im Kanton Wallis ziehen. Denn: Dort können sie als Ehepaar sogar Steuern sparen. Bei einem gemeinsamen Einkommen von 160’000 Franken im Jahr zahlt ein verheiratetes Paar in der 1100-Einwohner-Gemeinde 2500 Franken weniger Steuern als ein unverheiratetes Paar. Es gibt also einen Heiratsbonus.

Der Gemeindepräsident von Stalden, Joël Fischer, ist überrascht über die Top-Platzierung: «Dass wir als kleine Gemeinde zuoberst in der Rangliste stehen, freut mich natürlich riesig.» Im Kanton Wallis gebe es für verheiratete Paare bei den Steuern einen sogenannten Ehe-Rabatt, also einen Pauschalabzug, der je nach Höhe des gemeinsamen Einkommens unterschiedlich ausfällt. «Ich denke aber, dass sich in unserem wunderschönen Dorf auch Unverheiratete pudelwohl fühlen», so Fischer. «Ich hoffe, dass die Steuern nicht das Hauptargument sind, um eine Ehe einzugehen.»

Der Kanton Zürich schneidet schlecht ab

Mit einem Heiratsbonus für verheiratete Paare aus dem Mittelstand ist das Wallis alleine. Im Rest der Schweiz zahlen Paare mit einem gemeinsamen Einkommen von 160’000 Franken mehr Steuern, wenn sie verheiratet sind, und das zum Teil deutlich: Während die Heiratsstrafe in den Kantonen Luzern, Bern und Zug vergleichsweise gering ausfällt, lohnt sich das Heiraten in den Kantonen Zürich, Graubünden und Jura finanziell am wenigsten.

Am härtesten bestraft werden Ehepaare in Maschwanden im Kanton Zürich: Im 640-Seelen-Dorf zahlen sie 2100 Franken mehr Steuern als Unverheiratete. «Wahrscheinlich ist das so, weil wir den höchsten Steuerfuss im Kanton haben», sagt Gemeindepräsident Ernst Humbel. Die Gemeinde könne die Höhe der Heiratsstrafe nicht beeinflussen. Dass die Leute wegen der hohen Heiratsstrafe weniger Lust hätten zu heiraten, glaubt Ernst Humbel nicht: «In unserem kleinen Dorf finden doch fünf bis sechs Hochzeiten pro Jahr statt.»

Geringverdienende Paare: Heiratsstrafe oder Heiratsbonus?

Geringverdienende Paare mit einem gemeinsamen Einkommen von 100’000 Franken im Jahr sollten je nach Wohnort einen Umzug ins Auge fassen, wenn sie verheiratet sind oder die Hochzeit vor der Tür steht.

In etwas mehr als einem Drittel der Kantone können solche Paare sogar profitieren, wenn sie heiraten, wie ein Blick auf die Karte zeigt. Besonders hoch fällt dieser Heiratsbonus in den Kantonen Wallis, Tessin und Bern aus. Die Gemeinde Wiler (Lötschen) schwingt dabei oben aus: Satte 1800 Franken weniger Steuern zahlen geringverdienende Paare mit gleichen Einkommen in der Gemeinde im Lötschental, wenn sie heiraten.

Gar nicht ehefreundlich ist hingegen der Kanton Waadt. In La Praz werden geringverdienende Paare ohne Kinder schweizweit am stärksten fürs Heiraten bestraft. Satte 3000 Franken mehr Steuern zahlen verheiratete Paare in der Gemeinde im Waadtländer Jura. Auch die Orte Château-d’Oex und Treytorrens (Payerne) schneiden schlecht ab.

Hier ist die Ehe für Reiche besonders teuer

Im Unterschied zu ärmeren und mittelständischen Paaren gibt es für Reiche nirgends in der Schweiz einen Heiratsbonus. In jeder Gemeinde zahlen Ehepaare mit einem gemeinsamen Einkommen von 260’000 Franken mehr Steuern als unverheiratete Paare. Doch je nach Region fällt die Heiratsstrafe höher oder tiefer aus. Besonders teuer zu stehen kommt eine Heirat für reiche Paare im Wallis. Am schlechtesten schneidet Mont-Noble ab: In der Gemeinde oberhalb von Sion kostet die Ehe 11’300 Franken pro Jahr. So viel Steuern zahlt ein gleichverdienendes Ehepaar nämlich mehr als ein unverheiratetes Paar.

Sind die Finanzen für dich entscheidend bei einer Heirat?

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung zählt

154 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen