SBB: Junge Grünliberale wollen den SBB Kameras mit Gesichtserkennung verbieten

Publiziert

Gesichtserkennung«Inakzeptabel» – Junge Grünliberale wollen den SBB die Kameras verbieten

Die SBB wollen ihre Bahnhöfe mit Kameras ausstatten, die Gesichter erfassen können. Die Jungen Grünliberalen sehen erhebliche Datenschutzrisiken und wollen dagegen vorgehen.

Mit neuen Überwachungskameras wollen die SBB die Passantenflüsse an ihren Bahnhöfen besser auswerten. Die Kameras sind jedoch auch dazu fähig, Gesichter zu erfassen und erkennen.
Dem Vorhaben wollen die Jungen Grünliberalen ein frühzeitiges Ende setzen: Sie prüfen rechtliche Schritte und wollen zwei Vorstösse dazu einreichen, sagt Präsident Tobias Vögeli.
«Die SBB sollen Personen und Güter befördern, nicht das Einkauf- oder Bewegungsverhalten von Personen systematisch und unter Einsatz von biometrischen Daten erfassen und kommerzialisieren», sagt Vögeli.
1 / 4

Mit neuen Überwachungskameras wollen die SBB die Passantenflüsse an ihren Bahnhöfen besser auswerten. Die Kameras sind jedoch auch dazu fähig, Gesichter zu erfassen und erkennen.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Mit Kameras, die zur Gesichtserfassung fähig sind, will die SBB die Umsätze der Läden in Bahnhöfen steigern.

  • Die Jungen Grünliberalen finden das Vorhaben «inakzeptabel» und «fragwürdig» und wollen es den SBB gesetzlich verbieten lassen.

  • Sie befürchten Datenschutzrisiken und einen «Eingriff in die Privatsphäre».

  • Die SBB kontern: Es werde nur ein System eingeführt, das auch datenschutzkonform sei.

Die SBB möchten ihre grösseren Bahnhöfe mit neuen Kameras ausstatten, die auch Gesichter erfassen können. Die Aufnahmen könnten dann mittels Software ausgewertet werden, um die Bewegungen sämtlicher Bahnhofsbesucherinnen und -besucher auszuwerten.

Die Kameras sollen die «Abschöpfungsrate» pro Person erhöhen, denn: Ladenbetreibende mit höherem Umsatz müssen der SBB auch mehr Miete bezahlen. Die Jungen Grünliberalen wollen dem Bestreben der SBB ein vorzeitiges Ende setzen und fordern ein Verbot.

«SBB vergreifen sich in ihrem eigentlichen Auftrag massiv»

Die Jungpartei prüfe derzeit rechtliche Schritte gegen die SBB. «Wir haben Datenschutzexperten angesetzt, die nun ein Gutachten erstellen», sagt Tobias Vögeli, Präsident der Jungen Grünliberalen. Zudem wolle die Jungpartei in der Frühlingssession zwei Vorstösse einreichen. Mit einer Interpellation soll der Bundesrat aufgefordert werden, zur Gesichtserkennung bei Überwachungskameras Stellung zu nehmen – mit einer Motion wolle man den SBB gesetzlich verbieten, solche Daten zu erheben.

«Die SBB vergreifen sich damit in ihrem eigentlichen Auftrag massiv», so Vögeli. «Sie sollen Personen und Güter befördern, nicht das Einkauf- oder Bewegungsverhalten von Personen systematisch und unter Einsatz von biometrischen Daten erfassen und kommerzialisieren.» Das sei für einen Staatsbetrieb inakzeptabel und werfe grundsätzliche Fragen auf. «Wie kommen die SBB darauf, die Mieten der Läden mit solchen Mitteln zu erhöhen?», fragt der Präsident.

«Eingriff in die Privatsphäre»

Schon heute könnten die SBB mit Hilfe von Kameras erkennen, wie viele Pendlerinnen und Pendler in ihren Bahnhöfen unterwegs seien. «Aber wenn dann zusätzlich noch biometrische Daten erfasst werden, kann man eindeutige Rückschlüsse auf einzelne Personen ziehen», sagt Vögeli. Das sei heikel und greife stark in die Privatsphäre ein.

Auch könne die Bevölkerung nicht auswählen, ob sie in den halböffentlichen Raum eines Bahnhofs eintrete – ÖV-Nutzende müssten sich gezwungenermassen erfassen lassen. Zudem laufe die Datensicherung und -verarbeitung über den US-amerikanischen Konzern Microsoft: «Die Daten können leicht gehackt werden und zudem hat das Unternehmen andere Datenschutzbestimmungen», sagt Vögeli.

«Rechtlich fragwürdige Methoden»

Sollte das Vorhaben der SBB durchkommen, befürchtet Vögeli, dass die Gesichtserkennung grossflächiger eingesetzt werden könne. «Vor allem muss aber geprüft werden, wieso die SBB-Leitung ihren Auftrag derart weit fasst und ausserhalb ihres Kerngebiets immer wieder mit rechtlich fragwürdigen Methoden versucht, ihre Gewinne zu maximieren», betont Vögeli.

Seitens SBB gesteht man einige unglückliche Wortwahlen in der Ausschreibung des Projekts ein und verweist auf eine Mitteilung auf der SBB-Homepage. Klar sei, dass nur ein System eingeführt werde, das datenschutzkonform sei. Die Daten würden anonymisiert erfasst, und es finde keine Verknüpfung mit Personendaten statt. Die in der Ausschreibung erwähnte «Person-ID» habe nichts mit der Person zu tun, sondern sei eine rein technische Nummerierung – sie lasse also keinerlei Rückschlüsse auf einzelne Personen zu.

«Potenziell hohes Risiko für unerwünschte Rückschlüsse»

Mit dem Projekt sollen nach Angaben der SBB Passantenflüsse in den Bahnhöfen analysiert, aber keine Einzelpersonen identifiziert werden. «Dennoch besteht das potentiell hohe Risiko, dass es zu unerwünschten Rückschlüssen auf einzelne Personen kommen könnte», heisst es seitens des Eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten (EDÖB).

Aus diesem Grund habe der EDÖB mit der SBB im letzten Jahr vereinbart, dass die SBB eine Risikofolgenabschätzung erstellen, in welcher insbesondere aufzuzeigen sein wird, mit welchen technischen und organisatorischen Massnahmen die potenziell hohen Risiken des Projekts gesenkt werden können. Der EDÖB könne sich erst äussern, wenn die Risikofolgenabschätzung vorliegt. 

Was hältst du vom Projekt der SBB?

Keine News mehr verpassen

Mit dem täglichen Update bleibst du über deine Lieblingsthemen informiert und verpasst keine News über das aktuelle Weltgeschehen mehr.
Erhalte das Wichtigste kurz und knapp täglich direkt in dein Postfach.

Deine Meinung zählt

238 Kommentare
Kommentarfunktion geschlossen