UmfrageKlima-Kleber und Krisen-Müdigkeit – Grünen droht eine Wahlschlappe
Die Grünen verlieren laut der neusten Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia 2,5 Prozentpunkte, die SVP legt zu. Laut Politologe Thomas Milic sind die Menschen krisenmüde, grüne Themen haben einen schweren Stand.
Darum gehts
Die Grünen verlieren 2,5 Prozentpunkte, die SVP legt 2,3 Prozentpunkte zu.
Das ist die wichtigste Erkenntnis der vierten Welle der Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia hinsichtlich der eidgenössischen Wahlen im Oktober.
Die SVP profitiere davon, dass die Themen Migration und Zuwanderung wieder stärker in den Fokus der Menschen gerückt seien, sagt Politologe Thomas Milic.
Grünen-Vize-Präsidentin Franziska Ryser bleibt optimistisch: «2019 sahen die Umfragen noch schlechter aus und wir haben ein halbes Jahr später ein super Resultat erzielt.»
Die SVP gewinnt, die Grünen verlieren. Das ist die wichtigste Erkenntnis aus der vierten Welle der Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia (siehe unten). Die Mitte könnte der FDP gefährlich werden, die verlieren dürfte, SP und GLP dürften leicht zulegen.
Belegte der Klimawandel im August 2022 noch Platz drei der drängendsten Probleme, ist es jetzt nur noch Platz fünf. Schon bei der dritten Welle im Februar 2023 hatten die Themen Migration und Zuwanderung den Klimawandel in der Rangliste überholt.

Laut der 4. Welle der Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia verlieren die Grünen, die SVP legt zu.
Quelle: Wahlumfrage 20Minuten/Tamedia/LeeWas Grafik: 20min/Taddeo Cerletti«Viele empfinden die Klima-Kleber als Ärgernis»
Für Politologe Thomas Milic von der Uni Zürich ist klar: «Die Grünen haben einen schweren Stand. Corona, eine drohende Energiekrise und jetzt der Krieg in der Ukraine – die Menschen sind müde von all den Krisen. Auch die Aktionen der Klima-Kleber schaden im Hinblick auf die Wahlen eher: Viele empfinden sie als Ärgernis.»
Hinzu komme, dass derzeit andere Themen als der Klimawandel die Sorgenagenda der Menschen dominierten: der Krieg, Inflation, Migration und Energiesicherheit. «Hier können die Grünen derzeit nicht punkten», sagt Milic.
«Diese Verluste sind schmerzvoll»
Von einem Desaster könne man bei einem Verlust von 2,5 Prozentpunkten zwar noch nicht sprechen. Aber: «Die aktuell ausgewiesenen Verluste sind schmerzvoll, auch weil damit die Ambitionen auf einen Bundesratssitz aufgegeben werden müssten.»
Dass die Themen Migration und Asyl die Schweizerinnen und Schweizer derzeit wieder stark beschäftigten, davon profitiere die SVP. «Aber auch bei anderen zentralen Themen ist es oftmals die SVP, die als einzige eine Gegenposition einnimmt», sagt Milic. Die SVP-Position sei zwar, wie etwa jüngst bim Klimagesetz, nicht immer mehrheitsfähig. «Doch sie wird von einer starken Minderheit unterstützt. Während all die anderen Parteien um die Stimmen der Mehrheit ringen, fallen die Stimmen einer starken Minderheit fast konkurrenzlos zur SVP.»
«Sind professioneller aufgestellt als je zuvor»
Grünen-Vize-Präsidentin Franziska Ryser bleibt trotzdem optimistisch: «Auch 2019 haben uns die Umfragewerte massiv unterschätzt und wir konnten einen grossen Erfolg erzielen. Dieses Jahr sind wir professioneller aufgestellt und gehen deutlich stärker in den Wahlkampf, mit mehr Kandidierenden und Mitgliedern als je zuvor.»
Die letzten Jahre seien speziell gewesen, eine Krise habe die andere gejagt. Von Krisen-Müdigkeit mag Ryser aber nicht sprechen: «Wir zeigen den Menschen auf, dass all diese Krisen mit dem Klimawandel zusammenhängen und dass wir diese Themen angehen müssen.» Dass die Klima-Kleber den Grünen schaden, glaubt Ryser nicht: «Wir als Partei haben andere Wege. Doch die Blockaden zeigen, dass das Thema viele bewegt.»
«SVP wird viel Geld in Plakate investieren, wir gehen anderen Weg»
Die Grünen hätten in den letzten vier Jahren gezeigt, dass sie mobilisieren könnten. «Unsere Kernanliegen Klima, Umwelt und Energie verschwinden nicht einfach wieder und sie liegen den Menschen am Herzen. Bei der Abstimmung über das Klimaschutzgesetz haben 60 Prozent der Menschen gesagt, dass sie Lösungen wollen. Wir können diese liefern. Die nächsten vier Jahre sind entscheidend fürs Klima.»
Zum kommenden Wahlkampf sagt Ryser: «Die SVP wird viel Geld investieren, um die Schweiz mit Plakaten zuzupflastern. Wir gehen einen anderen Weg und wollen gemeinsam mit unseren Mitgliedern und Sympathisantinnen und Sympathisanten die Menschen direkt ansprechen und auf unsere grünen Lösungen aufmerksam machen.» Ob das gelingt, wird sich am 22. Oktober zeigen.
Die Umfrage
25'688 Personen aus der ganzen Schweiz haben am 10. und 11. Juli an der vierten Wahlumfrage von 20 Minuten und Tamedia im Vorfeld der eidgenössischen Wahlen vom 22. Oktober 2023 teilgenommen. Die Umfrage wurde in Zusammenarbeit mit LeeWas durchgeführt. LeeWas modelliert die Umfragedaten nach demografischen, geografischen und politischen Variablen. Der Fehlerbereich liegt bei 1,1 Prozentpunkten.
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