Schweizer Firma importiert kolumbianischen Kaffee per Segelschiff

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KolumbienZürcher bringen Kaffee per Segelschiff in die Schweiz

Die Dübendorfer Firma Atinkana produziert, verkauft und transportiert Kaffee so nachhaltig wie möglich. Dazu gehört auch der Transport per Segelschiff – inklusive tragischem Unfall.

«Entweder wir sind konsequent nachhaltig oder wir lassen es», sagt Corinne Koller. Die 36-jährige St. Gallerin leitet Atinkana.
Der Kaffee der eigenen Farm Atinkana wird in Permakultur in Kolumbien angebaut. Inzwischen bezieht Atinkana die Bohnen auch von anderen Farmen, die nachhaltig produzieren.
Rund 14 Tonnen Bohnen transportiert Atinkana jährlich per Segelschiff nach Europa.
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«Entweder wir sind konsequent nachhaltig oder wir lassen es», sagt Corinne Koller. Die 36-jährige St. Gallerin leitet Atinkana.

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Darum gehts

  • Das Dübendorfer Unternehmen Atinkana versucht, Kaffee so nachhaltig wie möglich zu produzieren, zu transportieren und zu verkaufen.

  • «Entweder wir sind konsequent nachhaltig oder wir lassen es», sagt Corinne Koller von Atinkana.

  • Der Kaffee wird nachhaltig in Kolumbien angebaut, via Segelschiff nach Europa transportiert und in nachhaltigen Verpackungen verkauft.

  • Pro Jahr bringt Atinkana so rund 14 Tonnen nachhaltig produzierten Kaffee in die Schweiz. Der Kaffee wird unter anderem im Coop verkauft.

Rund drei Tassen Kaffee trinken die Schweizerinnen und Schweizer durchschnittlich pro Tag. Doch nur wenige kennen die Pflanze, an der das schwarze Gold wächst: Rot-grüne Früchte, die in Büscheln an dunkelgrünen Sträuchern hängen. Die Bohne selbst ist im Gegensatz zum dunklen Kaffee ganz blass.

«Erschreckend», sagt Corinne Koller «Aber das wusste ich auch nicht». Heute weiss es die 36-jährige St. Gallerin besser: Sie leitet mit Atinkana eine Firma, die Kaffee von kolumbianischen Farmen in die Schweiz bringt – so nachhaltig wie möglich.

Farm in Kolumbien

Dass Atinkana heute tonnenweise Kaffee verkauft, hat sich einerseits so ergeben und ist andererseits minutiös geplant. Am Anfang dieser Geschichte stehen drei Menschen, die sich über Freunde kennengelernt haben: Neben Corinne Koller sind dies José Florez und André Defrancesco.

Florez kehrt nach seinem Biologiestudium in der Schweiz in seine Heimat Kolumbien zurück. Dort bietet sich ihm die Möglichkeit, Land in der Grösse von mehr als 200 Fussballfeldern zu übernehmen. Er ergreift die Chance und pflanzt neben Kaffee auch einige Bäume als Wiederaufforstungsprojekt. Eines Tages bekommt er Besuch von André Defrancesco, einem Freund aus der Schweiz. Was dieser auf der Farm sieht, gefällt ihm – aber lässt ihn auch mit Fragen zurück. Der Weltmarktpreis für Kaffee ist so niedrig wie schon lange nicht mehr. Florez kommt mit seiner Farm kaum über die Runden.

Per Segelschiff in die Schweiz

Die drei Freunde, die neben der Musik auch die Vision einer besseren Welt teilen, haben eine Idee: Warum nicht den kolumbianischen Kaffee in der Schweiz verkaufen? Ein halbes Jahr später werden in der Karibikstadt Santa Marta sieben Tonnen Kaffee auf ein Segelschiff verladen und Richtung Europa verschifft. Atinkana war geboren.

«Wir haben uns gesagt: Entweder wir sind konsequent nachhaltig oder wir lassen es», sagt Corinne Koller. Der Transport per Segelschiff statt Containerfrachter oder Flugzeug ist nur einer von vielen Schritten, um den Kaffee so nachhaltig wie möglich zu produzieren, zu transportieren und zu verkaufen.

Halb so teuer wie Kapselkaffee

Die Farm von José Florez betreibt Permakultur, wird nur natürlich über den Nebelwald bewässert und beherbergt 70'000 wieder aufgeforstete Bäume. Für den Kaffee wird ein Preis bezahlt, der doppelt so hoch ist wie der Fair-Trade-Mindestpreis. Der Verkauf in der Schweiz erfolgt in wiederverwertbaren Behältern oder in Beuteln aus nachwachsenden Rohstoffen. «Wir wollten den Kreislauf zu Ende denken», sagt Koller und erzählt von indigenen Völkern, die bei ihren Entscheidungen fünf Generationen in die Zukunft denken.

Die Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit kostet. Das Kilo Atinkana-Kaffee kostet im Coop mit 40 Franken doppelt so viel wie der Bio-Fairtrade-Kaffee der Migros, aber immer noch halb so viel wie Kapselkaffee. Wie der Kilopreis zustande kommt, listet Atinkana transparent auf ihrer Webseite auf: Acht Franken für die Bohnen, vier Franken für den Überseetransport, zehn Franken für die Produktion.

Der grösste Segelfrachter der Welt

Doch die Vision drohte zu scheitern: Azyklische Regenfälle führten 2023 in Kolumbien zu Ernteausfällen von bis zu 80 Prozent. Zudem ereignete sich ein Jahr später eine Tragödie auf dem Segelschiff, das 14 Tonnen des Kaffees in die Schweiz bringen sollte. Wenige Tage, nachdem das Schiff in Kolumbien abgelegt hatte, geriet es bei den Bahamas in einen Sturm und sank auf 2000 Meter Tiefe. Zwei der acht Besatzungsmitglieder starben. Atinkana stand vor der Frage: Was nun?

«Für uns war klar, wir werden den Kaffee nicht einfliegen oder in Containern transportieren», sagt Koller. Es mag Zufall sein, dass zu dieser Zeit ein neues Segelschiff die Route Kolumbien-Frankreich in Angriff nahm: Die Anemos von Towt. Mit 1000 Tonnen Ladekapazität, 55 Meter hohen Masten und 81 Metern Länge der grösste Segelfrachter der Welt. Mit einer Überfahrtszeit von rund drei Wochen war es zudem drei Monate schneller als die kleineren Schiffe, die Atinkana bisher nutzte. «Das ist eine echte Alternative zu Containerschiffen», sagt Koller.

Barista-Kurse für Interessierte

Lagerte das Team den Kaffee anfangs noch im Wohnzimmer von Mitgründer André Defrancesco, hat es heute ein eigenes Lokal in Dübendorf. Dort bietet es unter anderem Barista-Kurse an, bei denen sie ihren Prinzipien treu bleibt. «Es geht eher darum, den wahnsinnig langen Weg zu vermitteln, den der Kaffee zurücklegt», sagt Koller. «Und weniger darum, Latte-Art-Spezialist zu werden.»

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