Krankenkassen künden «überdurchschnittliche Prämienerhöhung» an

Aktualisiert

Gesundheitskosten steigen«Überdurchschnittliche Prämienerhöhung» bei Krankenkassen

Um 7,85 Prozent sind die Gesundheitskosten bis Mitte Jahr gestiegen. Verena Nold, Direktorin des Krankenkassenverbands Santésuisse sagt: «Das kann so nicht weitergehen». Die Prämien werden 2024 steigen. 

Santésuisse-Direktorin Verena Nold sagt: «Steigen die Kosten stark an, folgen deshalb in aller Regel auch starke Prämienerhöhungen. Leider wird das viele Versicherte hart treffen.»
Die Kosten für stationäre Spitalaufenthalte sind 2023 deutlich angestiegen. 
Wie hoch der Prämienschub für 2024 ausfällt, können die Kassen noch nicht im Detail sagen, warnen aber vor einem «überdurchschnittlichen» Anstieg. 
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Santésuisse-Direktorin Verena Nold sagt: «Steigen die Kosten stark an, folgen deshalb in aller Regel auch starke Prämienerhöhungen. Leider wird das viele Versicherte hart treffen.»

20min/Taddeo Cerletti

Darum gehts

  • Die Gesundheitskosten sind im ersten Halbjahr um 7,8 Prozent gestiegen, was zu höhere Prämien führen wird. 

  • Santésuisse-Chefin Verena Nold sagt: «Das kann so nicht weitergehen, sonst sind die Prämien für viele Menschen bald nicht mehr bezahlbar.»

  • Die Krankenkassen appellieren an den Bundesrat, die Medikamentenkosten zu senken. 

Frau Nold, die Kosten im Gesundheitswesen stiegen bis Mitte 2023 um 7,85 Prozent. Ist das etwa, was Sie erwartet haben?
Dass die Gesundheitskosten weiter steigen, war aufgrund der Zahlen für das erste Quartal 2023 offensichtlich. Normalerweise flacht der Kostenanstieg im zweiten Quartal dann aber eher ab – in diesem Jahr hat er nun sogar zugenommen. Das überrascht und besorgt mich sehr.

Die Kosten steigen also noch stärker als befürchtet. Können Sie schon eine Schätzung machen im Hinblick auf die Prämien für das Jahr 2024?
Angesichts der starken Kostenerhöhung kommen wir um eine überdurchschnittliche Prämienerhöhung leider nicht herum. Wie stark diese genau ausfällt, können wir im Moment noch nicht sagen. Verschärfend kommt hinzu, dass durch den politisch gewollten Reserveabbau in den letzten Jahren viele Krankenversicherer kaum mehr finanziellen Spielraum haben, um die Prämienerhöhungen zu dämpfen.

Lässt sich hier kurzfristig noch Schadensbegrenzung betreiben oder müssen wir uns auf eine happige Erhöhung einstellen?
Die Krankenversicherer dürfen langfristig weder Gewinn noch Verlust schreiben. Steigen die Kosten stark an, folgen deshalb in aller Regel auch starke Prämienerhöhungen. Leider wird das viele Versicherte hart treffen.

Wo sehen Sie die hauptsächlichen Ursachen für den rapiden Anstieg der Gesundheitskosten? Sind Spitäler, Apotheken oder Ärzte schuld?
Es zeigt sich, dass die Kosten für Medikamente, Spital- und Arztbehandlungen sowie für Spitex und Pflegeheime die Grundversicherung immer stärker belasten. So sind etwa die Medikamentenkosten auf über neun Milliarden Franken pro Jahr gestiegen. Erschreckend stark ist das Kostenwachstum im ersten Halbjahr 2023 aber auch bei der Physiotherapie mit 10,2 Prozent oder der delegierten, bzw. angeordneten Psychotherapie mit 38 Prozent. Das kann so nicht weitergehen, sonst sind die Prämien für viele Menschen bald nicht mehr bezahlbar.

Was muss sich ändern, dass die Entwicklung nicht ungebremst so weitergeht?
Alle Akteure im Gesundheitswesen sind gefordert, einen Beitrag zur Kostenstabilisierung zu leisten. Kurzfristig könnte zum Beispiel der Bundesrat auf einen Schlag Sparmassnahmen in der Höhe von 1,4 Milliarden Franken realisieren. Eine der Massnahmen betrifft die Senkung der hohen Medikamentenpreise in der Schweiz. Zudem verdienen Apotheken und Ärzte mehr, wenn sie teure Medikamente abgeben anstatt günstige, wie etwa Generika. Um das zu verhindern, müssen die Medikamentenmargen neu ausgestaltet werden. Aber auch die Kantone stehen in der Verantwortung, die Kosten zu stabilisieren. Denn sie bestimmen, wie viele Spitäler und Ärzte in ihrem Kanton tätig sind. Je höher die Spital- und Ärztedichte nämlich ist, desto mehr steigen die Kosten und Prämien.

Was unternehmen die Krankenkassen, um die Kosten und damit die Prämien in den Griff zu kriegen?
Die Krankenversicherer halten die Verwaltungskosten möglichst tief. Auch dank dem Wettbewerb unter den Kassen liegen sie nur bei rund fünf Prozent. Zudem sparen die Krankenversicherer durch die systematische Rechnungskontrolle mehr als drei Milliarden Franken pro Jahr und helfen so, das Prämienwachstum zu dämpfen.

Sind die Krankenkassenprämien zu hoch? 


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