Krypto-ExperteHerr Imbach, gibt es genügend Bitcoins für die grosse Nachfrage?
Die Bitcoin-ETFs seien wie ein Freihandelsabkommen zwischen Wallstreet und Kryptowelt, sagt Mathias Imbach, Mitgründer der Krypto-Bank Sygnum, im Interview.
Darum gehts
Der Bitcoin-Kurs hat den höchsten Stand seit Dezember 2021 erreicht.
Ob es überhaupt genug Bitcoins gibt, um die Nachfrage zu befriedigen, ist umstritten.
«Diese Frage ist hochspannend und wird emotional debattiert», sagt Mathias Imbach, Mitgründer der Schweizer Krypto-Bank Sygnum.
Die US-Börsenaufsicht SEC hat mehrere Bitcoin-ETFs genehmigt, nun hat die Kryptowährung erstmals seit über zwei Jahren wieder die Marke von 50'000 US-Dollar geknackt. Am 27. Februar lag der Kurs kurzzeitig über 57'000 Dollar. Wie geht es jetzt weiter? Mathias Imbach, Mitgründer der Schweizer Krypto-Bank Sygnum, nimmt Stellung.
Was sind Bitcoin-ETFs?
Ein Bitcoin-ETF ist ein Fonds, der die Kursentwicklung der Kryptowährung abbildet und mit Bitcoins hinterlegt ist. Anleger zahlen Geld ein, indem sie Anteilscheine kaufen, der Anbieter des ETFs kauft damit Bitcoins. Der Fonds wird direkt an der Börse gehandelt. Steigt der Bitcoin-Preis, erzielt man Gewinne, fällt der Preis, verliert man Geld.
«Eine Kursprognose mache ich nicht, aber es gibt aktuell auffällig viele positive Entwicklungen»

Mathias Imbach, Mitgründer und CEO der Schweizer Krypto-Bank Sygnum, stellt sich den Fragen der Redaktion.
SygnumDie US-Börsenaufsicht SEC hat Bitcoin-ETFs genehmigt und damit auch Ihr Geschäft legitimiert. Ist Ihnen ein Stein vom Herzen gefallen?
Wir freuen uns über den richtungsweisenden Entscheid in den USA, allerdings war unser Geschäft mit dem Erhalt der Schweizer Banklizenz im Jahr 2019 bereits ab dem ersten Tag unserer operativen Geschäftsaufnahme legitimiert. Die Kryptobranche wünscht sich regulatorische Klarheit. Diese ist in der Schweiz gegeben und manifestiert sich beispielsweise dadurch, dass Kryptowährungen bei Banken wie Sygnum ausserhalb der eigenen Bilanz gehalten werden. So können Fälle wie FTX verhindert werden.
Was bedeutet der ETF-Entscheid für die Branche?
Er ist wie ein Freihandelsabkommen zwischen der Wallstreet und der Kryptowelt und ermöglicht der breiten Masse einfachen Zugang zu Bitcoin. Google hat zudem kurz nach dem ETF-Entscheid seine Richtlinien geändert und ETF-Anbieter wie Blackrock dürfen ihre Kryptoprodukte nun auch über Google aktiv bewerben.
Nach dem ETF-Entscheid tauchte der Bitcoin-Kurs erstmal. Warum?
Diese Kursentwicklung kam nicht unerwartet. Ein Grund dafür ist, dass der US-Vermögensverwalter Grayscale nach dem Entscheid seinen Bitcoin Trust in einen ETF umgewandelt hat. Viele Anleger haben dabei Gewinne mitgenommen und ihre Bitcoins verkauft. Hohe Gebühren bei Grayscale verstärkten den Abverkauf zusätzlich.
Hältst du Bitcoins und Altcoins?
Gab es weitere Gründe für den Kursrückgang?
Ja, man spricht von «Buy the Rumor, Sell the News»: Vor dem Entscheid gab es einen Hype um den ETF, der den Kurs nach oben trieb – als es dann so weit war, waren viele vorsichtig und verkauften erst mal. Auch das im April anstehende Bitcoin-Halving dürfte beim Rückgang eine Rolle gespielt haben. Miner müssen in ihre Infrastruktur investieren, um nach dem Halving kompetitiv zu bleiben, und liquidierten hierzu unter anderem Bitcoin.
Können Sie erklären, was das Halving ist, sodass es alle verstehen?
Bitcoins werden durch sogenannte Miner «geschürft», wofür Rechenkapazität gebraucht wird. Als Belohnung erhalten Miner bis zum nächsten Halving 6,25 Bitcoins pro geschürften Block, danach nur noch 3,125 Bitcoins, also die Hälfte. Die Angebotsausweitung von Bitcoin verlangsamt sich und Miner müssen effizienter werden, um trotz tieferer Bitcoin-Belohnung ihre Infrastruktur weiterhin profitabel betreiben zu können.
Wie geht es denn nun mit Bitcoin weiter?
Eine Kursprognose mache ich nicht, aber es gibt aktuell auffällig viele positive Entwicklungen: die Zulassung der ETFs in den USA, das Halving-Narrativ, die global abflauende Inflation und damit verbundene mögliche Zinssenkungen. Zudem ist 2024 in vielen Ländern ein Wahljahr und Politiker neigen in diesen Jahren dazu, eher Geld auszugeben als zu sparen. Dies ist erfahrungsgemäss positiv für «Risk on»-Anlagen wie Bitcoin.
Was fragt Ihre Kundschaft eigentlich am stärksten nach?
Die Nachfrage nach Bitcoin und Ethereum ist am höchsten, ebenso der Stablecoin USDC und die Schnittstelle zu verschiedenen Fiat-Währungen. Generell lässt sich sagen, dass unsere Kundinnen und Kunden es schätzen, bei Sygnum alle Produkte und Dienstleistungen aus einer Hand zu erhalten: Wir verwahren und handeln ja nicht nur Kryptowährungen, sondern auch traditionelle Wertschriften, tokenisierte Vermögenswerte und eine Reihe von Asset-Management-Produkten.
Gibt es überhaupt genug Bitcoins, um die Nachfrage zu befriedigen?
Diese Frage ist hochspannend und wird emotional debattiert. Durch die Halvings wird die Angebotsausweitung verlangsamt, und wir wissen bereits jetzt, dass der letzte Bitcoin um das Jahr 2140 in den Umlauf kommen wird. Zudem sind rund 35 bis 40 Prozent aller Bitcoins in sogenannten «lost» oder «slow hands» und dürften in absehbarer Zeit nicht verkauft werden.
Im Umlauf sind rund 19,6 Millionen Bitcoins – so sind sie verteilt
Laut Sygnum sind aktuell rund 19,6 Millionen Bitcoins im Umlauf, bis circa 2140 kommen nur noch 1,4 Millionen dazu. 35 bis 40 Prozent der ausgegebenen Bitcoins sind in «lost» oder «slow hands». In «lost hands» sind die rund drei bis sechs Millionen Bitcoins, von denen man davon ausgeht, dass sie verloren gegangen sind. Rund 2,3 Millionen Bitcoins sind in «slow hands» und dürften in absehbarer Zeit nicht verkauft werden. Börsenkotierte Firmen wie Microstrategy halten aktuell rund 274‘000 Bitcoins, privat gehaltene Unternehmen wie Mt. Gox oder Tether rund 486‘000 Bitcoins. Etwa 566‘000 Bitcoins halten Regierungen wie die USA, China oder England. Bitcoin-Fonds und -ETFs gehören rund 800‘000 Bitcoins. Etwa 160‘000 Bitcoins stecken in Defi-Applikationen.
Also deutet alles darauf hin, dass der Bitcoin-Kurs weiter steigen wird.
Die zukünftige Preisentwicklung von Bitcoin kann nicht vorhergesagt werden. Bitcoin untersteht wie jedes Asset den Regeln der Märkte, Angebot und Nachfrage bestimmen den Kurs. Es kann auch jederzeit wieder runtergehen, so wie das zum Beispiel nach dem FTX-Kollaps im November 2022 der Fall war. Wenn man sich für Bitcoin interessiert, hat es sich bewährt, Ruhe zu bewahren und langfristig zu investieren. Auch dafür gibts einen Satz, der sich regelmässig wieder bewahrheitet: «Time in the market beats timing the market.»
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