Schweizer Gen Z: Luxusparfüm wird zum neuen Statussymbol

Nils (20) und Jan (23) sind in der Parfümerie Osswald auf der Suche nach einem neuen Duft. Auslöser für das Interesse war für Jan seine Freundin, die auf Tiktok Empfehlungen für Parfüms bekam.

Nils (20) und Jan (23) sind in der Parfümerie Osswald auf der Suche nach einem neuen Duft. Auslöser für das Interesse war für Jan seine Freundin, die auf Tiktok Empfehlungen für Parfüms bekam.

20min/Marco Zangger
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Hunderte Franken«Das riecht brutal»: Junge Männer stürmen Luxus-Parfümerien

In Schweizer Städten drängt sich die Gen Z in Luxusparfümerien – statt für exklusive Sneakers zahlen junge Männer mehrere Hundert Franken für Luxusparfüms. Wir haben mit Duft-Fans gesprochen.

Für junge Männer scheint Luxusparfüm heute zunehmend das zu sein, was früher teure Sneakers waren. Mehrere Hundert Franken soll die Gen Z, oft noch in der Schule und ohne eigenes Einkommen, für einen Duft ausgeben. Auch in der Schweiz ist das Phänomen angekommen (20 Minuten hat berichtet). Wir wollen uns die Parfüm-Aficionados in ihrer favorisierten Umgebung genauer anschauen. Lange suchen müssen wir dafür nicht …

Wie viel hat dein teuerstes Parfüm gekostet?

In Luxusparfümerien tummeln sich junge Duftfans

An einem sonnigen Samstagnachmittag schlängeln wir uns durch die Zürcher Innenstadt. Es ist rappelvoll. Und da, wo wir hinwollen, wird es nicht besser: Die Kultparfümerie Osswald am Paradeplatz ist zwischenzeitlich so gut besucht, dass Leute vor der Tür warten müssen.

In der Parfümerie Osswald wird es am Wochenende so voll, dass Leute vor der Tür warten müssen, bis andere gehen.

In der Parfümerie Osswald wird es am Wochenende so voll, dass Leute vor der Tür warten müssen, bis andere gehen.

20min/Marco Zangger

«Wir versuchen nur so viele Personen hereinzulassen, wie wir auch beraten können», erklärt uns Birgit Salow, Verkaufsberaterin und Schulungsleiterin bei Osswald. In letzter Zeit hat sich stark verändert, wer ihre Beratung in Anspruch nimmt. An Wochenenden gehört ein Grossteil der Besucher der Luxusparfümerie der Gen Z an, viele sind gar unter 20 – und männlich. «In den letzten zwei, drei Jahren merken wir einen extremen Anstieg bei jungen Männern. Sie sind gut informiert und wissen genau, wonach sie suchen.»

Lukas (21) möchte mehrere Düfte probieren. Sein erstes Testobjekt: Pomelo Sorrento von Gritti.

Lukas (21) möchte mehrere Düfte probieren. Sein erstes Testobjekt: Pomelo Sorrento von Gritti.

20min/Marco Zangger

Lukas (21) hat eine ganze Liste von Düften im Kopf, die er probieren will. Ganz zuoberst: Pomelo Sorrento von Gritti. Kostenpunkt: 214 Franken. «Ich interessiere mich so seit zwei Jahren für die Duftwelt, mit Nischenparfüms fange ich aber gerade erst an», erzählt er uns. Er ist mit seiner Freundin unterwegs. «Naja», meint diese. «Er hat schon jetzt 15 Parfüms, ich habe zwei.»

Verschiedene Düfte austesten, sich gegenseitig beraten und austauschen: So verbringen viele junge Duftfans ihre Wochenenden.

Verschiedene Düfte austesten, sich gegenseitig beraten und austauschen: So verbringen viele junge Duftfans ihre Wochenenden.

20min/Marco Zangger

Mit seiner Leidenschaft ist Lukas nicht allein. Viele Duftfans sind in Gruppen zu viert oder fünft unterwegs, tauschen untereinander Tester und Meinungen aus und beraten einander. Der jüngste Besucher, den wir antreffen, ist gerade mal 13. «Ich beschäftige mich schon seit einem halben Jahr mit Parfüms und habe acht Düfte», erzählt er uns. Die Parfümerie scheint heute das zu sein, was früher der Bolzplatz war – ein beliebter Treffpunkt am Wochenende.

«Luxusuhren kann ich mir weniger leisten»

Düfte für 200 bis 400 Franken sind eher Regel als Ausnahme. Gesucht werden Unisex-Nischendüfte und aufstrebende Marken. «Oud Satin Mood von Maison Francis Kurkdjian riecht brutal», berichtet etwa Arlon (17), der durch seinen Vater sein Interesse an Parfüms entdeckte. «Ihm war schon immer wichtig, gut zu duften. Jetzt kann ich es nachvollziehen.» Das teuerste Parfüm in der Sammlung des Teenagers kostet 460 Franken und kommt von Louis Vuitton.

Tudor leistet sich an Anlässen wie seinem Geburtstag auch mal ein Parfüm für mehrere Hundert Franken.

Tudor leistet sich an Anlässen wie seinem Geburtstag auch mal ein Parfüm für mehrere Hundert Franken.

20min/Marco Zangger

Auch der Duft Naxos von Xerjoff wird bei Gesprächen mehrfach als Favorit genannt. Unter anderem bei Tudor (18), der sich seit drei Jahren für Parfüms interessiert. Angefangen habe es mit günstigen Düften in Drogerien. «Jetzt gebe ich an einem besonderen Anlass, etwa an meinem Geburtstag, auch mal mehrere 100 Franken aus.» Wir wollen wissen, ob es früher Sneakers oder Taschen waren, für die er sich interessierte. «Eigentlich nicht. Ich meine… Ich finde auch Luxusuhren spannend, aber die kann ich mir weniger leisten als ein spezielles Parfüm.»

«Ich will nicht wie jeder Zweite riechen»

Zachery (links) und Aryen gehen an ihrem letzten Tag ihrer Schweiz-Reise auf die Jagd nach einem neuen Duft.

Zachery (links) und Aryen gehen an ihrem letzten Tag ihrer Schweiz-Reise auf die Jagd nach einem neuen Duft.

20min/Marco Zangger

Das Herz von Aryen (17) und Zachery (17) schlug vor Parfüm für Autos. Die Jugendlichen aus Dallas, Texas sind zu Besuch in der Schweiz und machen sich am letzten Tag ihrer Reise auf die Suche nach einer Ergänzung für ihre Parfümsammlung. «Tiktok spielt da schon eine grosse Rolle.» Auch Jan (23, Foto oben) berichtet von #Perfumetok: «Meine Freundin bekommt bei Tiktok Vorschläge und hat so mein Interesse geweckt.»

In einem Jahr hat sich Valentino eine Duft-Sammlung mit 25 Flakons zugelegt. Chiara meint dazu: «Du bist besessen von Parfüm.»

In einem Jahr hat sich Valentino eine Duft-Sammlung mit 25 Flakons zugelegt. Chiara meint dazu: «Du bist besessen von Parfüm.»

20min/Marco Zangger

Nebst Tiktok verlassen sich viele Parfümfans auf Empfehlungen ihrer Kollegen, Geschwister oder der Freundin. Oder sie geben selbst welche: «In der Schule sind wir bekannt als Parfüm-Experten und geben unseren Freunden Tipps», so Cyril (16) und Valentino (17), die mit Chiara (16) unterwegs sind. Valentino hat in einem Jahr 25 Düfte angesammelt. «Früher war mir Parfüm total egal. Aber mein Vater und mein Onkel interessieren sich für Parfüm, dann auch mein Kollege. Jetzt checke ich, wie cool es ist, einen speziellen Duft zu haben und nicht wie jeder Zweite zu riechen.»

Jan (links) und Viktor sind durch ältere Geschwister und Kollegen animiert worden, sich mehr mit Parfüm zu beschäftigen.

Jan (links) und Viktor sind durch ältere Geschwister und Kollegen animiert worden, sich mehr mit Parfüm zu beschäftigen.

20min/Marco Zangger

Bei Jan und Viktor (beide 16) waren es ältere Geschwister und Kollegen, die Parfüm für sich entdeckt haben – und die zwei animierten, sich selbst mehr mit dem Thema zu befassen. «Jetzt probieren wir hier ein paar Düfte aus und schauen, ob wir etwas finden.» Die beiden wollen etwas abseits vom Mainstream ausprobieren, erzählen sie. Die Parfümerie ist für viele junge Männer längst mehr als nur ein Ort zum Einkaufen. Sie ist ein Raum, an dem man sich von anderen abheben will – und vielleicht der neue soziale Treffpunkt einer Generation, die lieber an Düften schnuppert, als Bälle zu kicken.

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