MännerbildSigma Male: Warum sich junge Männer als einsame Wölfe sehen
Der Sigma Male gilt als der stille Einzelgänger, der auf soziale Normen pfeift. Besonders junge Männer fühlen sich von diesem Bild angezogen.
Darum gehts
Der Sigma Male gilt als Einzelgänger, der sich von sozialen Normen distanziert.
Dieses Männlichkeitsbild wird als Alternative zum Alpha Male gesehen, wobei Sigma Males ihre Stärke in Unabhängigkeit und Selbstgenügsamkeit betonen.
Männerpsychologe Markus Theunert kritisiert dieses Rollenbild, da es junge Männer in stereotype Erwartungen drängt und ihre individuelle Entfaltung behindert.
In den letzten Jahren hat sich ein neues Männerbild in den sozialen Medien etabliert: der Sigma Male. Diese Männer sehen sich selbst als «einsame Wölfe», die sich bewusst von gesellschaftlichen Normen und Hierarchien distanzieren. Sie behaupten, durch ihre Unabhängigkeit und Intelligenz überlegen zu sein – insbesondere gegenüber den sogenannten «Alpha Males».
Während der Alpha Male als Anführer gesehen wird, der durch Dominanz in sozialen Gruppen Anerkennung findet, stellt der Sigma Male das genaue Gegenteil dar: Sigma Males sind introvertiert, aber angeblich ebenso «mächtig» wie Alphas – nur, dass sie ihre Stärke im Verborgenen ausspielen. Sie streben nicht nach Macht innerhalb sozialer Strukturen, sondern betonen ihre Selbstgenügsamkeit und Unabhängigkeit. Diese Männer stellen sich als extrem selbstständig dar. Die Meinung der Gesellschaft oder anderer Menschen sind ihnen egal. «Es ist der Lone Wolf, der auf Partys in der Ecke steht und sich nicht um die Bestätigung von Anderen schert. Mysteriös, schweigsam und intellektuell überlegen», wie der «Stern» den Sigma-Typen beschreibt.
Auf Tiktok verbreiten sich Videos zum Thema, welches die Eigenschaften des Sigma Male aufzählt:
Das Konzept des Sigma Male zieht besonders junge Männer an – für sie repräsentiert dieser eine vermeintliche Alternative zum Alpha Male: jemand, der Erfolg hat, ohne sich den sozialen Normen unterzuordnen.
Manosphere
In der «Manosphere» herrscht eine Hierarchie von Männlichkeit, die stark auf beruflichen und sexuellen Erfolg basiert. An der Spitze steht der Alpha Male – ein hypermaskuliner Anführer, wie man ihn aus Filmen kennt: stark, dominant und begehrt von Frauen. Männer, die all diese Eigenschaften haben, gelten als «Alphas». Frauen wollen sie, und andere Männer wollen so sein wie sie, heisst es.
Unterhalb der Alphas gibt es die Beta-Males, die in rechten Blogs der 2000er-Jahre als unterwürfige Männer dargestellt wurden. Am unteren Ende der Hierarchie stehen die Omega-Männer, zu denen auch sogenannte Incels gehören, also Männer, die unfreiwillig ohne sexuelle Beziehungen leben. Diese Hierarchie setzt Männlichkeit gleich mit äusserem Erfolg, Führungskraft und gutem Aussehen.
Männerpsychologe kritisiert den Sigma-Male-Trend
Laut Männerpsychologe Markus Theunert stehen junge Männer unter Druck, in eine Rolle zu passen, die ihnen oft gar nicht gerecht wird: «Auf den ersten Blick suggerieren Sigma Males ein Bild der Selbstbestimmung und Unabhängigkeit. Männlichkeit wird dabei so dargestellt, als wäre es etwas Gegebenes und Erstrebenswertes.» Es werde so getan, als müsse jeder Mann einem bestimmten Ideal folgen – stark, unnahbar, emotionslos.

Markus Theunert sagt: «Es gibt keine natur- oder gottgegebene Männlichkeit.»
ZVG / Markus TheunertDoch: «Es gibt keine natur- oder gottgegebene Männlichkeit.» Jede Form von Männlichkeit sei gesellschaftlich konstruiert. Diese «Folien» böten zwar Orientierung, schränkten aber auch massiv ein. Männer würden so in ein Korsett gezwängt, das ihre individuelle Entfaltung behindere.
Deshalb folgen junge Männer solchen Rollenbildern
«Mannsein ist für viele Buben phantomhaft: Sie begegnen im Alltag selten männlichen Bezugspersonen. Väter sind oft abwesend oder arbeiten viel, während in der Kita und Schule fast ausschliesslich Frauen das Bild prägen.» Deshalb füllen viele junge Männer mit virtuellen Vorbildern, die sie in den sozialen Medien sehen, die Lücke. Das Problem: «Diese Vorbilder sind nicht real und oft völlig überhöht.»
Was hältst du vom Sigma-Male-Konzept?
Die gesellschaftliche Erwartungshaltung gegenüber Jungs und Männern sei generell ein Problem. Die Botschaften, die Jungs vermittelt würden, seien widersprüchlich. In der Schule werde von ihnen erwartet, brav und angepasst zu sein. In Jungengruppen dagegen zählten Stärke und Durchsetzungsvermögen. «Wir lassen junge Männer in dieser Konfusion allein», sagt Theunert. Der Männerpsychologe warnt, dass die zunehmende Radikalisierung junger Männer eng damit zusammenhänge, wie Männlichkeit in der Gesellschaft als toxisch problematisiert werde, ohne ihnen Alternativen zu bieten.
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