14 MassnahmenLohnschutz: So will Guy Parmelin das Volk für EU-Deal gewinnen
Der Bundesrat und Sozialpartner haben sich auf Lohnschutzmassnahmen zum Vertragswerk mit der EU verständigt: Damit gehen die EU-Verträge in die nächste Runde.
Darum gehts
Im Dezember 2024 hatte der Bundesrat den materiellen Abschluss der Verhandlungen mit der EU verkündet.
Damals hiess es, dass die Zielsetzungen des Verhandlungsmandats erreicht wurden – auch beim Lohnschutz.
Trotzdem war schnell klar, dass zur Gewährleistung des Lohnschutzes flankierende Massnahmen im Inland nötig sind.
Jetzt haben sich Sozialpartner und Bundesrat auf 14 Massnahmen verständigt: Damit nimmt das Vertragspaket mit der EU die nächste Hürde.
Noch sind weder Lohnschutz-Massnahmen noch EU-Verträge in trockenen Tüchern: Parlament, Volk und Stände haben das letzte Wort.
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Das Wichtigste in Kürze: Der Bundesrat präsentiert flankierende Lohnschutzmassnahmen zum EU-Vertrag
Im Dezember 2024 hatte der Bundesrat materiell die Verhandlungen mit der Europäischen Union abgeschlossen. Um das Vertragswerk im Inland abzusichern, war aber klar, dass zur Gewährleistung des Lohnschutzes flankierende Massnahmen im Inland beschlossen werden müssen: Ohne linke Unterstützung ist das EU-Vertragswerk an der Urne kaum mehrheitsfähig.

Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat am Freitag verkündet: Sozialpartner, Kantone und Bund haben sich bei den flankierenden Lohnschutz-Massnahmen geeinigt. (Archivbild)
20min/Marco ZanggerEntsprechend haben Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbände unter der Anleitung von Seco-Vorsteherin Helene Budliger Artieda und Wirtschaftsminister Guy Parmelin gemeinsam 13 Massnahmen ausgearbeitet, um das Lohnschutzniveau in der Schweiz sicherzustellen: Beispielsweise sollen die Schweizer Spesenregelungen gesetzlich fixiert und die Gesamtarbeitsverträge abgesichert werden, wie der Bundesrat bereits im Februar mitgeteilt hatte.
14 Massnahmen sollen Lohnschutz sicherstellen
Mittlerweile haben Sozialpartner, Kantone und Bundesrat diese Massnahmen konkretisiert. Überdies hat der Bundesrat eine 14. Massnahme beschlossen, die dem Gesamtpaket angefügt werden soll: Gewählte Arbeitnehmer-Vertreter sollen besser vor Kündigungen geschützt werden.

Unter der Leitung von Seco-Chefin Helene Budliger Artieda haben sich die Sozialpartner auf 13 Lohnschutzmassnahmen verständigt, der Bundesrat hat dem Paket eine 14. Massnahme angefügt. (Archivbild)
20min/Stefan LanzInsgesamt sei so ein Gesamtpaket geschnürt worden, welches für alle Beteiligten einen akzeptablen Kompromiss darstelle, erklärte Staatssekretärin Budliger: «Am Schluss ist es uns gelungen, ein Paket zu schmieden, das alle Partner glücklich und in etwa gleichem Ausmass unglücklich macht.»
Inhalt der EU-Verträge wird im Sommer präsentiert
Mit der Einigung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern gehen die Verhandlungen mit der EU in die nächste Runde: Als Nächstes wird das Vertragswerk in die Landessprachen übersetzt – kurz vor der Sommerpause möchte der Bundesrat den Inhalt der Verträge der Öffentlichkeit präsentieren.

Die SVP unter Parteipräsident Marcel Dettling wird sowohl die flankierenden Lohnschutzmassnahmen als auch das Vertragswerk mit der EU bis aufs Äusserste bekämpfen. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherNoch sind aber weder EU-Vertragswerk noch Lohnschutzmassnahmen in trockenen Tüchern: Parlament, Volk und Stände haben das letzte Wort. Die Linken im Parlament dürften zwar mit den flankierenden Massnahmen auch das EU-Vertragswerk unterstützen, die SVP wird aber beides bis aufs Äusserste bekämpfen. Auch die Arbeitgeber haben bereits angedeutet, dass man die Massnahmen wohl nur zähneknirschend zur Kenntnis nehme.
Entscheiden sich die eidgenössischen Räte aber für einen Kompromiss beim Lohnschutz, dürfte die Unterstützung der Linken bröckeln, wie die SP in einer Medienmitteilung klarmacht: «Das Lohnschutzpaket ist eine Minimallösung, die keine Abweichung nach unten zulässt. Die SP wird das Gesamtpaket an einem klaren Massstab messen: Es muss das Leben der Menschen beidseits der Grenzen verbessern.»
Ein Paket, das alle Sozialpartner glücklich und in gleichem Ausmass unglücklich macht
Staatssekretärin Budliger betont die Schwierigkeit der Verhandlungen zwischen Arbeitgeber-, Gewerbeverband auf der einen und Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse auf der anderen Seite.
«Am Schluss ist es uns gelungen, ein Paket zu schmieden, das alle Partner glücklich und in etwa gleichem Ausmass unglücklich macht», beschreibt die Staatssekretärin den Kompromiss. «Jetzt müssen wir diese 14 Massnahmen von allen vier Partnern absichern lassen.»
So habe insbesondere die 14. Massnahme – also der Kündigungsschutz für Arbeitgeber-Vertretungen – für die Arbeitgeberseite ein Stein des Anstosses dargestellt.
Am Ende haben sie dem Kompromiss aber wohl zähneknirschend zugestimmt: Wohl auch, weil sie wissen, dass das Vertragswerk ohne linke Unterstützung an der Urne chancenlos wäre.
Auch Arbeitgeber glücklich über Deal
Nach den Gewerkschaften zeigen sich auch die Arbeitgeber zufrieden. «Wir begrüssen diese sozialpartnerschaftliche Lösung als Gewinn für Arbeitnehmer wie Arbeitgeber», teilt der Schweizerische Arbeitgeberverband mit. Keine Verständigung habe es hinsichtlich eines verbesserten Kündigungsschutzes für gewählte Arbeitnehmervertreterinnen und -vertreter gegeben. Diese 14. Massnahme müsse noch vertieft geprüft werden.
SP und Grüne zeigen sich zufrieden
Zufrieden zeigen sich die Grünen. Man sei «sehr erfreut, dass sich die Sozialpartner auf Massnahmen zur Sicherung des Schweizer Lohnschutzes geeinigt haben». Damit sei ein wichtiger Stolperstein aus dem Weg geräumt. «Gute und enge Beziehungen zur EU liegen im strategischen Interesse der Schweiz», sagt Parteipräsidentin Lisa Mazzone. Und Cédric Wermuth, Co-Präsident der SP Schweiz, sagt: «Mit den heute präsentierten Massnahmen zur Wahrung des Lohnschutzes in der Schweiz ist ein wichtiger Grundstein für eine Stabilisierung der bilateralen Beziehungen mit der EU gelegt. Jetzt müssen alle konstruktiven europapolitischen Kräfte rasch und entschlossen voranschreiten.»
Die Rolle von SVP-Bundesrat Parmelin
Das Mandat des Bundesrats sei eindeutig, erklärt Parmelin. Auch deshalb habe er sich mit vollem Engagement für die vorliegende Lösung eingesetzt.
Dies ist vor allem mit Blick auf den Widerstand vonseiten der SVP bemerkenswert: Der SVP-Wirtschaftsminister scheint seiner Staatssekretärin viel Freiraum eingeräumt und den Auftrag des Bundesrats gewissenhaft umgesetzt zu haben – wohl auch entgegen seinen eigenen Überzeugungen.
Künftiger Zeitplan
«Nicht alle 14 Massnahmen brauchen eine Gesetzesanpassung», erklärt Staatssekretärin Budliger Artieda. Entsprechend sei es schwer abschätzbar, wie lange die Vernehmlassung und Parlamentsdebatten dauern werden.
Noch ist nichts entschieden
Noch könne nicht sichergestellt werden, dass die Massnahmen uneingeschränkt vom Parlament abgesegnet werden, betont Parmelin als Antwort auf eine Journalistenfrage: «Fragen Sie mich nach der Vernehmlassung und der Parlamentsdebatte wieder. Dann werden wir sehen, ob sich alle Beteiligten einig wurden.»
Gewerkschaften: Finger weg von diesem Paket
Die Gewerkschaft Unia hat noch während der Medienkonferenz über das Lohnschutz-Paket über ihre Position informiert. «Es braucht dieses Paket, um reale Rückschritte beim Lohnschutz im Abkommen mit der EU zu kompensieren», so die Unia. Das Parlament dürfe daran auf keinen Fall rütteln. Nur mit dem Paket gebe es eine «reale Chance, dass die Sozialpartner den ausgehandelten Vertrag mit den innenpolitischen Lohnschutzmassnahmen unterstützen». Der Schweizerische Gewerkschaftsbund äusserte sich ähnlich.
«Keine wesentlichen neuen Belastungen für Schweizer Firmen»
Diese Massnahmen seien «gezielt» auf diejenigen Bereiche ausgerichtet, in denen Handlungsbedarf zur Sicherung des Lohnschutzniveaus bestehe. Als Mediator diente auch der frühere FDP-Präsident Franz Steinegger, erklärt Parmelin.

Der frühere FDP-Chef Franz Steinegger vermittelte zwischen den verschiedenen Parteien.
Moritz HagerIn erster Linie richteten sich die Massnahmen an Entsendebetriebe aus dem EU-Raum. «Soweit sie sich auch an Schweizer Unternehmen richten, bauen sie auf dem Bestehenden auf und schaffen keine wesentlichen neuen Belastungen für Schweizer Firmen», erklärt der Parmelin. Der flexible Arbeitsmarkt werde durch die Massnahmen nicht eingeschränkt.
Besserer Kündigungsschutz für Arbeitnehmer-Vertreter
Der Bundesrat möchte als 14. Vorschlage einen besseren Kündigungsschutz für gewählte Arbeitnehmer-Vertretungen. Diese sollen besser vor Kündigungen geschützt werden: Die Entschädigung im Falle einer missbräuchlichen Kündigung soll von heute sechs auf zehn Monatslöhne erhöht werden.
Die Medienkonferenz beginnt
Trotz der vorhergehenden Medienkonferenz mit Bundesrat Beat Jans beginnen Wirtschaftsminister Guy Parmelin und Staatssekretärin Helene Budliger Artieda die Medienkonferenz pünktlich.
Mit dem Paket von 14 Massnahmen solle der Lohnschutz in der Schweiz sichergestellt werden. Seit Februar habe man die Massnahmen aus den Verhandlungen mit den Sozialpartnern konkretisiert und der Bundesrat schlage eine zusätzliche 14. Massnahme vor.
Die Verhandlungen mit der EU nehmen die nächste Hürde
Nach knapp 200 Treffen von Diplomaten hat der Bundesrat die Verhandlungen mit der Europäischen Union im Dezember 2024 materiell abgeschlossen. Damals hatte die Landesregierung verkündet, dass die Zielsetzungen des Verhandlungsmandats vollumfänglich erreicht wurden – auch beim Lohnschutz.

Bundesräte Beat Jans, Guy Parmelin und Ignazio Cassis im Dezember bei der Präsentation des Resultates der Verhandlungen mit der Europäischen Union. (Archivbild)
20min/Marco ZanggerTrotzdem waren sich Bundesrat, Sozialpartner und Kantone einig, dass zur Gewährleistung des Lohnschutzes flankierende Massnahmen im Inland beschlossen werden müssen: Eine Einigung war dringend nötig – ohne die Unterstützung der Linken und Gewerkschaften wäre das EU-Vertragswerk kaum mehrheitsfähig.
Jetzt haben Sozialpartner und Bundesrat die geforderten Lohnschutzmassnahmen konkretisiert: Insgesamt 14 Massnahmen sollen das Lohnschutzniveau sicherstellen, 13 davon stammen von den Sozialpartnern, die 14. Massnahme schlägt der Bundesrat vor.
Sozialpartner verhandelten über Lohnschutz
Arbeitgeber- und Gewerbeverband, Gewerkschaftsbund und Travail.Suisse hatten in mehr als 60 Gesprächsstunden mit Bund und Kantonen um Lösungen gerungen: Im Februar verkündete Wirtschaftsminister Guy Parmelin den Abschluss der Lohnschutz-Verhandlungen und präsentierte eine breite Palette von 13 flankierenden Massnahmen.

Unter der Leitung von Seco-Chefin Helene Budliger Artieda haben sich die Sozialpartner auf 13 Lohnschutzmassnahmen verständigt. (Archivbild)
20min/Stefan LanzBeispielsweise sollen die Schweizer Spesenregelungen gesetzlich fixiert und die Gesamtarbeitsverträge abgesichert werden.
Neben der Konkretisierung schlägt der Bundesrat jetzt eine 14. Massnahme vor: Gewählte Arbeitnehmer-Vertreter sollen besser vor Kündigungen geschützt werden.
Weder Lohnschutz noch EU-Verträge in trockenen Tüchern
Jetzt gehen die Verhandlungen offiziell in die nächste Runde: Mit der Einigung zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern ist auch der formelle Abschluss der Verhandlungen erreicht. Als Nächstes wird das Vertragswerk in die Landessprachen übersetzt – kurz vor der Sommerpause möchte der Bundesrat den Inhalt der Verträge der Öffentlichkeit präsentieren.
Noch sind aber weder EU-Vertragswerk noch Lohnschutzmassnahmen in trockenen Tüchern: Die Linken im Parlament dürften zwar mit den flankierenden Massnahmen auch das EU-Vertragswerk unterstützen, die SVP wird aber beides bis aufs Äusserste bekämpfen.

Die SVP unter Parteipräsident Marcel Dettling wird sowohl die flankierenden Lohnschutzmassnahmen als auch das Vertragswerk mit der EU bis aufs Äusserste bekämpfen. (Archivbild)
20min/Matthias SpicherEntscheiden sich die eidgenössischen Räte für einen Kompromiss beim Lohnschutz, dürfte auch die Unterstützung der Linken bröckeln, wie SP-Co-Parteipräsidentin Mattea Meyer im Interview mit «Blick» erklärte: Die Massnahmen der Sozialpartner seien das absolute Minimum, bei allfälligen Abstrichen dürfte es «heikel» werden, so die Zürcherin.