Masernfälle Schweiz: Steigende Zahlen der gefährlichen Krankheit

Publiziert

Nicht nur Zürich14 Masernfälle in sechs Kantonen – das solltest du wissen

Die Masern gelten als in der Schweiz eliminiert. Es gibt keine endemische Masernzirkulation. Doch immer wieder treten hierzulande Fälle auf. Tendenz: steigend.

Masern zählen zu den ansteckendsten Krankheitserregern, mit denen sich ein Mensch infizieren kann.
Zwar hat die Weltgesundheitsorganisation WHO die Masern in der Schweiz 2019 als eliminiert erklärt, ...
... doch Einzelfälle kommen nach wie vor immer wieder vor. Das zeigt auch der im Januar bekannt gewordene Fall am Polizei- und Justizzentrum Zürich.
1 / 13

Masern zählen zu den ansteckendsten Krankheitserregern, mit denen sich ein Mensch infizieren kann.

Wikimedia Commons/CDC/NIP/Barbara Rice/PD

Darum gehts

  • Im Januar 2025 wurde im Polizei- und Justizzentrum Zürich ein Masernfall gemeldet.

  • Es ist nicht der einzige: Seit Anfang des Jahres wurden insgesamt 14 Fälle in sechs Kantonen registriert.

  • Masern sind extrem ansteckend und können schwere Komplikationen verursachen.

  • Die Impfung schützt fast vollständig vor schweren Verläufen und Todesfällen.

  • Fachleute empfehlen die Impfung für alle mit unvollständigem Schutz.

  • Die Angst, die Masern-Impfung könne Autismus auslösen, ist unbegründet. Sie geht auf eine mittlerweile zurückgezogene, «grundfalsche» Studie zurück.

Der Masernfall im Polizei- und Justizzentrum Zürich PJZ im Januar 2025 zeigt, dass es die Masern immer noch gibt. Zumal es in diesem Jahr bereits weitere Fälle gab: Seit Anfang 2025 sind dem Bundesamt für Gesundheit (BAG) insgesamt 14 Fälle gemeldet worden (Stand: 27. Januar 2025, zwei der unter «wöchentliche Fallzahlen» gemeldeten 16 Fälle wurden mittlerweile durch Labortests widerlegt, wie das BAG auf Anfrage von 20 Minuten erklärte). Keiner davon steht mit der Infektion bei der Zürcher Polizei in Verbindung. «Nach dem Masernfall im PJZ wurden umgehend Massnahmen ergriffen. Seither sind keine weiteren Ansteckungen gemeldet worden», sagte Isabelle van Beek, Sprecherin vom Amt für Gesundheit.

Was ist über die Masernfälle bekannt?

Die 14 Fälle wurden in sechs Kantonen registriert, so BAG-Sprecher Simon Ming. In Bern, Neuenburg, Schaffhausen, Schwyz, Thurgau und Zürich. «Gemäss den Angaben, die uns vorliegen, handelt es sich bei elf der 14 importierten Fälle um ungeimpfte Kinder und Jugendliche, die nach den Weihnachtsferien gemeldet wurden», so Ming. Jeder Masernfall werde einzeln bewertet, «und die notwendigen Massnahmen werden in kurzer Zeit umgesetzt.» Am PJZ heisst das: Nicht immune Kontaktpersonen müssen 21 Tage lang eine leichte Quarantäne einhalten. Entsprechend dürfen sie keinen Kontakt zu ungeschützten Personen haben und keine Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten oder Schulen besuchen.

Warum braucht es Massnahmen?

Masern gelten als eine der ansteckendsten Krankheiten überhaupt. Wer nicht geimpft ist, hat ein sehr grosses Risiko, sich zu infizieren und zu erkranken. Schon ein Nieser eines Infizierten reicht aus, um sich anzustecken, genauso wie das Berühren von kontaminierten Oberflächen. Erkrankte sind auch dann schon ansteckend, wenn sie noch nicht den typischen Hautausschlag entwickelt haben.

Eine Frau mit dem typischen Hautausschlag bei Masern.

Eine Frau mit dem typischen Hautausschlag bei Masern.

Wikimedia Commons/Wellcome Library, London. Wellcome Images/CC BY 4.0

Sind Masern nicht eine Kinderkrankheit?

Manche Menschen führen ins Feld, dass eine Masernerkrankung für ein Kind einen wichtigen Teil des Erwachsenwerdens darstelle. Doch es können ungeschützte Menschen jeden Alters erkranken. Insbesondere bei Erwachsenen kann es zu heftigen Verläufen kommen. «Schwere Komplikationen sind häufig», so Ming. Bei einem von 1000 Fällen komme es zu einer Hirnhautentzündung. Bei zehn bis 60 von 1000 Fällen entwickeln die Betroffenen eine Lungen- oder eine Mittelohrentzündung. Auch tödliche Ausgänge seien möglich. Eine Therapie gibt es nicht.

Zudem macht das Masernvirus nicht nur akut krank. Es stört auch das Immunsystem, sodass die Menschen ihre Widerstandskraft gegen Krankheiten verlieren, mit denen sie zuvor zu tun hatten. In einigen Fällen kann dies ein ebenso starker Risikofaktor sein wie die Einnahme von immunsuppressiven Medikamenten. Deshalb empfehlen Fachleute, sich gegen Masern impfen zu lassen.

Bist du gegen Masern geimpft?

Was leistet die Impfung?

«Die Impfung verhindert schwere Komplikationen und Todesfälle zu praktisch 100 Prozent», erklärt Ming. Sie schütze zudem zu 95 bis 98 Prozent vor einer Masernerkrankung, «die sich dann – wenn überhaupt – in einer sehr abgemilderten Form ohne Komplikationen zeigt».

Welchen Unterschied die Impfung macht, zeigen Zahlen aus den USA: Nachdem das Vakzin verfügbar war, sanken die Infektionszahlen massiv. Seit 2000 gelten die Masern dort offiziell als ausgerottet. Es treten nur noch Einzelfälle auf.

Welchen Unterschied die Impfung macht, zeigen Zahlen aus den USA: Nachdem das Vakzin verfügbar war, sanken die Infektionszahlen massiv. Seit 2000 gelten die Masern dort offiziell als ausgerottet. Es treten nur noch Einzelfälle auf.

CDC

Wer kann sich impfen lassen?

Das BAG empfiehlt die Basis-Impfung gegen Masern in Kombination mit derjenigen gegen Röteln und Mumps (MMR) seit 2023 für alle Säuglinge vorzugsweise in Kombination mit derjenigen gegen Röteln, Mumps und Windpocken (MMRV). Nach 1963 geborene Personen mit einer Impflücke sollten sicherstellen, zwei Impfdosen gegen Masern zu besitzen. «Eine Nachholimpfung ist in jedem Alter möglich», so Ming.

Auch nach dem Kontakt mit Erkrankten zeigt die Impfung Wirkung: Erfolgt sie innert 72 Stunden nach dem letzten Kontakt mit einer mit Masern infizierten Person, könne die Krankheit verhindert werden und es bedürfe keiner Quarantäne, so van Beek zum «Tages-Anzeiger». Werde die Impfung erst nach diesen 72 Stunden durchgeführt, bleibe sie dennoch sinnvoll, da sie den Krankheitsverlauf abmildern könne.

Wer bereits einmal mit Masern infiziert war, braucht die Impfung nicht: Nach einer sicher durchgemachten Erkrankung besteht lebenslange Immunität.

Das ist über die Nebenwirkungen bekannt

Der Körper reagiert auf den Pikser: Die Einstichstelle kann rot werden, anschwellen und schmerzen. Mitunter schwellen auch die Lymphknoten an, die Körpertemperatur kann steigen und Kopfschmerzen, Magen-Darm-Beschwerden und Müdigkeit können die Folge sein. Rund jeder Fünfzigste erkrankt nach der Impfung an einer sehr abgeschwächten Form der Masern. Diese sogenannten Impfmasern sind allerdings nicht ansteckend und klingen in der Regel rasch und folgenlos ab.

Wie steht es um den Impfschutz in der Schweiz?

In einer Bevölkerung wird die Zirkulation der extrem ansteckenden Masernviren unterbrochen, wenn rund 95 Prozent der Kinder, Jugendlichen und jüngeren Erwachsenen mit zwei Dosen gegen Masern geimpft sind. Dies ist in der Schweiz annähernd der Fall. Die Durchimpfungsrate liegt:

  • bei den Zweijährigen bei 91,1 Prozent

  • bei den Achtjährigen bei 94,3 Prozent

  • bei den 16-Jährigen bei 96,2 Prozent

Entsprechend sehe man seit einigen Jahren keine schweizweiten grossen Masernepidemien mehr, so Ming.

Keine Epidemien, aber Einzelfälle: Wie häufig sind Masern in der Schweiz?

Die Zahl der Einzelfälle steigt, wie der Blick auf das BAG-Meldesystem zeigt: Von Mai 2020 bis November 2022 gab es hierzulande keinen einzigen Fall, was laut Ming auf die Corona-Massnahmen zurückzuführen ist. Es war das erste Mal seit 1876 – so weit reichen die Daten zurück. 2023 wurden wieder 40 Fälle registriert, «ein Niveau, das mit den Jahren vor der Covid-19-Pandemie vergleichbar ist.» Im Jahr darauf waren es mit rund 100 Fällen schon mehr als doppelt so viele. Bei rund der Hälfte der 2024 gemeldeten Fälle habe es sich um aus dem Ausland importierte Fälle gehandelt. «Etwa 50 Fälle standen in Zusammenhang mit dem Ausbruch Anfang 2024 an einer weiterführenden Schule.»

Auch weltweit steigen die Zahlen

Die Anzahl der Ansteckungen mit Masern stieg in den vergangenen Jahren weltweit an. Wie aus Daten der Weltgesundheitsorganisation WHO und der US-Gesundheitsbehörde CDC hervorgeht, infizierten sich im Jahr 2023 schätzungsweise 10,3 Millionen Menschen mit der Krankheit – 20 Prozent mehr als im Vorjahr. Im Jahr 2021 waren es rund neun Millionen Masern-Infektionen. Ein Jahr zuvor waren es 7,5 Millionen Infektionen und damit ähnlich viele wie im Jahr 2017. Als Grund hierfür nennen Fachleute die «unzureichende Immunisierung».

Warum lassen sich Menschen nicht impfen?

Manche Menschen sind generell gegen Impfungen. Andere behaupten, die Masern-Impfung führe zu Autismus. Doch dem ist nicht so. Die Falschannahme geht auf eine 1998 im Fachjournal «The Lancet» veröffentlichten Studie zurück. Diese wurde später jedoch zurückgezogen, weil ihr Autor, Andrew Wakefield, Interessenkonflikte nicht deklariert und Beweise manipuliert hatte. Die Studienergebnisse wurden schlussendlich als «grundfalsch» disqualifiziert und Wakefield der arglistigen Täuschung bezichtigt. Die britische Ärztekammer sprach gegen ihn sogar ein Berufsverbot aus. Kurz: An der Idee ist nichts dran, wie seither mehrere Studien zeigten.

Darum wurde das Kommentarfeld deaktiviert

  • Wir wissen, wie wichtig es ist, eure Meinung zu teilen. Leider müssen wir die Kommentarspalte bei diesem Artikel geschlossen lassen. Es gibt Themen, bei denen wir wiederholt Hasskommentare und Beleidigungen erhalten. Das bedauern wir sehr. Bei Storys rund um Todesfälle, Verbrechen und Unglücke verzichten wir ebenfalls auf die Kommentarfunktion.

  • Uns ist der Austausch mit euch enorm wichtig – er ist ein zentraler Bestandteil unserer Plattform und ein wesentlicher Baustein einer lebendigen Demokratie. Deshalb versuchen wir die Kommentarspalten so oft wie möglich offenzuhalten.

  • Ihr habt es selbst in der Hand: Mit respektvollen, konstruktiven und freundlichen Kommentaren tragt ihr dazu bei, dass der Dialog offen und wertschätzend bleibt. Wir freuen uns auf einen spannenden Austausch in der nächsten Kommentarspalte!

Wissen-Push

Abonniere in der 20-Minuten-App die Benachrichtigungen des Wissen-Kanals. Du wirst über bahnbrechende Erkenntnisse und Entdeckungen aus der Forschung, Erklärungen zu aktuellen Ereignissen und kuriose Nachrichten aus der weiten Welt der Wissenschaft informiert. Auch erhältst du Antworten auf Alltagsfragen und Tipps für ein besseres Leben.

So gehts: Installiere die neueste Version der 20-Minuten-App. Tippe oben rechts aufs Cockpit (drei Striche mit Kreis), dann auf «Mitteilungen». Wähle die gewünschten Themen aus und klicke dann «Weiter». Wähle nun, falls gewünscht, eine Region aus und klicke «Weiter». Beim Punkt «Themen» kannst du jetzt «Wissen» auswählen. «Bestätigen» klicken und du bist dabei!

Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?

Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.

Deine Meinung zählt