NikotinersatzWie gefährlich ist 6-Methylnikotin?
Experten warnen vor 6-Methylnikotin, einer Chemikalie, die wie Nikotin wirkt. Sie kommt unter anderem in Vapes zum Einsatz, die als nikotinfrei verkauft werden – obwohl klinische Studien fehlen.
6-Methylnikotin (6-MN) ist ein synthetisches Nikotinanalogon, das der Struktur des natürlichen Nikotins ähnelt.
Getty ImagesDarum gehts
6-Methylnikotin ist ein synthetisches Nikotinanalogon, das in einigen Vapes verwendet wird.
Es wirkt ähnlich wie Nikotin, ist aber bis zu dreimal giftiger und stärker abhängig machend.
Langzeitstudien fehlen, aber Experten warnen vor möglichen gesundheitlichen Risiken.
Mit Produkten, die 6-MN enthalten, könnten Unternehmen bestehende Tabakgesetze umgehen.
Was ist 6-Methylnikotin?
6-Methylnikotin (6-MN) ist ein sogenanntes Nikotinanalogon. Es wird synthetisch im Labor hergestellt und verfügt über eine ähnliche Struktur und Wirkung wie Nikotin, gilt aber vor dem Gesetz nicht als Nikotin. Einweg-E-Zigaretten und Pouches (White Snus ohne Nikotin), die 6-MN enthalten, gelten deshalb in der Schweiz als nikotinfreie Produkte, wie das BAG auf Anfrage mitteilt. Als solche werden sie vom Tabakprodukterecht erfasst (siehe Box).
Wie andere Nikotinanaloga wurde 6-MN, das auch als Metatine oder Imotine vermarktet wird, ab den 1970er-Jahren entwickelt. Das Ziel: einen Ersatz für natürliches Nikotin zu finden, um allfällige staatliche Regulierungen zu umgehen. Auf dem US-Markt tauchten erste Produkte mit 6-MN im Mai 2023 auf.
Tabakprodukterecht
In der Schweiz gilt für als nikotinfrei verkaufte Produkte wie Vapes oder Pouches der Täuschungsschutz. Sie müssen Warnhinweise tragen und die Abgabe an Minderjährige ist verboten.
Die Sicherheitsanforderungen für Stoffe gemäss Tabakproduktegesetz müssen auch von diesen Produkten eingehalten werden. Demnach dürfen Zutaten für E-Zigaretten:
keine unmittelbare oder unerwartete Gesundheitsgefährdung bei üblichem Gebrauch aufweisen.
die Toxizität nicht signifikant erhöhen, d.h. sie dürfen nicht viel schädlicher sein als Nikotin.
keine psychotrope Wirkung haben.
Flüssigkeiten für E-Zigaretten müssen:
von hoher Reinheit sein.
weder in erhitzter noch nicht erhitzter Form ein Risiko für Gesundheit darstellen.
Wie wirkt 6-Methylnikotin?
Wie natürliches Nikotin von der Tabakpflanze bindet sich 6-Methylnikotin an die Nikotinrezeptoren im Körper. Dadurch schlägt das Herz schneller, der Blutdruck steigt und der Hautwiderstand nimmt ab. Psychisch machen sich die stimulierenden Effekte durch eine erhöhte Leistungsfähigkeit sowie eine verbesserte Aufmerksamkeits- und Gedächtnisleistung bemerkbar, wie Drugcom.de schreibt. Gleichzeitig werden Appetit, Stress, Angst, Unsicherheit, Nervosität und Müdigkeit unterdrückt.
6-MN hat sich aber in Mausstudien als weitaus wirksamer als Nikotin erwiesen. Die Versuche haben gezeigt, dass 6-MN die Nikotinrezeptoren dreimal stärker aktiviert. Zudem ist es bis zu dreimal giftiger als Nikotin, da es Versuchstiere in 1,5- bis dreimal geringerer Dosis tötet, wie Forscher der amerikanischen Universitäten Duke und Yale in einer Studie schreiben.
Wie gefährlich ist 6-Methylnikotin für Menschen?
Das ist unklar, da klinische Langzeitstudien bisher fehlen. Forschende gehen aber davon aus, dass es möglicherweise zytotoxischer als Nikotin ist, also für die Zellen im Körper schädlich oder giftig sein kann. Es könnte auch stärker abhängig machen als Nikotin – was es für die Tabakindustrie interessant macht.
Ebenfalls nicht untersucht ist die Wirkung spezifisch auf Jugendliche, die zur Hauptzielgruppe von Vapes und Nikotinbeuteln (Pouches) gehören. So ist nicht klar, welche langfristigen Auswirkungen MN-6 und andere Nikotinanaloga auf die Aufmerksamkeit, das Lernen und das Gedächtnis von Jugendlichen haben können.
Was sagt die Wissenschaft zum Einsatz von 6-MN in E-Zigaretten und Pouches?
Sven Jordt, Forschungsprojektdirektor des Yale Tobacco Center of Regulatory Science, erklärte in einer Mitteilung zu einer Studie über Nikotinanaloga: «Diese Produkte scheinen darauf ausgelegt zu sein, die geltenden Gesetze und Vorschriften zu umgehen, die Menschen – insbesondere Kinder – vor den schädlichen Auswirkungen des Rauchens und des Tabakkonsums schützen sollen.»
Er warnt, dass nicht bekannt sei, was diese Chemikalien anrichten, wenn sie eingeatmet werden. «Dies sind Fragen, die beantwortet werden sollten, bevor wir Produkte auf dem Markt zulassen», so Jordt weiter.
«Es ist wirklich problematisch, dass Unternehmen Nikotinanaloga mit unbekannten Gesundheits- und Suchtrisiken in neuartige Produkte einführen» ergänzt Hanno Erythropel, Forscher an der Yale School of Medicine und Hauptautor der Studie. «Es muss so schnell wie möglich gehandelt werden, um mögliche Schäden durch den Gebrauch dieser Produkte zu vermeiden.»
Wissen-Push
Abonniere in der 20-Minuten-App die Benachrichtigungen des Wissen-Kanals. Du wirst über bahnbrechende Erkenntnisse und Entdeckungen aus der Forschung, Erklärungen zu aktuellen Ereignissen und kuriose Nachrichten aus der weiten Welt der Wissenschaft informiert. Auch erhältst du Antworten auf Alltagsfragen und Tipps für ein besseres Leben.
So gehts: Installiere die neueste Version der 20-Minuten-App. Tippe oben rechts aufs Cockpit (drei Striche mit Kreis), dann auf «Mitteilungen». Wähle die gewünschten Themen aus und klicke dann «Weiter». Wähle nun, falls gewünscht, eine Region aus und klicke «Weiter». Beim Punkt «Themen» kannst du jetzt «Wissen» auswählen. «Bestätigen» klicken und du bist dabei!
Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?
Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.
