Öffentlicher Verkehr7 Milliarden Fr. für fragwürdige Bahnprojekte: SBB schlägt Alarm
Das Parlament hat die Kosten für Bahninfrastruktur-Ausbauten um fast sieben Milliarden Franken erhöht. Kritik kommt selbst von der SBB.
Darum gehts
Das Schweizer Parlament hat die Kosten für Bahninfrastrukturprojekte durch regionale Sonderwünsche von 15,4 auf 22,3 Milliarden Franken erhöht.
Die SBB kritisiert, dass viele dieser Projekte ohne klaren Bedarfsnachweis genehmigt wurden und hohe Folgekosten verursachen.
Das Bundesamt für Verkehr verteidigt die finanzielle Tragbarkeit der vom Parlament beschlossenen Ausbauten.
Das Schweizer Parlament hat in den letzten Jahren mehrere regionale Sonderwünsche in Bezug auf Bahninfrastrukturprojekte erfüllt. Das hat zu einer erheblichen Kostensteigerung geführt. Die ursprünglich vom Bundesrat vorgesehenen Ausbauten im Wert von 15,4 Milliarden Franken wurden durch zusätzliche Projekte auf insgesamt 22,3 Milliarden Franken erhöht.
Zu den teuersten Vorhaben zählen ein neuer Tunnel am Genfersee, der Ausbau des Knotens Genf, die Erweiterung einer Strecke im Kanton Bern, der Vollausbau des Lötschberg-Basistunnels und eine neue Linie im Kanton Neuenburg. Diese Erweiterungen haben zu Mehrkosten von 6,9 Milliarden Franken geführt, obwohl laut «SonntagsZeitung» weder ein Bedarfsnachweis noch ein Angebots- und Fahrplankonzept vorliegen.
Kritik von der SBB
Selbst die Schweizerischen Bundesbahnen SBB üben deutliche Kritik an dieser Entwicklung. Daria Martinoni, Leiterin Fahrplan bei den SBB, betont, dass zukünftig nur noch Ausbauten genehmigt werden sollten, die auf einem klaren Angebotskonzept basieren und einen deutlichen Nutzen für die Kunden bieten. Sie warnt davor, dass solche Bauprojekte enorme Folgekosten im Unterhalt, Betrieb und beim Angebot nach sich ziehen.
Auch SBB-Präsidentin Monika Ribar und SBB-Chef Vincent Ducrot äussern Bedenken. Sie fordern einen Verzicht auf kostspielige Bauprojekte, die lediglich geringe Fahrzeitgewinne bringen. Trotz der milliardenschweren Investitionen in die Bahninfrastruktur der letzten Jahre sei es der Bahn nicht gelungen, Marktanteile zu gewinnen. Zudem würden die Mittel für den Erhalt der bestehenden Infrastruktur fehlen.
Ex-SBB-Chef warnte
Mit ihrer Kritik schliessen sich Ribar und Ducrot teilweise den Aussagen des ehemaligen SBB-Chefs Benedikt Weibel an, der bereits vor zwei Monaten einen Stopp aller geplanten Bahnausbauten gefordert hatte.
Weibel hatte gewarnt, dass die ohne Angebotskonzept und Bedarfsnachweis beschlossenen milliardenschweren Projekte zu jährlichen Betriebs- und Unterhaltskosten von bis zu drei Milliarden Franken führen könnten, was die Bahn in eine existenzielle Krise treiben würde.
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Bundesamt für Verkehr sieht das anders
Das Bundesamt für Verkehr BAV vertritt eine andere Position in Bezug auf die umstrittenen Bahnausbauprojekte. Ein Sprecher des Amtes erklärte, dass die Folgekosten der bisher vom Parlament beschlossenen Ausbauten grundsätzlich finanzierbar seien. Die vom Bundesrat vorgeschlagenen Bauprojekte basieren laut BAV, mit Ausnahme des 30 Millionen Franken teuren Projektierungskredits für den Grimseltunnel, auf dem Angebotskonzept 2035.
Jedoch räumte der Sprecher ein, dass es für die vom Parlament ergänzten Massnahmen kein entsprechendes Angebotskonzept gebe.
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