Olympia 2024Gottes Rache an Olympia-Opening? Wohl eher russische Desinformation
Olympia 2024 ist vorbei, doch Fake News kursieren weiterhin. So wird behauptet, Thomas Jolly, der Regisseur der Olympia-Eröffnung, sei vom Blitz getroffen und hospitalisiert worden. Die Behauptung ist falsch, ein angeblicher Screenshot gefälscht.
Darum gehts
Seit Anfang August kursiert die Behauptung, Thomas Jolly, Regisseur der Olympia-Eröffnungsfeier 2024, sei vom Blitz getroffen und hospitalisiert worden.
Diese Behauptung ist falsch.
Der angebliche Screenshot eines Artikels der Nachrichtenagentur AP, der dies belegen soll, wurde manipuliert und ist nicht echt.
Thomas Jolly trat seitdem mehrfach öffentlich auf, was die Falschheit der Behauptung weiter bestätigt.
Die Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele ist lang vorbei. Doch vergessen sind die Show und die Kontroverse um sie noch nicht.
Vor allem in den sozialen Medien ist der Auftritt von Dragqueens noch immer ein Thema. Genauso wie der künstlerische Leiter der Eröffnungszeremonie, der seither Hass und sogar Morddrohungen ausgesetzt war.
Die strittige Szene an der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele in Paris.
20min/IOKDie Behauptung
Seit Anfang August kursiert auf verschiedenen Portalen die Behauptung, Thomas Jolly, der Mann hinter der Eröffnungsfeier in Paris, sei vom Blitz getroffen und hospitalisiert worden. Begleitet werden viele der Posts von dem angeblichen Screenshot eines Artikels der Nachrichtenagentur Associated Press, kurz AP.
Die Bewertung
Die Behauptung ist falsch. Es gibt keine Hinweise darauf, dass Thomas Jolly vom Blitz getroffen wurde. Der Screenshot ist fake, er wurde manipuliert. Einen Artikel mit diesem Titel hat es von der AP nie gegeben.
Hast du die Eröffnungsfeier von Paris 2024 verfolgt?
User sprechen von «Rache» für «Dämonenshow»
«Der Künstler der olympischen Eröffnungsfeier in Paris wurde nach einem Blitzeinschlag ins Spital eingeliefert» – so soll der Titel eines Artikels der Nachrichtenagentur AP lauten. Diesen Eindruck erweckt zumindest ein hunderttausendfach auf Social Media geteilter angeblicher Screenshot. In einigen dazugehörigen Posts wird die Frage aufgeworfen, ob das Karma sei (etwa hier und hier). Andere werden noch konkreter und sprechen von einer «Rache von Gott UND Zeus zugleich» (hier). «Der Allmächtige spricht laut und deutlich», heisst es hier.
Die Stossrichtung ist klar: Die Userinnen und User werten den angeblichen Blitzeinschlag als Reaktion auf die in ihren Augen anstössige und weltweit diskutierte Eröffnungsfeier am 26. Juli. Schliesslich habe sich der Mann erlaubt, Gott zu beleidigen», so ein User auf X. Die Eröffnungsfeier bezeichnet er als «Dämonenshow».
Behauptung kursiert weltweit und auf verschiedenen Plattformen
Auch die Behauptung vom Blitzeinschlag wird weltweit geteilt. Es gibt Postings auf etwa Russisch, Georgisch, Französisch, Italienisch, Englisch, Spanisch, Polnisch und Deutsch. Ebenso vielzählig wie die Sprachen sind auch die Plattformen. Die Behauptung wurde unter anderem auf Facebook, seinem russischen Pendant VK, Telegram, Tiktok, X und Instagram geteilt (hier, hier, hier, hier und hier). Auch Blogs verbreiten die Behauptung, vornehmlich russischsprachige (hier, hier und hier). Ebenso wie die Website moldova-news.com, die auf Russisch verfasst ist und auf zwei verschiedene russische Telegram-Kanäle verweist, darunter Russia Now.
Weit verbreitet, aber es gibt keine Grundlage
Der Screenshot ist jedoch nicht echt. Es handelt sich um ein Photoshop-Werk, bei dem ein reales Foto und das echte Erscheinungsbild von Apnews.com zusammengeführt und mit einem erfundenen Titel kombiniert wurden.

Das Foto, das für den Fake-Screenshot verwendet wurde, hat der AP-Fotograf Tom Nouvian am 19. Juli 2024 in Paris aufgenommen, wie dieser Screenshot aus der Fotodatenbank der AP zeigt.
Screenshot APVermeintlicher Screenshot unter die Lupe genommen
Erste Hinweise, dass es sich um keinen echten Screenshot handelt, zeigen sich schon rein optisch: So ist auffällig, dass es unterschiedlich scharfe Bereiche gibt: Während alle nicht mit der Behauptung in Zusammenhang stehenden Bereiche wie die Rubriken und die Direktlinks zu aktuellen Themen (siehe folgende Bildstrecke) unscharf sind, sind der Titel und das Foto verhältnismässig scharf. Die Bildunterschrift dagegen ist gänzlich unleserlich.
Kein Artikel mit einem solchen Titel auffindbar
Sucht man auf Apnews.com oder in Online-Archiven nach dem auf dem Screenshot zu sehenden Artikel, findet man nichts. Es hat nie einen solchen gegeben. Auch in anderen renommierten Medien finden sich keine Artikel, die von einem Blitzeinschlag in Thomas Jolly berichten. Das ist angesichts des Interesses an der Person Jollys nach der Eröffnungsfeier und der Seltenheit von Blitzeinschlägen in Personen sehr ungewöhnlich und deutet ebenfalls darauf hin, dass die auf Social Media und den russischen Portalen verbreitete Behauptung falsch ist.
Eine Anfrage von 20 Minuten an APnews.com blieb bislang unbeantwortet.
Wann ist der Fake-Screenshot entstanden?
Er dürfte am 27. Juli 2024 kreiert worden sein. Darauf lassen die im vermeintlichen Screenshot geteilten Direktlinks schliessen, die sich als «2024 Olympics», «Boar’s Head Recall», «The Nelons plane crash» und «Olympics drone spying» entziffern lassen. Diese vier Meldungen wurden am 27. Juli mindestens zwischen 17.47 Uhr und 23.24 Uhr (GMT) in der entsprechenden Reihenfolge auf Apnews.com angezeigt. Das zeigt der Blick ins Online-Archiv (hier und hier). Davor und danach waren auch andere Direktlinks zu sehen (hier und hier).
Die verlinkten Artikel lassen sich zu diesem Zeitpunkt auf Apnews.com finden:
«Recall of Boar’s Head deli meats announced during investigation of listeria outbreak» (Rückruf von Boar's Head Deli-Fleisch während der Untersuchung des Listerienausbruchs angekündigt) wurde am 26. Juli veröffentlicht (hier archiviert).
«Three members of Gospel Music Hall of Fame quartet The Nelons among 7 killed in Wyoming plane crash» (Drei Mitglieder des in der Gospel Music Hall of Fame vertretenen Quartetts The Nelons unter den 7 Toten des Flugzeugabsturzes in Wyoming) wurde am 27. Juli publiziert (hier archiviert).
Die früheste Version archivierte Version von «Drone-spying scandal: FIFA strips Canada of 6 points in Olympic women’s soccer, bans coaches 1 year» (Skandal um Drohnen-Spionage: FIFA streicht Kanada sechs Punkte im olympischen Frauenfußball und sperrt Trainer für ein Jahr) stammt vom 27. Juli (hier archiviert).
Thomas Jolly geht es gut
Gegen die Behauptung, der für die Eröffnungs- und Schlusszeremonie verantwortliche Jolly sei vom Blitz getroffen und hospitalisiert worden, spricht auch, dass Jolly seither – unversehrt – zu sehen war. Unter anderem postete er Fotos von sich auf Instagram: etwa am 27. Juli von sich und seinem «hard coer team» oder von sich bei einer Umarmung mit OK-Chef Tony Estanguet und dem Exekutivdirektor der Veranstaltung, Thierry Reboul. Nach der Schlussfeier postete er zudem eine mehrteilige Story von dem Event, in einem Clip ist auch er selbst zu sehen.
Am Montag, 12. August, war er zudem in einem Live-Panel des französischen Nachrichtenkanals BFM TV zu sehen:
Wer steckt hinter der Falschbehauptung?
Das lässt sich nicht eindeutig zurückverfolgen. Doch die starke Verbreitung auf russischen Accounts, Blogs und der Website Moldau-news.com, die offenbar zum für seine pro-russischen Inhalte bekannten Prawda-Netzwerk gehört, erinnern an die von Russland getriebene Propaganda-Kampagne rund um die angebliche Bettwanzen-Invasion in Frankreich im Herbst 2023.
Fazit
Die Behauptung, Thomas Jolly, der Regisseur der Olympia-Eröffnungsfeier 2024, sei vom Blitz getroffen und ins Spital eingeliefert worden, ist falsch. Der angebliche Screenshot eines Artikels der Nachrichtenagentur AP wurde manipuliert und ist nicht echt. Es gibt keinen solchen Artikel auf Apnews.com und auch keinerlei Berichte in anderen seriösen Medien. Hinweis auf die Fälschung des Screenshots liefern bereits optische Details wie unterschiedliche Schärfegrade der einzelnen Bereiche. Thomas Jolly trat seit dem Auftauchen der Behauptung mehrfach auf. Auch das spricht dagegen, dass es sich um eine wahre Behauptung handelt.
Am 2. August wurde bekannt, dass die französische Polizei Ermittlungen wegen Hassreden eingeleitet habe, nachdem Thomas Jolly, künstlerischer Leiter der Eröffnungszeremonie der Olympischen Spiele, eine Beschwerde über Morddrohungen eingereicht hatte.
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