Daniel Jositsch wird auch als Nicht-Kandidat stimmen bekommen

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Bundesratswahlen«Parlamentarier sind frei» – Jositsch dürfte dennoch Stimmen bekommen

Die SP-Fraktion will ein reines Frauenticket, Daniel Jositsch darf nicht offiziell kandidieren. Dennoch hat er die Unterstützung von einigen Parlamentariern.

Vor den Medien gab Daniel Jositsch am Freitag bekannt, dass er den Entscheid seiner Fraktion akzeptiere. Damit ist er nicht offizieller Kandidat. Dennoch wird er am 7. Dezember wohl Stimmen bekommen.
So schliesst auch SVP-Nationalrat Erich Hess nicht aus, dass Jositsch aus dem Parlament Stimmen bekommt. Auch von der SVP-Fraktion? Hess lacht.
Mike Egger sagt, die anderen Fraktionen sollten eigentlich darüber reden, ob man das Vorgehen der SP überhaupt akzeptieren könne. Und eventuell sagen: «So nicht».
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Vor den Medien gab Daniel Jositsch am Freitag bekannt, dass er den Entscheid seiner Fraktion akzeptiere. Damit ist er nicht offizieller Kandidat. Dennoch wird er am 7. Dezember wohl Stimmen bekommen.

Tamedia

Darum gehts

  • Daniel Jositsch darf nicht kandidieren. Die SP-Fraktion hat seinen Antrag am Freitag abgelehnt.

  • Dennoch werde er Stimmen bekommen, sagen Parlamentarier. SVP-Politiker lassen offen, ob sie ihn wählen.

  • Andere sagen, der Flurschaden wäre gross, wenn ein inoffizieller Kandidat gewählt würde.

16 Tage nach der Rücktrittsankündigung von Simonetta Sommaruga steht fest: Zwei Frauen werden offiziell für ihre Nachfolge kandidieren. Vor den Medien gibt Jositsch bekannt, dass er den Entscheid seiner Fraktion akzeptiere.

Obwohl es Jositsch nun nicht auf das SP-Ticket geschafft hat, könnte er auf die Stimme einiger Parteimitglieder zählen – mit dem rechnen mehrere Parlamentarier, die von 20 Minuten angefragt wurden:

«Zeichen setzen gegen das Vorgehen der SP»

So schliesst auch SVP-Nationalrat Erich Hess nicht aus, dass Jositsch aus dem Parlament Stimmen bekommt. Auch von der SVP-Fraktion? Hess lacht. «Wir sagen klar, dass wir offizielle Kandidaten wählen. Ich kann aber nicht garantieren, dass Jositsch keine SVP-Stimmen bekommt». Es gebe schliesslich keine Pflicht, einen bestimmten Parlamentarier zu wählen oder nicht zu wählen, die Parlamentarier seien frei, sagt der Berner. «Der Entscheid der SP ist für mich sehr befremdlich: Man will nicht den Besten, sondern man entscheidet nach Geschlecht».

Auch SVP-Nationalrätin Martina Bircher lässt offen, ob sie Jositsch wählt oder nicht. Wen sie auf den Zettel schreibt, verrate sie nicht. Sie könne sich vorstellen, dass Jositsch bei der Wahl des Bundesrats Stimmen bekommt. «Ich finde es schade, dass für die SP das Geschlechter-Kriterium und nicht die Qualität und die Fähigkeit im Vordergrund steht».

SVP-Nationalrat Mike Egger wirft sogar die Frage auf, ob die anderen Fraktionen das Vorgehen der SP tolerieren oder ob sie ein Zeichen setzen und sagen sollen: «So geht das nicht». «Was die SP macht, ist Diskriminierung und stimmt mich nachdenklich. Es sollte um Fähigkeiten und Background gehen, nicht um das Geschlecht.»

«Es gibt Wunden, die lange offen bleiben»

Generell findet aber die Bereitschaft, einen wilden Kandidaten zu wählen, im Parlament wohl keine Mehrheit. Von FDP-Nationalrat Andri Silberschmidt wird Jositsch keine Stimme erhalten: «Ich kann mir vorstellen, dass Daniel Jositsch vereinzelte Proteststimmen aus der Bundesversammlung erhält – aber nicht von uns, das haben wir so in der Fraktion besprochen». Es gäbe sonst Probleme und Wunden, die relativ lange offen blieben. Das sei nicht gut für den Politikbetrieb.

Ähnlich äussert sich GLP-Nationalrätin Judith Bellaiche - zumal die Auswahl an SP-Kandidatinnen breit genug sei. «Ich selber werde wahrscheinlich keine Mühe haben, eine offizielle Kandidatin zu wählen. Denn die jetzt zur Verfügung stehenden Kandidatinnen decken ein Spektrum von links bis rechts ab, das ermöglicht eine Auswahl».

Kritik auch an Jositsch

Daniel Jositsch bekommt aus bürgerlichen Parteien Lob dafür, dass er für sein Anliegen hingestanden ist. Mitte-Nationalrätin Marianne Binder sagt: «Daniel Jositsch ist zu Gute zu halten, dass er eine Debatte ausgelöst hat, ob das Verbot einer Kandidatur aufgrund des Geschlechts statthaft ist. Und da es um ihn selber ging, fand ich das irgendwie mutig.» Anderseits akzeptiere er nun genau das, was er vorher als verfassungswidrig bezeichnet hat, sagt Binder. Wozu also die ganze Aufregung? Das sei weder von ihm noch von der SP-Leitung eine kommunikative Glanzleistung. 

Sollen nur offizielle Kandidaten gewählt werden?

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