PilotprojektIst die Schweiz bereit für wiederverwendbare Weinflaschen?
Im Weinbau gehen 30 bis 40 Prozent des CO2-Ausstosses auf die Kappe der Weinflaschen. Um diese Emissionen zu minimieren, haben acht Waadtländer Winzerinnen und Winzer ein Pilotprojekt gestartet.
Darum gehts
30 bis 40 Prozent des ökologischen Fussabdrucks eines Schweizer Weinguts sind auf die Weinflaschen zurückzuführen.
Glasflaschen werden heutzutage jeweils zerstört und recycelt. Durch das Waschen und Wiederverwenden der Flaschen könnten 85 Prozent jener Emissionen eingespart werden.
Acht Winzerinnen und Winzer aus dem Kanton Waadt haben sich zusammengetan, um in einem Pilotprojekt namens «Bottle Back» das Wiederverwenden von Weinflaschen zu testen und zu implementieren.
97 Prozent des Altglases werden hierzulande recycelt. Was diese Zahl angeht, ist die Schweiz Recycling-Weltmeister. Eine gute und vorbildliche Sache, zumindest auf den ersten Blick. Auf den zweiten wird klar: Das Recyceln von Glas hat leider keine besonders gute Ökobilanz. Eine Tatsache, die Catherine Cruchon-Griggs bei der Berechnung des Fussabdrucks ihres Weinguts «Domaine Henri Cruchon» direkt ins Auge stach. Erst kürzlich hat sie den Familienbetrieb in dritter Generation übernommen, gemeinsam mit zwei ihrer Cousinen und ihrer Partnerin.
Catherine Cruchon-Griggs, warum haben Sie sich überhaupt dafür entschieden, den ökologischen Fussabdruck der «Domaine Henri Cruchon» zu berechnen?
Unser Weingut ist bereits seit unserer Vätergeneration bio- und Demeter-zertifiziert. Ein nachhaltiger Weinanbau liegt uns sehr am Herzen. Wir wollten sehen, wo wir uns verbessern können, und mussten erkennen, dass die Weinflaschen einen grossen Teil unserer Emissionen ausmachen. Nämlich 30 bis 40 Prozent.
Das ist tatsächlich ein hoher Anteil.
Wir haben beschlossen, nach Alternativen zu suchen. Und die beste Option ist, auf die Mehrwegflasche zurückzugreifen. Wenn wir die Flaschen waschen und wiederverwenden, statt sie zu zerstören und zu recyceln, könnten wir 85 Prozent der Flaschen-Emissionen einsparen, weil Waschen viel weniger Energie verbraucht.
Das Mehrwegflaschensystem gab es doch früher schon.
Es ist tatsächlich so, dass auch Weinflaschen früher mehrfach gebraucht wurden. Manche Dinge waren früher tatsächlich besser – zumindest, was die CO2-Bilanz angeht. Es existieren bereits 1-Liter- und 0,5-Liter-Mehrweg-Weinflaschen, aber wir wollen die klassische 0,75-Liter-Flasche mehrwegfähig machen.
Aber ist das überhaupt praktikabel?
Das versuchen wir jetzt herauszufinden. Gemeinsam mit sieben weiteren Weingütern aus Waadt haben wir «Bottle Back» ins Leben gerufen. Wir stecken gerade in der zweijährigen Pilotphase, um zu sehen, wie wir Mehrweg-Weinflaschen in der Schweiz einführen können. Aber wir sind zuversichtlich: Die Schweiz eignet sich sehr gut für eine Initiative wie diese.
Warum?
Erstens ist die Schweiz ein kleines Land mit kurzen Wegen. Das macht es einfacher, die Logistik zu organisieren. Zweitens: Schweizer Weine werden kaum exportiert, weswegen die Flaschen im Land bleiben. Und drittens: Schweizerinnen und Schweizer sind Weltmeister im Recycling, ihnen ist das Thema also wichtig.
Was passiert in der Pilotphase?
Die zweijährige Pilotphase erlaubt es uns, alle Aspekte der Logistik – von der Flaschenrückgabe bis zur industriellen Reinigung – zu optimieren und die wirtschaftliche Tragfähigkeit des Projekts zu testen. Es gibt uns auch Zeit, Standards für Etiketten und Klebstoffe zu entwickeln, die für den Wiederverwendungsprozess geeignet sind. Insgesamt bringen wir in der Pilotphase 80’000 Flaschen in Umlauf.
Von wem werden Sie bei Ihrem Vorhaben unterstützt?
Wir arbeiten eng mit Changins, der Hochschule für Weinbau und Önologie in Waadt, zusammen, um Hygiene und Stabilität der Flaschen im Waschprozess zu analysieren. Auch mit der Polytechnischen Hochschule in Montréal arbeiten wir daran, den Lebenszyklus der gewaschenen Flasche im Vergleich zur Einwegflasche zu erarbeiten. Und der Kanton Waadt unterstützt uns finanziell.
Sie haben also vor, Bottle Back in der ganzen Schweiz einzuführen?
Das ist auf jeden Fall oberstes Ziel: dass die Flaschen von Schweizer Weinen schweizweit auf Mehrweg umgestellt werden.
Folgende acht Weinbaubetriebe aus dem Kanton Waadt haben sich für Bottle Back zusammengetan: Domaine Henri Cruchon, Domaine la Colombe, Domaine la Satyre, Cave du Signal, Domaine de Marcelin, Domaine Porta, Domaine Mermetus, Château d’Eclépens. Die Gruppe ist auf der Suche nach weiteren Weingütern, die sich dem Pilotprojekt anschliessen wollen.
Würden Sie Ihre Weinflaschen an einer Rückgabestation zur Wiederverwendung abgeben, anstatt sie an der Wertstoffsammelstelle ins Recycling zu geben?
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