Walliser Politiker bekommen Gratis-Skipässe

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Kanton WallisPolitiker bekommen Gratis-Skipässe – «das ist sehr wahrscheinlich kriminell»

Im Wallis erhalten Mandatsträger kostenlose oder vergünstigte Skipässe. Diese Praxis könnte  eine Straftat darstellen.

Professor Mark Pieth, Spezialist für Korruption, hält diese Zuwendungen für «sehr wahrscheinlich kriminell».
Der Direktor der Schweizer Skilifte Portes du Soleil bestreitet jede Form von Korruption: «Die Summe wäre viel zu tief, um einen Politiker in die Tasche zu stecken.»
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Professor Mark Pieth, Spezialist für Korruption, hält diese Zuwendungen für «sehr wahrscheinlich kriminell».

Laurent de Senarclens / 24heures

Darum gehts

  • Im Kanton Wallis erhalten Mandatsträger Rabatte auf Ski-Abos oder kriegen diese gratis.

  • Das führe laut Kritikern zu einem Interessenskonflikt.

  • Ein Spezialist für Korruption hält diese Zuwendungen gar für «sehr wahrscheinlich kriminell».

Walliser Politikerinnen und Politiker, die von Vorteilen für Skipässe profitieren, sitzen mitunter in der Exekutive einer Gemeinde. Gemäss Recherchen des RTS  findet sich diese Praxis nirgendwo sonst in der Westschweiz. In Verbier, Portes du Soleil, Nax und Nendaz/Veysonnaz würden die Mandatsträger die Skipässe gar kostenlos erhalten. Diese Geschenke werden von manchen Politikern mit dem verglichen, was dem ehemaligen Staatsrat Pierre Maudet in Genf eine Verurteilung wegen «Vorteilsannahme» einbrachte. 

Einige Politiker lehnen das Angebot ab

Das scheinen auch einige Walliser Mandatsträger so zu sehen. Charles Clerc, SVP-Gemeinderat in Troistorrents, habe das kostenlose Abonnement aus ethischen Gründen abgelehnt. «Die Kosten des Skipasses haben mich beunruhigt», sagt er.

«Ein Saison-Abo für Portes du Soleil kostet 850 Franken. Es ist nicht trivial, so ein Geschenk zu bekommen», betont er am Freitag in «La Matinale de la RTS». Weiter beunruhige ihn, dass die öffentlichen Behörden mit den Skiliften zu verschiedenen Themen in Kontakt stehen. So zum Beispiel bei den Finanzen und der Regionalplanung. 

«Wir handeln völlig unabhängig»

Mitte-Nationalrat Benjamin Roduit profitiert von einem Abonnement: «Ich komme aus einem Alpenkanton, wo der Tourismus sehr wichtig ist», verteidigte er sich gegenüber RTS. «Durch die Wahl in Bern halte ich es für sinnvoll, insbesondere in die Förderung der Skilifte zu investieren», fügte er hinzu.

Franz Ruppen (SVP, er fährt nicht Ski) und Mathias Reynard (SP) verzichten auf einen Rabatt von 1475 Franken – im Gegensatz zu Frédéric Favre (FDP), Roberto Schmidt (CVP) und Christophe Darbellay (Mitte). Letzterer engagiert sich sehr für den Skisport, sieht darin aber keinen Interessenskonflikt. «Das ist keine Überlegung, ich glaube, wir handeln völlig unabhängig», sagt er und nimmt als Beweis den Gesamtarbeitsvertrag, den der Walliser Staatsrat «der Branche auferlegt hat, die das nicht wollte».

Wie soll es im Wallis weitergehen?

Skilift-Direktor sieht keinen Handlungsbedarf

Der Direktor der Schweizer Skilifte Portes du Soleil bestreitet jede Form von Korruption. «Die Summe wäre viel zu tief, um einen Politiker in die Tasche zu stecken», sagt Pascal Bergero und versichert, dass es nie eine Gegenleistung gegeben habe. «Wir haben uns die Frage nie gestellt, für uns ist das selbstverständlich.»

Für ihn ist es nicht Sache der Skilifte, Politikern das zu nehmen, was ihnen schon immer vergönnt war. «Aber wenn es Probleme gibt, können wir die Regeln ändern.» Das würde bedeuten, dass die Änderung der Praxis ausgerechnet von denen kommen müsste, die davon profitieren.

«Zuwendungen sind sehr wahrscheinlich kriminell»

Für Martin Hilti, Leiter von Transparency Schweiz, ist diese Praxis ungeschickt und zeugt von geringer Sensibilität für Interessenkonflikte. Es stelle sich sogar die Frage der strafrechtlichen Verantwortlichkeit aus Sicht der Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme. Dies seien Straftaten, die von Amts wegen verfolgt werden, sagt er. Von einem Staatsanwalt, der von dieser Praxis erfährt, wäre laut Hilti zu erwarten, dass er ein Verfahren eröffnet. Auch Professor Mark Pieth, Spezialist für Korruption, hält diese Zuwendungen für «sehr wahrscheinlich kriminell».

Die «Compliance»-Regeln des Kantons Wallis schreiben zudem vor, dass die Mitglieder des Staatsrates Vorteile grundsätzlich nur annehmen dürfen, wenn sie «gesellschaftlichen Zwecken entsprechen, von geringer Bedeutung und zumutbar sind».  

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