Basler Schule: Farben statt Noten im Unterricht

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Primarschule BaselHier gibts Farben statt Noten – das sagen die Schüler

In einem Basler Schulhaus setzen Lehrerinnen auf eine alternative Unterrichtsform, die auf Prüfungsnoten verzichtet. Das neue System ist umstritten. Was hält die Jugend von der Idee?

Im Gotthelf Schulhaus in Basel setzen zwei Lehrerinnen auf ein alternatives Bewertungssystem.
Unter anderem wird die Leistung nicht nach Noten, sondern nach Farben beurteilt. Die Kinder können auch selbst entscheiden, wann sie bereit sind für die Prüfung.
SVP-Grossrätin Jenny Schweizer sieht dieses System kritisch. Es würde zu Verwirrung und Stress beim Übertritt in die Sekundarschule führen.
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Im Gotthelf Schulhaus in Basel setzen zwei Lehrerinnen auf ein alternatives Bewertungssystem.

Kanton Basel-Stadt

Darum gehts

  • An einer Basler Schule arbeiten zwei Lehrerinnen mit einem neuen Bewertungssystem: Es gibt zum Beispiel keine Prüfungsnoten.

  • Die SVP-Grossrätin Jenny Schweizer hat Bedenken gegen eine Schule ohne Noten und Hausaufgaben – sie hat einen politischen Vorstoss eingereicht.

  • 20 Minuten hat bei Schülerinnen und Schülern, und solchen, die es gerade noch waren, nachgefragt.

Nicht mehr Noten von eins bis sechs, sondern die Farben Grün, Blau und Gelb – so soll die Leistung der Schüler bewertet werden. In einigen fünften und sechsten Klassen der Primarschule Gotthelf in Basel arbeiten Lehrerinnen mit diesem neuen Bewertungssystem. Die Kinder bestimmen auch, wann sie bereit für eine Prüfung sind und haben keine Hausaufgaben.

Nicht alle sind von diesem Modell überzeugt: «Diese Beschulung kann für die Kinder nicht optimal sein», findet etwa SVP-Grossrätin Jenny Schweizer und legte im November einen politischen Vorstoss ein. 20 Minuten fragt bei jungen Menschen nach, was sie von dem alternativen Unterrichtskonzept halten.

«In der Primarschule ist der Notendruck noch nicht nötig.»

Nalina (17)

«Ich hätte gerne so ein System gehabt», sagt Nalina (17). Sie findet, der Notendruck fange schon zu früh an, in der Primarschule sei das noch nicht nötig. Allerdings müsse gut darauf geachtet werden, dass die Kinder mit zu vielen Freiheiten nicht überfordert sind.

«Später fragt auch niemand, ob du bereit bist für eine Prüfung.»

Sarina (21)

Sarina (21) sieht dieses System kritisch. In der ganzen Schweiz und auch weltweit sei man sehr leistungsorientiert, darauf müsse man vorbereitet sein. «In der Uni musst du dann liefern, da fragt dich niemand, ob du schon bereit bist für die Prüfung.» Lehrpersonen hätten heute Mühe, den Stoff durchzubringen, weil die Kinder verwöhnt seien und zu wenig Leistung erbringen. Dies kriege sie von ihrer Mutter mit, die selber Lehrerin ist.

Paula (16), Amanda (16) und Nalina (17) finden, das neue Bewertungssystem höre sich cool an. Ob es dann auch funktioniert, müsse man abwarten.
Sarina (21) sieht es kritischer: In der Uni werde auch nicht mehr nachgefragt, ob man bereit sei für eine Prüfung. Die Welt sei eben leistungsorientiert. (Symbolbild)
Abdou (21) war selber immer im Prüfungsstress, er findet die Idee deshalb toll.
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Paula (16), Amanda (16) und Nalina (17) finden, das neue Bewertungssystem höre sich cool an. Ob es dann auch funktioniert, müsse man abwarten.

20min/Giulia Weber

«Mal schauen, ob das funktioniert, aber theoretisch hört sich das cool an», meint Paula (16) zum neuen Bewertungssystem. Und Amanda gibt zu bedenken: «Spielt es denn eine Rolle, ob nach Zahlen oder nach Farben bewertet wird? Eine Bewertung bleibt es ja trotzdem.» Sie finde es aber gut, dass gerade in den frühen Entwicklungsjahren darauf geschaut werde, dass die Kinder noch nicht zu gestresst sind.

Abdou (21) findet die Idee toll: «Bei mir waren das noch ganz trockene Noten.» Er selbst sei auch immer im Noten- und Prüfungsstress gewesen. «Am Ende hat es dann immer gerade noch so gereicht», schmunzelt er.

«Ich finde es gut, dass Lehrmethoden neu gedacht werden.»

Athi (21)

Vor allem, dass man selber entscheiden könne, wann man bereit sei für die Prüfung, findet Kevin (19) gut: «Vielleicht braucht jemand länger Zeit, bis er etwas verstanden hat.» Wenn er oder sie dann erst später zur Prüfung antreten könne, wirke sich das positiv auf die Noten aus. Athi (21) begrüsst vor allem, dass Lehrmethoden neu gedacht werden. «Der Lernplan ist sowieso ein wenig veraltet», meint Athi.

«Führt zu Verwirrung und Stress»

«Mit dem Ersetzen der Noten durch Farben kommt es zu einer Verwässerung der Leistung», sagt Grossrätin Jenny Schweizer (SVP) zu 20 Minuten. Am Ende der sechsten Klasse findet der Übertritt in die Sekundarstufe statt, dort gilt ein reguläres Bewertungssystem mit Noten und Hausaufgaben. «Die Schülerinnen und Schüler werden so nicht an dieses System herangeführt und dies wird beim Übertritt zu Verwirrung und Stress führen.»

Was hältst du von alternativen Schulmodellen?

Dass dieses alternative Schulmodell der Öffentlichkeit erst durch die Tamendia-Zeitungen bekannt wurde, kritisiert die Grossrätin stark. Auch auf der Website des Schulhauses sei diese Information nicht zu finden: «Es ist problematisch, dass somit die Erziehungsberechtigten nicht wissen, wie ihre Kinder ab der fünften Klasse beschult werden.» Ob es Noten und Hausaufgaben an Schulen geben soll, müsse diskutiert, politisch beschlossen und vom Erziehungsdepartement eng begleitet werden.

«Die bisherigen Erfahrungen sind gut»

Die bisherigen Erfahrungen mit diesem Unterrichtskonzept seien gut, teilt das Erziehungsdepartement Basel-Stadt (ED) auf Anfrage mit. «Weil das Unterrichtskonzept sehr individuell auf die Bedürfnisse der Kinder zugeschnitten ist, gehen wir davon aus, dass es sich positiv auf die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler auswirkt», schreibt das ED weiter. Der Unterricht wie auch die Beurteilung würden innerhalb der rechtlichen Vorgaben und gemäss Lernplan 21 erfolgen.

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