Neue Studie: Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz grosses Problem

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SchweizSexuelle Belästigung: Diese Branchen sind besonders betroffen

Eine neue Studie zeigt, dass sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz in der Schweiz immer noch ein Problem ist.

Häufig betroffen sind Personen in Branchen mit vielen Kundenkontakten wie dem Gastgewerbe, der Banken- oder Gesundheitsbranche.
Die Ergebnisse zeigen, dass ein Drittel der Arbeitnehmenden im bisherigen Erwerbsleben sexuell belästigt wurde – bei Frauen liegt der Anteil mit 44 Prozent deutlich höher als bei Männern mit 17 Prozent.
Jüngere Beschäftigte haben in den letzten zwölf Monaten mehr Vorfälle erlebt und fühlten sich häufiger sexuell belästigt als ältere.
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Häufig betroffen sind Personen in Branchen mit vielen Kundenkontakten wie dem Gastgewerbe, der Banken- oder Gesundheitsbranche.

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Darum gehts

  • Die Ergebnisse zeigen, dass ein Drittel der Arbeitnehmenden im bisherigen Erwerbsleben sexuell belästigt wurde.

  • Jüngere Beschäftigte haben in den letzten zwölf Monaten mehr Vorfälle erlebt.

  • Häufig betroffen sind Personen in Branchen mit vielen Kundenkontakten.

Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz ist in der Schweiz trotz Präventionsmassnahmen weiterhin ein Problem. In einer Mitteilung schreibt der Bund: «Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz bezeichnet aus rechtlicher Sicht eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und ist als solche im Gleichstellungsgesetz ausdrücklich verboten.»

Die vom Eidgenössischen Büros für die Gleichstellung von Frau und Mann (EBG) und des Staatssekretariats für Wirtschaft (SECO) in Auftrag gegebene Studie ist die zweite Erhebung zu diesem Thema nach der ersten Studie von 2008. Befragt wurden dieses Mal Arbeitnehmende und Arbeitgebende.

So wurde die Befragung erhoben

Der Bund schreibt weiter: «Die Wahrnehmung von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz kann individuell unterschiedlich sein.» Aus diesem Grund wurden die Arbeitnehmenden einerseits gefragt, ob sie sich im bisherigen Erwerbsleben sexuell belästigt gefühlt und damit sexuelle Belästigung im Sinne des Gleichstellungsgesetzes erlebt haben.

Abgefragt wurden zwölf Verhaltensweisen, die ein breites Spektrum von sexistischen oder abwertenden Sprüchen, Witzen und Nachrichten, obszönen Gesten, körperlichen Annäherungen bis hin zu sexuellen Übergriffen abdecken.

Abgefragt wurden zwölf Verhaltensweisen, die ein breites Spektrum von sexistischen oder abwertenden Sprüchen, Witzen und Nachrichten, obszönen Gesten, körperlichen Annäherungen bis hin zu sexuellen Übergriffen abdecken.

PantherMedia / Andriy Popov

Andererseits wurden die Arbeitnehmenden gefragt, ob sie im bisherigen Erwerbsleben konkrete sexistische und sexuelle Verhaltensweisen erlebt haben, die gemäss Gleichstellungsgesetz als sexuelle Belästigung eingestuft werden könnten, von den Befragten aber nicht zwingend als solche wahrgenommen wurden. Abgefragt wurden zwölf Verhaltensweisen, die ein breites Spektrum von sexistischen oder abwertenden Sprüchen, Witzen und Nachrichten, obszönen Gesten, körperlichen Annäherungen bis hin zu sexuellen Übergriffen abdecken.

Diese Menschen sind besonders betroffen

Die Ergebnisse zeigen, dass ein Drittel der Arbeitnehmenden im bisherigen Erwerbsleben sexuell belästigt wurde – bei Frauen liegt der Anteil mit 44 Prozent deutlich höher als bei Männern mit 17 Prozent. «Mehr als die Hälfte (52 Prozent) hat zudem im Verlauf des Berufslebens mindestens eine der abgefragten sexistischen oder sexuellen Verhaltensweisen erlebt. Auch hier sind Frauen (59 Prozent) deutlich häufiger betroffen als Männer (46 Prozent)», heisst es in der Studie.

Junge Frauen erleben häufiger sexuelle Belästigung

Jüngere Beschäftigte haben in den letzten zwölf Monaten mehr Vorfälle erlebt und fühlten sich häufiger sexuell belästigt als ältere. Der Einfluss des Alters ist bei den Frauen besonders deutlich. Allein in den letzten zwölf Monaten hat ein Drittel der jungen Frauen zwischen 16 und 25 Jahren sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt.

Diese Berufsbranchen sind häufiger betroffen

Häufig betroffen sind ausserdem Personen in Branchen mit vielen Kundenkontakten wie dem Gastgewerbe, der Banken- oder der Gesundheitsbranche. Bei den belästigenden Personen handelt es sich am häufigsten um männliche Arbeitskollegen derselben Hierarchiestufe. Bei den Frauen, die von Belästigung berichteten, ging diese oft auch von Vorgesetzten aus.

In jedem fünften Betrieb gibt es keine Präventions- und Interventionsmassnahmen

«Arbeitgebende sind gemäss Gleichstellungsgesetz und Arbeitsgesetz verpflichtet, Massnahmen zur Prävention von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz zu ergreifen», schreibt der Bund. Dennoch gibt es in jedem fünften Betrieb trotz dieser gesetzlichen Verpflichtung keine Präventions- und Interventionsmassnahmen.

Das sagt der Schweizerische Gewerkschaftsbund

Jede zweite arbeitstätige Person in der Schweiz hat bereits sexuelle oder sexistische Belästigung am Arbeitsplatz erlebt. Besonders betroffen sind Frauen: Fast 60 % berichten von unerwünschten Berührungen, anzüglichen Bemerkungen oder sogar Übergriffen. Die Studie verdeutlicht, dass sexuelle Belästigung überall passieren kann: in Büros, Werkstätten, auf Baustellen und besonders oft in Branchen mit viel Kundenkontakt wie dem Verkauf, dem Gesundheitsbereich oder der Gastronomie.

Der SGB fordert von den Arbeitgebern, dass sie ihre Verantwortung ernst nehmen und klare Massnahmen ergreifen. Dazu gehört eine verbindliche Nulltoleranzpolitik: Jeder Betrieb muss klare Regeln gegen sexuelle Belästigung einführen und diese konsequent durchsetzen. Arbeitgeber müssen regelmässige Schulungen anbieten, damit Mitarbeitende und Führungskräfte wissen, was sexuelle Belästigung ist, wie sie diese erkennen, wie sie darauf reagieren – und wie sie präventiv für ein respektvolles Arbeitsklima sorgen.

Quelle: Schweizerischer Gewerkschaftsbund (SGB)

Die Mehrheit der Arbeitgebenden gibt zwar an, dass ihre Unternehmen sexuelle Belästigung ernst nehmen, doch die Studie zeigt sowohl bei Arbeitgebenden als auch bei Arbeitnehmenden erhebliche Lücken, was die Kenntnisse zu den rechtlichen Rahmenbedingungen angeht.

Empfehlungen zur Verbesserung der Prävention

Die Studie enthält entsprechend Empfehlungen für eine zielgerichtete Präventions- und Interventionsarbeit. Es brauche eine bessere Sensibilisierung und Aufklärung der Verantwortlichen durch die Arbeitgebenden. «Ebenso zentral ist die Schaffung klarer betrieblicher Strukturen und Prozesse, damit Betroffene ermutigt werden, Vorfälle zu melden und Unterstützung erhalten», so die Studie abschliessend.

Gestützt auf die Studie werden das EBG und SECO ihre Informations- und Schulungsunterlagen überarbeiten und aktualisieren. Diese richten sich an Branchenorganisationen, Arbeitgebende und Arbeitnehmende und werden im Verlauf des nächsten Jahres publiziert.

Hast auch du schon sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz erlebt? Erzähle uns von deinen Erfahrungen in untenstehendem Formular.

Wirst du oder wird jemand, den du kennst, sexuell belästigt?

Hier findest du Hilfe:

Belästigt.ch, Onlineberatung bei sexueller Belästigung am Arbeitsplatz

Verzeichnis von Anlaufstellen

Beratungsstellen der Opferhilfe Schweiz

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