«Sicherheit geht vor»Mehr Verwahrungen, keine Freigänge: Politik reagiert auf Basel-Mord
Bürgerliche Politiker nehmen die aktuelle Verwahrungspraxis der Schweiz ins Visier. Die Hürden dafür sollen gesenkt werden. Und mit Freigängen von Tätern in stationären Massnahmen soll Schluss sein.
Darum gehts
Nationalräte fordern nach dem Freigang-Mord in Basel mehr Verwahrungen und die Einschränkung der Hafturlaube.
Das erhöhe die Sicherheit und spare noch Geld, argumentieren Nina Fehr Düsel und Pascal Schmid (beide SVP).
Parlamentarier aus FDP und Mitte unterstützen die Streichung von Freigängen von Personen in stationären Massnahmen.
Von links gibt es Widerstand: Ziel der Massnahmen sei es, die Täter einmal in die Gesellschaft zu integrieren.
Im August tötete ein psychisch kranker Mann (32) in Basel eine 75-jährige Frau. Der Täter war nach einem ersten Mord in einer stationären Massnahme in der psychiatrischen Universitätsklinik, hatte aber unbegleiteten Freigang. Die Tat sorgte für emotionale Diskussionen über Freigänge und Verwahrungen – und hat nun politische Konsequenzen.

Der Täter von Basel war in einer stationären Massnahme. In dieser Situation sollen künftig zumindest in den ersten vier Jahren keine Freigänge mehr möglich sein.
20 MinutenParlamentarier reichen heute Vorstösse ein für die Streichung von unbegleiteten Freigängen und zu tieferen Hürden für die Verwahrung von Straftätern. Sie stammen aus der Feder von Nina Fehr Düsel und Pascal Schmid. Die beiden SVPler sammelten in den letzten Tagen auch zahlreiche Unterschriften von Nationalräten anderer Parteien.
«Lückenschliessung» bei den unbegleiteten Hafturlauben
«Der Fall Basel ist nicht der erste Fall, wo es im Hafturlaub zu verheerenden Rückfällen kam», sagt Fehr Düsel. Deshalb brauche es eine «Lückenschliessung bei den unbegleiteten Hafturlauben». Diese sollen künftig auch bei stationären Massnahmen und nicht nur bei der ordentlichen Verwahrung eingeschränkt werden, fordert sie. Frühestens nach vier Jahren soll ein unbegleiteter Hafturlaub möglich werden. «Die Sicherheit der Bevölkerung geht hier klar vor», so Fehr.

Die Zürcher SVP-Nationalrätin Nina Fehr Düsel will mit ihrem Vorstoss «Lücken schliessen», erklärt sie.
20min/Matthias SpicherEinen anderen Ansatzpunkt wählt SVP-Nationalrat Pascal Schmid, der früher als Bezirksgerichtspräsident tätig war und selbst eine lebenslängliche Verwahrung angeordnet hat. «Aktuell werden viel zu viele Nicht-Therapierbare therapiert», glaubt der Thurgauer. Von 2018 bis 2023 seien 620 Täter in einer stationären Massnahme gelandet und nur 14 verwahrt worden.
Schwelle für Verwahrungen soll deutlich gesenkt werden
Dieses Verhältnis will er korrigieren, indem die Schwelle für Verwahrungen deutlich gesenkt wird. Das erhöhe die Sicherheit und senke die Kosten massiv, weil Therapien teurer seien als Verwahrungen. Hinzu komme, dass die heutige Praxis, die Therapierfähigkeit in den nächsten 20 Jahren zu beurteilen, dem Volkswillen nicht gerecht werde. 2004 wurde die Verwahrungsinitiative mit 56 Prozent der Stimmen angenommen.
Die Vorstösse von Schmid und Fehr Düsel sind von Parlamentariern aus FDP und Mitte mitunterzeichnet worden und dürften eine Chance haben, mehrheitsfähig zu werden. Widerstand kommt indes von linker Seite.
SP-Marti: «Über Jahrzehnte hinweg können sich Menschen verändern»
SP-Nationalrätin Min Li Marti, die in der zuständigen Rechtskommission sitzt, hält nichts von den Plänen. Das Ziel der Massnahmen sei es, Menschen irgendwann wieder in die Gesellschaft einzugliedern und Rückfälle zu verhindern. «Je länger jemand weggesperrt war, desto schwieriger wird es, diese Person wieder in den Alltag zu integrieren», mahnt die Zürcherin. «Werden Hafturlaube noch stärker eingeschränkt, erschwert das die Integration weiter und wir erhalten langfristig keinen Sicherheitsgewinn», so Marti zu Fehr Düsels Vorstoss.

Min Li Marti, Nationalrätin der SP, wehrt sich gegen Verschärfungen in der Verwahrungspraxis. «Menschen könnten sich über Jahrzehnte hinweg verändern», sagt sie.
20min/Stefan LanzAuch die Schwelle für Verwahrungen zu senken, sei der falsche Weg. Es sei fast unmöglich, je wieder rauszukommen. «Über Jahrzehnte hinweg können sich Menschen verändern.» Viele psychische Erkrankungen seien therapierbar, auch ein medizinischer Fortschritte sei denkbar. «Zu sagen, dass ein 20-jähriger auch mit 72 nicht therapierbar sein wird, ist gewagt. Deshalb macht es Sinn, Verwahrungen zurückhaltend auszusprechen», so Marti.
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