So steht es aktuell um die Corona-Impfung

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Weltweit und in der SchweizSo steht es aktuell um die Corona-Impfung

Sorgen, Ängste, Unsicherheiten: Nach langen Monaten des Hoffens auf einen Impfstoff gegen das Coronavirus Sars-CoV-2 überschlagen sich nun die Meldungen. Das ist der Stand der Dinge.

Ab kommender Woche darf der von Biontech und Pfizer entwickelte Impfstoff in Grossbritannien verabreicht werden.
Es ist damit das erste westliche Land, das diesen Schritt geht. Gleichzeitig ist BNT162B2, so der Name des Vakzins, der erste Impfstoff aus dem Westen, der so weit ist.
In Russland ist man da schon weiter. Dort wird bereits seit August 2020 der russische Impfstoff Sputnik-5 (auch Gam-Covid-Vac Lyo genannt) verabreicht.
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Ab kommender Woche darf der von Biontech und Pfizer entwickelte Impfstoff in Grossbritannien verabreicht werden.

Foto: Reuters

Wie steht es derzeit im Rennen um den Impfstoff?

Weltweit laufen laut Weltgesundheitsorganisation WHO über 200 Impfstoffprojekte – 57 befinden sich in klinischen Studien, mindestens 87 in Tiermodellen, so die «New York Times». Für drei Kandidaten wurden bereits Zulassungsanträge in verschiedenen Ländern gestellt. Swissmedic prüft derzeit zwei Anträge in einem rollenden Verfahren. Alle drei Kandidaten versprechen eine hohe Wirksamkeit (Moderna: 94,1 Prozent, Biontech/Pfizer: 90 Prozent und Astra-Zeneca/Oxford University: 70 Prozent). Am 2. Dezember 2020 erhielt das Produkt von Biontech/Pfizer als erster regulärer Corona-Impfstoff eine Notfallzulassung – in Grossbritannien.

Was ist mit den Impfstoffen aus Russland und China?

Sieben Kandidaten gelten als teilweise genehmigt. Ausser dem von Astra-Zeneca und der Oxford University stammen sie aus Russland oder China und wurden zugelassen (temporär oder für eine bestimmte Gruppe von Menschen), ohne dass dafür alle Testresultate der Phase-3-Studien abgewartet wurden. Das widerspricht dem anerkannten Vorgehen bei der Impfstoff-Entwicklung. Anders ausgedrückt: Verlässliche Daten zur Wirksamkeit oder zu Nebenwirkungen liegen daher noch nicht vor.

Wie funktionieren die potenziellen Corona-Impfstoffe?

Wie alle anderen Impfstoffe basieren auch diese auf dem Grundprinzip, dass dem menschlichen Immunsystem Teile des neuartigen Coronavirus – sogenannte Antigene – präsentiert werden, damit der Körper eine Immunität gegenüber dem Erreger aufbauen kann. Dafür gibt es drei verschiedene Ansätze: Totimpfstoffe mit Virusproteinen, Lebendimpfstoffe mit Vektorviren und mRNA-Impfstoffe.

Wie werden die Corona-Impfstoff-Kandidaten getestet?

Wie alle Impfstoffe in einem mehrstufigen, festgelegten Verfahren: Erst wenn die präklinischen Studien (Tiermodelle) zeigen, dass ein potenzielles Vakzin keine gesundheitsschädlichen oder tödlichen Nebenwirkungen hat, folgen die klinischen Studien an Freiwilligen: In Phase I (einige Dutzend Teilnehmer) geht es darum, häufige Nebenwirkungen zu identifizieren und die beste Dosis eines Impfstoffes zu bestimmen. In Phase II (mehrere 100 oder 1000 Teilnehmer) gilt es, Nebenwirkungen auszumachen sowie die Einzelheiten der Immunantwort zu untersuchen und zum Beispiel die Anzahl der Dosen festzulegen. Mitunter werden Phase I und II kombiniert, um Zeit zu sparen. In Phase III (mehrere 10’000 oder 100’000 Teilnehmer) werden auch seltene Nebenwirkungen erkannt. Zudem zeigt sich, ob der Wirkstoff vor der Krankheit schützt und in welchen Alters- und Bevölkerungsgruppen er wirksam ist. Erst dann kann eine Zulassung beantragt werden. Ist diese erfolgt, startet Phase IV. Darin zeigt sich, wie der Impfstoff in den bisher nicht berücksichtigten Gruppen wirkt. Weiter wird überwacht, ob bei den Millionen von Menschen, die sich dann impfen lassen, sehr seltene, aber schwerwiegende Nebenwirkungen auftreten.

Was befürchten die Skeptiker?

Die Sorgen sind unterschiedlicher Natur: Einige befürchten eine Impfpflicht, die der Bund nach wie vor ausschliesst. Andere sind besorgt, dass bei der schnellen Entwicklung und dem rollenden Zulassungsverfahren Sicherheitsüberprüfungen übersprungen worden sein könnten, sodass die Impfstoffe nicht sicher sind. Wieder anderen sind die mRNA-Impfstoffe nicht geheuer. Sie befürchten, sie könnten ins genetische System eingreifen. Alle diese Punkte sind aus Sicht von Experten verschiedenster Fachrichtungen unbegründet.

Zu welchen Nebenwirkungen kann es kommen?

Eine finale Aussage dazu ist noch nicht möglich. Dafür müssen erst die Resultate der Phase-III-Studien abgewartet werden. Bis dato wurden von den Herstellern der drei aktuell aussichtsreichsten Kandidaten jedoch keinerlei schwerwiegende, unerwünschte Wirkungen erwähnt. Zudem werden sie als gut verträglich beschrieben. Vorgekommen seien bisher nur leichte bis moderate Nebenwirkungen, wie sie auch bei bekannten Impfungen vorkommen: Rötungen und Schmerzen an der Einstichstelle, Gelenk- oder Muskelschmerzen und Fieber. Auch Schüttelfrost, Müdigkeit und Erschöpfung werden gelistet. Die Effekte waren aber alle von kurzer Dauer.

Wie viele Impfdosen sind der Schweiz bislang sicher?

Im Sommer 2020 hat die Schweiz einen Vertrag mit dem Impfstoffhersteller Moderna über 4,5 Millionen Dosen abgeschlossen. Dank der internationalen Bemühungen durch die EU (via Schweden) hat sie Zugang zum Astra-Zeneca-Impfstoff. Hier beläuft sich die Zahl auf bis zu 5,3 Millionen Impfdosen. Weiter beteiligt sich die Schweiz an der internationalen Covax-Initiative, um dadurch Impfstoffe für bis zu 20 Prozent der Schweizer Bevölkerung zu beschaffen. Die Verhandlungen mit Biontech/Pfizer für rund 3 Millionen Impfdosen befinden sich gemäss BAG-Sprecherin Masha Maria Foursova in einem fortgeschrittenen Stadium.

Wann werden die ersten Personen in der Schweiz geimpft?

Einen konkreten Termin könne er noch nicht nennen, so Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif): «Voraussichtlich können wir im ersten Trimester impfen.» Es gelte erst einmal, die finalen Ergebnisse der Phase-3-Studien abzuwarten. «Bis dahin empfehlen wir gar nichts.»

Wer wird zuerst geimpft?

Eine Impfpflicht wird nach wie vor ausgeschlossen, die Herdenimmunität ist primär nicht das Ziel, so Ekif-Präsident Christoph Berger. Zunächst gehe es darum, gefährdete Personen wie Risikopatienten sowie deren Kontakte und das Gesundheitspersonal zu impfen, um schwere Erkrankungen zu verhindern, Leben zu retten und das Gesundheitssystem aufrechtzuerhalten. Basierend auf der Zwischenanalyse der Studiendaten sieht das BAG aktuell folgende Reihenfolge vor: Besonders gefährdete Personen, Gesundheitspersonal mit Patientenkontakt sowie Betreuungspersonal von besonders gefährdeten Personen, enge Kontakte (Haushaltsmitglieder) von besonders gefährdeten Personen, Personen in Gemeinschaftseinrichtungen mit erhöhtem Infektions- und Ausbruchsrisiko (mit altersdurchmischten Bewohnern, zum Beispiel in Wohnheimen für Menschen mit Behinderung) und schliesslich alle anderen Erwachsenen. Kinder sollen zunächst nicht geimpft werden, so Virginie Masserey, Leiterin Sektion Infektionskontrolle beim BAG. Bei ihnen gebe es zu viele unbekannte Faktoren. Beim Amt betont man, dass konkrete Impfempfehlungen erst dann ausgesprochen werden, wenn die detaillierten Phase-3-Studiendaten bekannt sind.

Wer trägt die Kosten einer Covid-19-Impfung?

Auf jeden Fall nicht die Personen, die sich impfen lassen. «Die Impfungen werden gratis, aber nicht obligatorisch sein», so Masserey am Point de Presse am 1. Dezember 2020.

Spielen Zulassungen in anderen Ländern eine Rolle für die Schweiz?

Nein, teilt das BAG mit. Für die Schweiz gelte: «Covid-19-Impfstoffe müssen eingehend durch Swissmedic geprüft und zugelassen werden, bevor sie in der Schweizer Bevölkerung zum Einsatz kommen.»

Hast du oder jemand, den du kennst, Mühe mit der Corona-Zeit?

Hier findest du Hilfe:

BAG-Infoline Coronavirus, Tel. 058 463 00 00

Dureschnufe.ch, Plattform für psychische Gesundheit rund um Corona

Branchenhilfe.ch, Ratgeber für betroffene Wirtschaftszweige

Pro Juventute, Tel. 147

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