Wegen BiodiversitätSollen Katzen draussen Glöggli tragen oder an die Leine?
Katzen schaden der Biodiversität, indem sie zahlreiche Kleinlebewesen töten. Dagegen will ein Berner FDP-Stadtrat etwas unternehmen.
Darum gehts
Hofstetter sorgt sich um die Biodiversität in der Stadt Bern.
Er stellt verschiedene Massnahmen bei Katzen zur Diskussion.
Die Stadt erkennt das Problem an, sieht aber keine durchführbaren Massnahmen.
Die Tierschutzorganisation NetAP weist darauf hin, dass nicht Katzen, sondern vor allem Menschen Schuld am Rückgang der Biodiversität sind.
Sollen Hauskatzen ein Glöggli tragen müssen, wenn sie nach draussen gehen? Braucht es Leinenzwang oder Freilaufverbot? Diese Fragen stellte der Berner Stadtrat Thomas Hofstetter (FDP) in einer Interpellation, die die Stadtregierung kürzlich beantwortet hat.
Hofstetter führt an, dass sich in der Stadt Bern 14’000 Hauskatzen draussen bewegen. «Diese erbeuten vorwiegend Mäuse, aber auch viele Vögel, Eidechsen, Blindschleichen, Amphibien und sogar Fledermäuse», schreibt Hofstetter. Hauskatzen seien damit die gefährlichsten «Raubtiere» der Schweiz und sehr schlecht für die Biodiversität.
Doch Schuld daran sind laut Hofstetter nicht die Katzen, sondern die Menschen, die ihre Verantwortung nicht wahrnähmen – deshalb müsse man über neue Massnahmen diskutieren.
«Dem Gemeinderat ist bekannt, dass Hauskatzen die Artenvielfalt beeinträchtigen», heisst es in der Antwort, die diese Woche publiziert wurde. Es gelte aber zu bedenken, dass Katzen in der Bevölkerung beliebte Haustiere seien.
Das sagt der Gemeinderat zu den Vorschlägen:
Kastrationspflicht
Bereits nach heute geltendem Recht bestehe die Pflicht, die übermässige Vermehrung von Katzen zu verhindern. Der administrative Aufwand wäre zudem hoch und würde bei streunenden Katzen nicht greifen.
Glöggli-Pflicht
Das Tragen von Glöckchen vermindere den Jagderfolg bei ausgewachsenen Vögeln, bringe aber bei Jungvögeln nichts. Der Effekt bei anderen Kleinlebewesen wie Amphibien, Reptilien, Insekten oder Fischen sei ebenfalls klein oder nicht vorhanden.
Leinenzwang und Freilaufverbot
Laut Gemeinderat wären das eindeutig die wirkungsvollsten Massnahmen – allerdings würden sie gesellschaftlich wohl nicht akzeptiert.
Vor diesem Hintergrund zieht der Gemeinderat momentan generell verbindliche Vorgaben nicht in Betracht, heisst es abschliessend.
«Die Antwort der Stadt ist korrekt, sie blendet aber die Problematik des Biodiversitätsverlustes völlig aus und ist deshalb mutlos», sagt Thomas Hofstetter zu 20 Minuten.
«Ich fordere diese Massnahmen nicht. Ich habe in dem Sinn auch kein Patentrezept, wie man weiter vorgehen soll», betont Hofstetter gegenüber 20 Minuten. «Mir geht es darum, dass die Vorschläge geprüft werden. Ich finde Katzen tolle Tiere, es geht mir nicht um sie. Aber der Verlust an Biodiversität ist ein riesiges Problem, gegen das auch von der Berner Stadtregierung nicht genug gemacht wird.»
Welchen der Vorschläge würdest du am ehesten unterstützen?
«Biodiversität ein zentrales Anliegen»
Mit dem Vorwurf der Mutlosigkeit konfrontiert, heisst es vom Informationsdienst der Stadt: «Der Klima- und Umweltschutz und die Förderung der Biodiversität sind zentrale Anliegen der Stadt Bern, die auch in den Legislaturzielen 2021 – 2024 des Gemeinderats festgehalten sind.» Die Stadt betreibe in diesen Bereichen grosse Anstrengungen, heisst es weiter. Namentlich etwa: Das Energiestadt-Gold-Label, das Biodiversitätskonzept und das preisgekrönte Themenjahr «Natur Braucht Stadt».
NetAP: Kastrationspflicht ja, Leine nein
«Wir kämpfen schon sehr lange für eine Kastrationspflicht», sagt Esther Geisser, Präsidentin und Gründerin der Tierschutzorganisation NetAP, zu den vorgeschlagenen Massnahmen. Eine Einführung würde sie begrüssen. Von Leinenzwang und Freilaufverbot ist sie wenig begeistert: «Leinenzwang ist utopisch. Die wenigsten Katzen tolerieren es, an der Leine zu gehen. Freigänger dauerhaft einzusperren ist auch nicht tiergerecht.»
Man könne Katzen aber ein paar Tage drinnen behalten, wenn draussen Jungvögel flügge werden. Die kurzzeitige Verwendung von einem Glöckchen findet Geisser ebenfalls sinnvoll. «Allerdings ist ein Glöckchen auf Dauer schädlich und der Nutzen eher minimal», sagt sie.
Zudem gibt sie zu bedenken: «Ob Katzen wirklich einen so grossen Einfluss auf die Biodiversität haben, ist aber fraglich. Die Zersiedelung und die Düngung, Pestizide und die Zerstörung des Lebensraums vieler Arten sind daran Schuld, dass immer mehr Tiere kaum mehr Überlebenschancen haben.» Es sei bequem, Katzen die Schuld zu geben, statt die eigene Lebensweise zu ändern.
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