Diese Zürcher Nationalräte schwänzen Session wegen Sechseläuten

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«Terminkollision»Diese Zürcher Nationalräte schwänzen Session wegen Sechseläuten

Zürich im Datumspech! Genau während der Sondersession des Nationalrats findet das Sechseläuten statt. Das bringt mehrere Parlamentsmitglieder in einen Gewissenskonflikt – den die meisten aber zugunsten des Festes und gegen ihr Volksmandat entscheiden.

Ausgerechnet am Montag, dem 15. April, ist Sechseläuten und gleichzeitig Sondersession in Bern.
Er ist der Höhepunkt des Sechseläutens: der Böögg. Doch einige Zürcher Politiker bringt er dieses Jahr in die Bredouille.
SVP-Nationalrat Gregor Rutz gibt dem Böögg den Vorzug vor der politischen Arbeit in Bern.
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Ausgerechnet am Montag, dem 15. April, ist Sechseläuten und gleichzeitig Sondersession in Bern.

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Das wichtigste Zürcher Volksfest fällt ausgerechnet mit der Sondersession des Nationalrates zusammen.

  • Einige Nationalrätinnen und -räte werden darum den Sitzungstag sausen lassen.

  • Darunter sind Gregor Rutz (SVP), Regine Sauter (FDP) und Bettina Balmer (FDP).

  • Für das Sechseläuten verzichten sie auf 440 Franken Nationalrats-Sitzungsgeld.

Das Zürcher Sechseläuten ist das wichtigste Volksfest der grössten Schweizer Stadt. Jedes Jahr sind auch diverse Promis aus Showbusiness und Politik am Umzug und dem Böögg-Verbrennen dabei – natürlich auch viele aus dem Nationalrat. Einige wie Bruno Walliser (SVP), Gregor Rutz (SVP) und Andri Silberschmidt (FDP) sind selbst in einer Zunft, andere sind dieses Jahr als Gäste eingeladen. Dazu gehören Bettina Balmer (FDP) und Regine Sauter (FDP) oder der Appenzell-Ausserrhoder David Zuberbühler (SVP), dessen Heimat dieses Jahr Gastkanton ist.

Doch sie alle stecken in einem Gewissenskonflikt. Denn gleichzeitig, während in Zürich der Böögg brennt, tagt in Bern der Nationalrat an der Sondersession. Sollen sie also ihrer Zunft-Pflicht folgen oder der Pflicht, als gewählte Volksvertreter in Bern den Knopf zu drücken?

Die Nationalrats-Zünfter stecken im Gewissenskonflikt

Walliser und Silberschmidt sagen, sie hätten sich noch nicht endgültig zwischen der Session und dem Sechseläuten entschieden. Bruno Walliser sagt: «Stand jetzt, denke ich, könnte ich mir die Abwesenheit vom Nationalrat für einen Tag verzeihen, denn ich hatte in der letzten Legislatur eine Präsenz von nahezu 99 Prozent.»

Auf den ersten Mai habe man bei der Planung der Sondersession schon Rücksicht genommen, auf das Sechseläuten «halt nicht», sagt Zünfter Andri Silberschmidt (FDP) mit Bedauern.

Auf den ersten Mai habe man bei der Planung der Sondersession schon Rücksicht genommen, auf das Sechseläuten «halt nicht», sagt Zünfter Andri Silberschmidt (FDP) mit Bedauern.

20min/Matthias Spicher

Und FDP-Vize Silberschmidt findet: «Es ist wirklich etwas blöd geplant.» In der Vergangenheit habe man bei der Sondersession schon auf den ersten Mai Rücksicht genommen, «da haben die Linken sehr darauf gepocht, dass an diesem Tag keine Session ist und sie diesen feiern können». Jetzt habe man anders entschieden. «Ob aus Unwissenheit um den Zürcher Feiertag oder mit Absicht, weiss ich nicht», sagt er.

Wortkarg bleibt Zünfter Gregor Rutz. Er lässt ausrichten, dass er am Sechseläuten teilnehmen werde und sich im Nationalrat habe entschuldigen lassen. Wäre Rutz letzten Herbst in den Ständerat gewählt worden, hätte er den Gewissenskonflikt übrigens nicht, denn der Ständerat tagt erst Ende Mai wieder.

Vertreter des Gastkantons sagt ab – und ist hässig

Gesprächiger als Rutz ist sein Appenzeller Partei- und Ratskollege David Zuberbühler. Er wäre als Ehrengast des Gastkantons bei einer Zunft eingeladen gewesen und hatte schon zugesagt, «in der Annahme, dass das Ratspräsidium auf das Sechseläuten Rücksicht nimmt.»

Hat dem Böögg abgesagt: David Zuberbühler (SVP/AR)

Hat dem Böögg abgesagt: David Zuberbühler (SVP/AR)

20min/Matthias Spicher

Doch nun habe er seine Teilnahme am Sechseläuten schweren Herzens wieder abgesagt. «Das erwarten meine Wähler von mir, schliesslich kann im Rat jede einzelne Stimme entscheidend sein, wie sich das etwa beim Armeebudget gezeigt hat.» Er habe aber «ein gewisses Verständnis» für Zürcher Kolleginnen und Kollegen, die in Bern fehlen werden.

Zwei eingeladene FDP-Frauen nehmen am Sechseläuten teil

Definitiv fürs Sechseläuten entschieden haben sich die beiden FDP-Frauen Bettina Balmer und Regine Sauter. Sauter sagt, das Sechseläuten habe für sie eine grosse emotionale Bedeutung. «Es ist ein Fest, das mir und der Stadt viel bedeutet, das darf und will ich auch zeigen.» Sie habe nur sehr wenige Absenzen im Nationalrat, deswegen «habe ich keineswegs ein schlechtes Gewissen».

Regine Sauter, links (FDP) und Bettina Balmer, rechts (FDP) sind als Ehrengäste bei verschiedenen Zünften eingeladen und werden daher den Tag in Zürich statt Bern verbringen.

Regine Sauter, links (FDP) und Bettina Balmer, rechts (FDP) sind als Ehrengäste bei verschiedenen Zünften eingeladen und werden daher den Tag in Zürich statt Bern verbringen.

20min/Matthias Spicher

Ähnlich argumentiert Bettina Balmer. Die neugewählte Stadtzürcherin habe sich den Entscheid aber nicht leicht gemacht und erst mit der Fraktion gesprochen. «Da ich kein Geschäft zu vertreten habe – und es eben auch nach Rücksprache mit der Fraktion keine Probleme gab – habe ich mir gesagt, ich kann mir diese Abwesenheit gestatten».

Das sagt der Nationalratspräsident

Folgen – gar eine Abmahnung – hat das Fehlen für die Abwesenden nicht. Nationalratspräsident Eric Nussbaumer sagt: «Wer an einer Ratssitzung nicht dabei sein kann, entschuldigt sich vor der Sitzung beim Ratssekretariat.» Für die Anwesenden entfällt das Sitzungsgeld in der Höhe von 440 Franken «und die Stimme geht bei Abstimmungen verloren».

Besonders viel Verständnis für den Terminkonflikt der Zürcherinnen und Zürcher hat der Baselbieter aber nicht. «Ich erinnere daran, dass die Basler oder Luzerner Fasnacht sehr oft in die Frühjahrssession fällt.» Immer wieder gebe es darum Ratsmitglieder, die einen Konflikt zwischen ihrer Ratstätigkeit und ihrer lokalen Tradition erleben.

Gehst du dieses Jahr ans Sechseläuten?

Absicht sei das Zusammentreffen der beiden Daten jedenfalls sicher nicht, sagt der höchste Schweizer: «Die Sessionen werden mehrere Jahre im Voraus geplant. Das Zusammenfallen der Daten ist der diesjährigen Verschiebung bei den Feiertagen geschuldet.»

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