Halbierungsinitiative: Streit um SRG-Aktivitäten auf Tiktok & Co.

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«200 Franken sind genug»169 Kanäle auf Social Media – Initiative will «Krake SRG» im Netz zurückbinden

Mit der «Halbierungsinitiative» wollen Bürgerliche der SRG an den Kragen. Sie stören sich an deren Aktivitäten im Internet und den sozialen Medien. Die SRG stehe eben gerade nicht «für die Medienvielfalt», sondern bedrohe vielmehr private Medien mit ihrer Expansion.

SVP-Nationalrat Thomas Matter ist Co-Präsident des Initiativkomitees der SRG-Initiative. «Unsere Gegner plädieren für Medienvielfalt und bekämpfen sie mit ihrer Politik», sagt er. 
Damian Müller, Luzerner FDP-Ständerat, verteidigt die Social-Media-Strategie der SRG. 
Vertreterinnen und Vertreter der SVP bei einem Medienanlass zur SRG-Initiative auf dem Waisenhausplatz in Bern.
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SVP-Nationalrat Thomas Matter ist Co-Präsident des Initiativkomitees der SRG-Initiative. «Unsere Gegner plädieren für Medienvielfalt und bekämpfen sie mit ihrer Politik», sagt er. 

20min/Matthias Spicher

Darum gehts

  • Im August soll die sogenannte «Halbierungsinitiative» aus SVP-Kreisen eingereicht werden. 

  • Das Anliegen verlangt eine Kürzung der Abgabe pro Haushalt von 335 auf 200 Franken. 

  • Die Initianten sehen unter anderem in den sozialen Medien riesiges Sparpotenzial. 

  • Zu starke gebührenfinanzierte Medien zerstörten die Medienvielfalt, so die Initianten. Die Allianz Pro Medienvielfalt hingegen sagt: «Wer Medien halbiert, macht sie kaputt».

Soll die Abgabe für Radio und Fernsehen von 335 auf 200 Franken pro Jahr gesenkt werden? Das fordert die SRG-Initiative aus Kreisen der SVP. Unterschriften sind genügend gesammelt, dem Vernehmen nach soll das umstrittene Volksbegehren schon im August eingereicht werden.

Eine Annahme hätte Konsequenzen für die gesamte Medienlandschaft. Verteidigt wird die SRG von der «Allianz Pro Medienvielfalt», in der sich unter anderem Politiker und Künstlerinnen zusammengeschlossen haben. Die Organisation warnt vor «weniger Zusammenhalt, weniger Gemeinsinn und damit weniger Schweiz».

SVP-Matter: «Starke SRG im Netz zerstört Medienvielfalt»

SVP-Nationalrat Thomas Matter ist Co-Präsident des Initiativkomitees und findet: «Unsere Gegner plädieren für Medienvielfalt und bekämpfen sie mit ihrer Politik.» Zu starke gebührenfinanzierte Medien zerstörten die Privaten und somit die Vielfalt, sagt er.

Besonders im Visier haben die Initianten die SRG-Aktivitäten im Internet und den sozialen Medien. Tatsächlich betreiben SRF & Co. rund ein Dutzend Tiktok-Accounts. Darunter etwa «SRF Studio 404», «SRF Virus» oder «SRG Insider». Der Erfolg ist teilweise beträchtlich. Der französisch-sprachige RTS-Kanal «Tatakiii» hat über eine Million Followerinnen und Follower. Die SRG betreibt insgesamt mindestens 169 aktive Social-Media-Konten.

«Die SRG ist ein Krake, der aus dem Ruder gelaufen ist – sie versucht sich auf allen Ebenen zu tummeln», sagt FDP-Politiker Andreas Kleeb. Er war bereits Teil des Komitees der «No Billag»-Initiative und ist nun Mitglied im Initiativkomitee der Halbierungsinitiative. «Auch mit 200 Franken kann man noch für den politischen und gesellschaftlichen Zusammenhalt der Schweiz sorgen», sagt er.

So viel Serafe-Geld erhält die SRG

Mit den Serafegebühren werden laut dem Bundesamt für Kommunikation (BAKOM) jährlich rund 1,4 Milliarden Franken eingenommen. Davon erhält die SRG 1,2 Milliarden Franken – der Rest geht an private Radios und TV-Stationen sowie die Nachrichtenagentur Keystone-SDA.

Mit der Halbierungsinitiative würden statt 335 nur noch 200 Franken Serafe-Gebühren anfallen und die Abgabe für Unternehmen würde ganz wegfallen. Die Initianten gehen in ihrem Argumentationspapier davon aus, dass, basierend auf den Serafe-Einnahmen von 2020, dann noch knapp 701 Millionen Serafegebühren eingenommen würden – davon würden rund 611,5 Millionen Franken an die SRG fliessen.

Die SRG hatte 2022 einen Betriebsertrag von 1,55 Milliarden Franken – dieser setzt sich aus über 1,2 Milliarden Franken Serafe-Gebühren, 240 Millionen Franken Werbeeinnahmen und 77 Millionen Franken übrigen Erträgen zusammen.

Dutzende SRG-Channels auf Tiktok, Youtube & Co.

Parallel bespielen SRG-Mitarbeitende über 40 Instagram-Kanäle. Bei «We, Myself & Why» gehe es um «alle Fragen & all the feels», so der Eigenbeschrieb von SRF. Präsent ist der öffentlich-rechtliche Rundfunk auch auf Youtube – und zwar mit Dutzenden Kanälen von einzelnen Sendungen, aber auch ganzen Sendern.

Das ärgert Matter. «Gerade die Online-Welt und die sozialen Medien sind das Territorium der Privaten», sagt er. Es sei «absurd, dass ein öffentlich-rechtlicher Sender Dutzende Accounts auf Tiktok und Instagram bespielt». Dabei sei Social Media kein Service public – «hier kann viel Geld gespart werden», kündigt er an.

FDP-Ständerat: «Das gefährdet Zusammenhalt des Landes»

Ganz anders sieht das der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller. «Es ist richtig und wichtig, dass die SRG in sozialen Medien wie Tiktok experimentiert», sagt er. Es gehöre zu deren Auftrag, dort präsent zu sein, wo das breite Publikum sei. Heute wisse niemand, wo sich der Mainstream in zehn Jahren bewege.

Findest du 335 Franken einen fairen Betrag für die SRG?

Müller: «Tiktok ist dann womöglich überholt, aber gerade ein öffentliches Medienhaus darf sich nicht nur auf einzelne wenige Plattformen konzentrieren.» Wer der SRG hier Fesseln anlegen wolle, «gefährdet mittelfristig den Zusammenhalt des Landes», ist er überzeugt. Der Co-Präsident der Allianz für Medienvielfalt streicht ausserdem die Bedeutung der SRG in Randregionen und für Randsportarten hervor.

Initianten setzen auf Medienminister Albert Rösti

Die Initianten hoffen, dass sich schon vor der Volksabstimmung etwas tut. «Bundesrat Albert Rösti sitzt in unserem Initiativkomitee. Ich hoffe, dass er als Medienminister zeitnah Gegensteuer geben kann mit einer neuen Konzession», sagt Matter.

Die Erteilung der neuen Konzession hat der SVP-Bundesrat aber kürzlich erst verschoben – mit Verweis auf die Halbierungsinitiative. Aus dem Komitee kann Rösti im Übrigen aus juristischen Gründen nicht austreten. 

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