ArbeitskräftemangelÜber 13’500 offene Stellen – darum fehlt dem Detailhandel das Personal
Die Zahl der registrierten Arbeitslosen im Detailhandel ist auf dem tiefsten Wert seit zehn Jahren, bei den offenen Stellen gibt es dafür Rekordwerte. Das sind die Gründe.
Darum gehts
Die Zahl der Menschen, die neu in den Detailhandel einsteigt, sinkt laut Credit Suisse.
Da es nicht genug Neueintritte gibt, schafft es die Branche nicht, die Abgänge zu kompensieren.
Das hat dazu geführt, dass die Rekrutierung heute die grösste Herausforderung im Retail ist.
«Es fehlt überall an Leuten, noch nie waren so viele Berufe betroffen», hat Migros-Personalchef Reto Parolini gesagt. Er spürt den Arbeitskräftemangel täglich: Alleine bei der Migros Genossenschaft Aare sind über 450 Stellen offen. Auch Coop sucht Personal, schweizweit gibt es beim Detailisten mehr als 3000 Vakanzen.
Am 15. Dezember gab es laut dem Personaldienstleister x28 insgesamt 13’548 offene Stellen im Detailhandel. Die Lage in der Branche ist angespannter als in der Gesamtwirtschaft: Die Zahl der registrierten Arbeitslosen war 2022 auf dem tiefsten Wert seit zehn Jahren, bei den offenen Stellen gab es dafür Rekordwerte.
Rekrutierung ist grösste Herausforderung im Detailhandel
Die Umsätze im Schweizer Detailhandel sind letztes Jahr um rund 2,5 Prozent gesunken, wie Zahlen der Credit Suisse zeigen. Für 2023 sagt die Bank ein Plus von zwei Prozent voraus. Laut Fuhrer & Hotz ist der Personalmangel die grösste Herausforderung in der Branche: Über 80 Prozent von 52 Befragten Handelsentscheidern gaben an, dass die Rekrutierung herausfordernd oder sehr herausfordernd sei.
Doch warum gibt es in der Retail-Branche so einen grossen Mangel an Arbeitskräften? Die Detailhandelsspezialistin Meret Mügeli von der Credit Suisse (CS) und CS-Chefökonom Claude Maurer erklären die Gründe.
Neueintritte in die Branche sinken
Die Firmen suchten vor allem Mitarbeitende mit Berufslehre oder höherer Berufsbildung, sagt Mügeli. Die meisten Personen, die neu im Detailhandel starten, seien aber weniger gut ausgebildet. Und tendenziell sinke die Anzahl der Menschen, die in der Branche neu beginnen, so die Retail-Expertin.
Höher Gebildete verlassen den Detailhandel
Gerade die besser gebildeten Arbeitskräfte verliessen die Branche zunehmend, sagt Mügeli. Da es nicht genug Neueintritte gebe, schaffe es der Detailhandel nicht, die Abgänge zu kompensieren.
Es gibt nicht genug Lehrstellen
Die Ausbildungsintensität zeigt, wie hoch der Anteil der Lehrlinge an allen Mitarbeitenden eines Betriebes ist. Laut der CS sinkt dieser Wert im Detailhandel. «So mangelt es an Nachwuchs, weil es zu wenig Lehrstellen gibt, um die Beschäftigung in der Zukunft hochzuhalten», sagt Mügeli.
Unbefriedigende Arbeitsbedingungen
In der Schweizerischen Arbeitskräfteerhebung des Bundesamts für Statistik (BFS) gaben 47 Prozent der Befragten an, dass sie ihre Stelle im Detailhandel wegen den unbefriedigenden Arbeitsbedingungen gewechselt hätten. Immerhin: Die Arbeitgebenden sind sich dessen bewusst, wie Daten von Fuhrer & Hotz zeigen.
Wird sich der Personalmangel im Detailhandel weiter verschärfen?
Wer aufsteigen will, geht oft
Ein Grund für Kündigungen oder interne Stellenwechsel ist auch der Wunsch nach Veränderung oder Aufstieg. So begründeten in der BFS-Umfrage 36 Prozent der Arbeitnehmenden ihren Stellenwechsel im Detailhandel.
Pensionierungswelle trifft Detailhandel
«In den kommenden Jahren werden rund 20 Prozent der Menschen aus dem Arbeitsmarkt austreten», sagt Mügeli. Diese Entwicklung werde auch den Detailhandel hart treffen. In der Branche seien rund 20 Prozent aller Mitarbeitenden 55 bis 64 Jahre alt und etwa vier Prozent 65 Jahre oder älter.
Es gibt neue Anforderungen
Die Branche stelle neue Anforderungen an ihre Mitarbeitenden, unter anderem wegen der zunehmenden Digitalisierung, so Mügeli. Doch gerade das Personal mit einer höheren Qualifikation sei knapp.
Neun-Millionen-Schweiz generiert Nachfrage
In der Schweiz leben bald neun Millionen Menschen. Das stützt laut CS-Chefökonom Claude Maurer zwar den Konsum, es generiert aber auch viel Nachfrage, und das Angebot muss entsprechend wachsen. Das Bevölkerungswachstum könnte darum ein weiterer Grund für den Personalmangel im Detailhandel sein.
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