Ruf nach Verbot«Iranische Flaggen auf dem Bundesplatz dürfen wir nicht tolerieren»
Nach zahlreichen Pro-Palästina-Kundgebungen mit heiklen Plakaten und Sprechchören will Werner Salzmann (SVP), der Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission, solche Demos schweizweit verbieten. Das sorgt auch für Kritik.
Darum gehts
An Pro-Palästina-Kundgebungen waren vermehrt antisemitische Plakate und Botschaften zu sehen.
Werner Salzmann (SVP), Präsident der Sicherheitspolitischen Kommission des Ständerats, will diese nun verbieten.
«Antisemitismus und iranische Flaggen auf dem Bundesplatz dürfen wir nicht tolerieren», sagt er.
Min Li Marti (SP) widerspricht – auch wenn die Kundgebungen «inhaltlich problematisch» seien.
Die Städte Bern und Zürich planen aktuell keine Verbote. Im Extremfall könnten sie aber dazu gezwungen werden, erklärt ein Staatsrechtler.
Trotz strömenden Regens demonstrieren am Samstag Tausende auf dem Bundesplatz in Bern für ein «freies Palästina». Dabei wurden iranische Flaggen gesichtet und Sätze, welche von Experten als antisemitisch eingestuft werden, waren auf Bannern omnipräsent. Auch in Zürich und Basel kam es in den letzten Wochen zu entsprechenden Kundgebungen.
SVP-Ständerat Werner Salzmann, der die Sicherheitspolitische Kommission präsidiert, hat nun genug davon gesehen. «Antisemitismus und iranische Flaggen auf dem Bundesplatz dürfen wir nicht tolerieren», sagt er. Der Berner Politiker erwartet deshalb von den Städten, «dass sie solche palästinensische Kundgebungen verbieten».
Das Grundrecht auf Meinungsfreiheit habe Grenzen, sobald Antisemitismus im Spiel sei. «Diese Demos werden missbraucht, um Hass zu schüren und schränken die Bevölkerung in ihrer Bewegungsfreiheit ein», so Salzmann. Deshalb werde er in der SIK die Frage traktandieren, ob diese Demos verboten werden müssen.
SP-Marti: «Das sind nicht alles Hamas-Unterstützer»
Auf linker Seite tönt es anders. «Ich bin zurückhaltend mit Kundgebungsverboten, auch wenn sie inhaltlich problematisch sind», sagt SP-Sicherheitspolitikerin Min Li Marti. Meinungsfreiheit sei ein hohes Gut und eine demokratische Gesellschaft müsse solche Demos aushalten können.
«Nicht alle, die an diesen Kundgebungen teilnehmen, sind Hamas-Unterstützer», so Marti. Der Antirassismus-Artikel definiere klar, was zulässig und verboten sei, so die Zürcherin. Wo konkret «gehetzt» werde, müsse die Polizei gezielt eingreifen.
Berner Sicherheitsdirektor: «Persönlich finde ich, es reicht nun»
Genau das tat diese am Samstag, sagt der Berner Sicherheitsdirektor Reto Nause. «Wo die Polizei antisemitische Plakate und Symbole gesehen hat, wurden sie aus der Menschenmenge entfernt», erklärt er.
«Persönlich finde ich, dass es nun reicht mit diesen Kundgebungen», sagt Nause. Ein generelles Verbot ist aber nicht absehbar. «Wir wurden heftig kritisiert, als wir ein Wochenende ein Verbot verfügt haben. Es ist tatsächlich so, dass die Situation delikat ist», so der Sicherheitsdirektor. Nun komme die Adventszeit mit vielen Veranstaltungen. «Vor diesem Hintergrund werden wir unsere Strategie definieren», sagt der Mitte-Politiker.
Ähnlich tönt es in der Stadt Zürich. «Das Sicherheitsdepartement entscheidet aufgrund der jeweils aktuellen Sicherheitslage, ob Demonstrationen und Kundgebungen im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt in Zürich bewilligt werden können», sagt ein Sprecher.
Rechtsprofessor: In diesem Fall wäre ein Verbot zulässig
Doch kann das nationale Parlament überhaupt Kundgebungen verbieten? Ja, sagt der Zürcher Staatsrechts-Professor Andreas Glaser - obwohl eigentlich die Kantone zuständig wären. «Es könnte aber ein dringliches Bundesgesetz ohne Verfassungsgrundlage erlassen. Bei einer Geltung bis zu einem Jahr müsste es nicht einmal dem Referendum unterstellt werden», erklärt der Experte.
Noch schneller ginge es, wenn der Bundesrat ein Verbot in einer Notverordnung erlassen würde. «Was alles möglich ist, hat man in der Pandemie gesehen», so Glaser. Allerdings wäre dies im jetzigen Fall wohl verfassungswidrig, ergänzt er.
Bist du auch schon auf eine Demo rund um den Nahostkonflikt gestossen?
Die Versammlungsfreiheit habe einen sehr hohen Stellenwert, sagt Glaser. Einschränkungen müssten immer verhältnismässig sein. «Ein generelles Verbot wäre beispielsweise in sehr engem Rahmen für Versammlungen zulässig, die von ihrem Titel oder ihrer Durchführung gegen die Anti-Rassismus-Strafnorm verstossen», erklärt er.
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