Bir Tawil: Verwunschenes Landstück – selbst ein «König» fand hier nicht sein Glück

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Bir TawilVerwunschenes Landstück – selbst ein «König» fand hier nicht sein Glück

Bir Tawil liegt zwischen Ägypten und dem Sudan, wird aber von keinem der beiden Länder beansprucht. Vor einigen Jahren erklärte sich ein Mann aus Virginia in den USA zum König. 

Dieses Satellitenbild zeigt die Landesgrenzen (ganze Linien) von Ägypten und dem Sudan. In gepunkteten Linien sind die umstrittenen Grenzen zu sehen: Bir Tawil (links) und das Hala'ib-Dreieck (rechts).
Im Jahr 2014 erklärte der US-Amerikaner Jeremiah Heaton Bir Tawil sein Eigen.
Er rief sich selbst zum König aus und machte seine Tochter zur Thronfolgerin.
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Dieses Satellitenbild zeigt die Landesgrenzen (ganze Linien) von Ägypten und dem Sudan. In gepunkteten Linien sind die umstrittenen Grenzen zu sehen: Bir Tawil (links) und das Hala'ib-Dreieck (rechts).

imago images/Planet Observer \ U

Darum gehts

  • Bir Tawil ist eine Landfläche zwischen dem Sudan und Ägypten, die aber keines der beiden Länder haben will.

  • Der Grund dafür sind zwei Abkommen, die die Länder nicht anerkennen wollen.

  • Im Jahr 2014 setzte ein US-Amerikaner Flagge in Bir Tawil – etwas, das er möglicherweise heute bereut.

Wohnungskrise? Überbevölkerung? Soziale Konflikte? Nicht in Bir Tawil – denn dieses rund 2000 Quadratkilometer grosse Stück Land zwischen Ägypten und dem Sudan ist bis heute unbewohnt und wird von keinem der beiden Länder beansprucht.

Die absurde Geschichte um Bir Tawil begann 1899, als Sudan und Ägypten in einem Abkommen bestimmten, dass der Landstrich Eigentum des Sudan wird. Im Gegenzug hätte Ägypten ein Gebiet namens Hala'ib erhalten, das allerdings viel grösser, fruchtbarer und rohstoffreicher ist als Bir Tawil. 

Drei Jahre später wurde ein neuer Vertrag aufgesetzt: Darin wurde Hala'ib dem Sudan zugesprochen, Bir Tawil sollte neu zu Ägypten gehören. Da aber beide Länder Hala'ib haben wollen, erkennen sie jeweils nur den Vertrag an, der ihnen Hala'ib zuspricht. Und so hat bis heute keines der beiden Länder Anspruch auf Bir Tawil erhoben, denn würden sie dies tun, würde es heissen, dass sie den Anspruch des anderen Landes auf Hala'ib anerkennen. 

2014 entstand das Königreich von Bir Tawil

Vor etwa neun Jahren kam ein US-Amerikaner auf die Idee, Bir Tawil zu seinem Königreich zu erklären. Jeremiah Heaton aus Abingdon im US-Staat Virginia wusste, dass seine kleine Tochter Emily davon träumte, Prinzessin zu werden. Also erklärte er Bir Tawil sein Eigen, rief sich selbst zum König aus und machte seine Tochter zur Thronfolgerin.

Am 16. Juni 2014 – an Emilys siebtem Geburtstag – setzte der Vater eine hausgemachte Familienflagge in den Boden in Bir Tawil. Während das Mädchen glücklich seine Krone trug, begannen aber für den Vater die Probleme. Über 15'000 Menschen überschwemmten ihn mit Nachrichten. Einige wollten Unternehmen gründen, andere interessierten sich für die Staatsbürgerschaft. 

«Investoren» wollten Bir-Tawil-Pässe für 20’000 Dollar verkaufen

Kurze Zeit später führte Heaton sogar Gespräche mit General Mike Flynn, Trumps ehemaligem nationalen Sicherheitsberater. Flynn plante, in Bir Tawil einen US-Luftwaffenstützpunkt zu errichten, von dem aus Drohnenangriffe auf Terroristen geflogen werden könnten. Heaton war nicht ganz abgetan von der Idee. Doch seine Hoffnungen, an einem offiziellen Projekt des Weissen Hauses teilzunehmen, wurden zunichtegemacht, als General Flynn einige Wochen später gefeuert wurde. 

Als Nächstes interessierten sich chinesische Investoren für Heatons «Königreich». Sie stellten ihm ein Bauprojekt für eine Stadt samt Solaranlage vor – doch es war alles nur Betrug. Die Investoren planten eigentlich, gefälschte Pässe an verzweifelte Chinesen für 20'000 Dollar pro Kopf zu verkaufen. Heaton kam der Sache auf die Spur und informierte das FBI. Enttäuscht und auch etwas angeschlagen kehrte er schliesslich nach Virginia zurück. Sein Abenteuer hatte ihn inzwischen um die 50'000 Dollar gekostet.

Den Dokfilm «The King of North Sudan», der Heatons Geschichte erzählt, gibt es seit letztem Sommer auf Streaming-Plattformen zu sehen. 

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