FDP-Chef Thierry Burkart gibt Linken Schuld an hohen Mieten

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WahlinterviewFDP-Chef Burkart – «Linke Politik macht Wohnen für alle teurer»

Im Wahlinterview spricht FDP-Präsident Thierry Burkart über seinen SRG-Ärger, das CS-Fiasko und greift die linke Wohnpolitik frontal an. Er erzählt auch offen aus seinem privaten Alltag. 

FDP-Präsident Thierry Burkart stellt sich vor den nationalen Wahlen in Baden AG den kritischen Fragen von 20 Minuten. 

20Min/Marco Zangger

Darum gehts

  • FDP-Chef Thierry Burkart teilt im Wahlinterview heftig gegen SP, Grüne und SVP aus.

  • Schuld an den hohen Mieten seien Bürokratie und Regulierungen im Bauwesen. Verantwortlich macht er dafür die Linken. 

  • Der Aargauer Ständerat ärgert sich über die «links gefärbte» Berichterstattung im SRF und weiss noch nicht, ob er die SRG-Initiative ablehnt. 

  • Der 48-Jährige zeigt seine Lebenspartnerin und spricht über seine Kochkünste und bisher unbekannte Hobbys. 

Thierry Burkart, Sie führen die FDP in einen schwierigen Wahlkampf. Umfragen prophezeien Ihnen eine Niederlage.

In vielen Kantonen haben wir in den letzten Jahren gewonnen und in den Umfragen sah es auch lange gut aus. Dann wurde uns zu Unrecht die Verantwortung am Credit-Suisse-Debakel zugeschoben. Dieses Thema steht nun aber mit der Rückgabe der Garantien durch die UBS nicht mehr im Vordergrund, auch wenn sich die Politik noch eine Weile mit den Ursachen und Folgen beschäftigen wird.

«Für die FDP war das sicher nicht gut», sagt Parteipräsident Thierry Burkart zum Untergang der Credit Suisse.

«Für die FDP war das sicher nicht gut», sagt Parteipräsident Thierry Burkart zum Untergang der Credit Suisse. 

20min/Marco Zangger

Wie sehr hat der Zusammenbruch der FDP-Bank Credit Suisse Ihrer Partei geschadet?
Für die FDP war das sicher nicht gut. Doch viel wichtiger ist das Wohlergehen der Schweiz. Dank dem entschlossenen Handeln unserer Finanzministerin und Bundesrätin Keller-Sutter konnte schnell und verantwortungsvoll eine globale Finanzkrise mit Ursprung in der Schweiz verhindert werden. Das Image der Schweiz als stabiles und verlässliches Land hätte extrem gelitten.

Sie tun so, als wäre der Crash ein Betriebsunfall gewesen. Sind nun also alle Regulierungen im Bankensektor vom Tisch?
Nein. Dieser Einschnitt in die Schweizer Wirtschaftsgeschichte muss aufgearbeitet werden. Wenn die Resultate vorliegen, wird sich zeigen, wo Handlungsbedarf auf Gesetzesstufe gegeben ist. Was für mich heute schon klar ist: Gigantische Boni darf es nicht mehr geben, wenn die Firma Verluste schreibt. Das wird gesellschaftlich nicht verstanden.

Die Mitte sitzt Ihnen im Nacken. Räumen Sie einen Sitz im Bundesrat, wenn Sie nur noch viertstärkste Partei sind?
Die Mitte-Partei war bislang nie in einer Umfrage vor uns. Aber wir haben uns zur Zauberformel bekannt, wonach die drei grössten Parteien Anrecht auf zwei Sitze haben. Wenn die Wahlresultate die Rangfolge der Parteien verändern würde, könnten wir uns dem nicht entziehen. Allerdings entspricht es nicht unserer Tradition, amtierende Bundesräte abzuwählen.

Christof Vuille, Co-Leiter Politik und Wirtschaft bei 20 Minuten, traf den Aargauer Ständerat anlässlich der Badenfahrt in seiner Heimat.

Christof Vuille, Co-Leiter Politik und Wirtschaft bei 20 Minuten, traf den Aargauer Ständerat anlässlich der Badenfahrt in seiner Heimat. 

20min/Marco Zangger

Ihre Konkurrenz links der Mitte setzt auf die schwindende Kaufkraft als Wahlkampfthema. Was sind Ihre Rezepte, damit alle Menschen ihre Miete bezahlen können?

Die Mieten sind tatsächlich ein Problem. Am schlimmsten ist die Situation aber in den links regierten Städten. Das belegt, dass linke Wohnpolitik die Wohnungen für alle teurer macht. Die zahlreichen von SP und Grünen herbeigeführten Regulierungen führen dazu, dass nicht oder nur mit grosser Verzögerung gebaut wird und so das Angebot nicht mehr ausreicht. Die Linken sind verantwortlich für diese Verknappung. Und trotzdem schreien sie laut gegen Immobilienfirmen, das ist absurd. Eben hat Links-Grün in Zürich die Möglichkeit, einen Stock höher zu bauen, abgelehnt. Obwohl genau das verdichtetes Wohnen möglich gemacht und damit Wohnraum geschaffen hätte.

Mit welchem Rezept wollen Sie denn das Wohnen wieder bezahlbar machen?

Wir müssen die Anforderungen fürs Bauen deutlich senken. Ein Beispiel: Bis die Stadt Zürich überhaupt auf ein Baugesuch antwortet, dauert es im Durchschnitt über ein Jahr. Diese gigantische Bürokratie verteuert und verlangsamt das Bauen. Das führt zu einer Knappheit und damit zu hohen Preisen. Wir benötigen mehr Wohnraum und dafür muss gebaut werden können.

Was unternehmen Sie konkret?

Die FDP wird in Kantonen und Städten das Thema zuoberst auf die Agenda schreiben. Wir werden Mehrheiten suchen, um das Wirrwarr an Vorschriften zu entschlacken und somit das Wohnen wieder bezahlbarer zu machen. Auf Bundesebene wollen wir die rigiden Lärmschutzvorschriften flexibilisieren, die das Bauen unattraktiv machen.

Thierry Burkart lebt mit seiner Partnerin und deren zwei Kindern etwas ausserhalb von Baden AG.
In seiner Freizeit geht der FDP-Chef gerne mit Hündin Baila spazieren, in der Küche «schnetzelt» der Politiker nur. 
Baila ist eine Schweizer Sennenhündin und sei «ein unverzichtbarer Teil unseres Haushalts», verrät Burkart. 
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Thierry Burkart lebt mit seiner Partnerin und deren zwei Kindern etwas ausserhalb von Baden AG.

privat

Thierry Burkart privat

«Das Thema Kinder hat sich für uns erledigt» 

Wann und warum haben Sie das letzte Mal geweint?
Das letzte Mal war aber ein freudiger Anlass, weil es mich sehr berührte, als ein befreundetes Paar sich das Ja-Wort gab.

Was macht Sie abseits der Politik im Alltag wütend?
Ich nehme das Leben relativ gelassen. Aber wenn Menschen nicht verlässlich sind und ihre Versprechen nicht einhalten, kann ich hässig werden. Das ist nicht nur in der Politik, sondern auch im privaten Bereich so.

Wie teilen Sie sich im Haushalt mit Ihrer Partnerin auf?
Ich bin leider sehr viel unterwegs. Wenn ich zu Hause bin, unterstütze ich meine Partnerin aber nach Kräften, auch in der Küche. Sie kocht eindeutig besser, deshalb werde ich meist zum Schnetzeln degradiert. Gerne gehe ich mit unserem Hund spazieren. Baila ist eine Schweizer Sennenhündin und ein unverzichtbarer Teil unseres Haushalts.

Könnten Sie sich vorstellen, kurz vor 50 noch Vater zu werden?
Ich bin nicht mehr der Jüngste und meine Partnerin ist lediglich ein Jahr jünger als ich. Das Thema hat sich für uns erledigt. Sie hat aber zwei wunderbare Kinder, welche bei uns wohnen und wir haben es sehr gut miteinander.

Sie gehen in vielen Kantonen Listenverbindungen mit der SVP ein, welche Sie als Würmer zeigte und den «FDP-Filz» für das CS-Fiasko verantwortlich macht. Wie geht das zusammen?

Unser Wahlsystem ist leider so ausgestaltet, dass Parteien ohne Listenverbindungen Nachteile erleiden. Weil die GLP mit der Mitte oder mit SP/Grünen zusammengeht, hatten unsere Kantonalparteien nicht viel Auswahl. Es ist aber eine rein arithmetische Verbindung, politisch haben wir in gewissen Themen, wie Finanz- und Wirtschaftspolitik, gemeinsame Positionen. Den Stil der SVP teilen wir definitiv nicht. Wenn die SVP so weiterpolitisiert, dann wird die Akzeptanz für Listenverbindungen in unserer Basis bald nicht mehr vorhanden sein.

Welche Optionen gibt es denn für künftige Wahlen?

Ich hoffe, dass das System der Listenverbindungen bis 2027 abgeschafft ist. Ich werde in der Herbstsession einen entsprechenden Vorstoss einreichen. Das heutige System führt zu Listenverbindungen von Parteien, die in ihren Positionen weit auseinander liegen. Da kaufen die Wähler die Katze im Sack, zum Beispiel, wenn sie GLP wählen, kann dies den Jusos oder jungen Grünen zugutekommen, mit ihren kommunistischen Forderungen.

Burkarts FDP steht teilweise für Listenverbindungen mit der SVP in der Kritik. Im Herbst wird er einen Vorstoss einreichen, um Listenverbindungen künftig zu verbieten.

Burkarts FDP steht teilweise für Listenverbindungen mit der SVP in der Kritik. Im Herbst wird er einen Vorstoss einreichen, um Listenverbindungen künftig zu verbieten. 

20min/Marco Zangger

Sie wollen in der Asylpolitik «hart, aber fair» vorgehen. Sie beklagen sich etwa über Wirtschaftsflüchtlinge. Biedern Sie sich bei der SVP an?

Nein. Wir wollen im Wahlkampf zu allen brennenden Themen unsere Positionen aufzeigen, die Zuwanderung ist eines davon. Im Asylbereich braucht es eine konsequentere Umsetzung der eigentlich relativ strikten Gesetzgebung.

Wo genau greift die Schweiz heute zu wenig konsequent durch?

Wir erwarten von Bundesrätin Baume-Schneider, dass sie endlich Druck auf Italien macht, damit diese Flüchtlinge gemäss Dublin-Regeln zurücknehmen. Die Kantone müssen ausserdem abgewiesene Asylbewerber rasch zurückschaffen. Weiter müssen abgewiesene Eritreer in andere Länder abgeschoben werden können, wenn sie nicht zurück nach Eritrea können. Diesen Vorschlag hat sogar der Bundesrat unterstützt.

Aufgrund der Berichterstattung zu Ihrem Migrationspapier kritisieren Sie SRF heftig. Wie stehen Sie zur Halbierungsinitiative der SVP?

SRF ist durch Zwangsabgaben der Bürgerinnen und Bürger finanziert. Deshalb sollten gewisse journalistische Standards gelten. Wenn diese nicht eingehalten werden, stellt die SRG das heutige System infrage. Ich stelle an unserer Basis eine grosse Unzufriedenheit fest, weil Berichterstattung und Themensetzung bei SRF sehr stark links gefärbt sind. Ich weiss wirklich nicht, wie unsere Delegierten entscheiden werden und habe mich selbst noch nicht festgelegt.

«Ich stelle an unserer Basis eine grosse Unzufriedenheit fest, weil Berichterstattung und Themensetzung bei SRF sehr stark links gefärbt sind», so Burkart.

«Ich stelle an unserer Basis eine grosse Unzufriedenheit fest, weil Berichterstattung und Themensetzung bei SRF sehr stark links gefärbt sind», so Burkart. 

20min/Marco Zangger

Spekuliert wird über einen Gegenvorschlag. Wie hoch sollte die jährliche Abgabe pro Haushalt ihrer Ansicht nach sein?

Ich unterstütze die Idee eines Gegenvorschlags. Wir sollten im Parlament klären, was die Aufgabe der SRG ist und wie viel Geld sie dafür braucht. Dann wird sich zeigen, wie hoch der Beitrag sein könnte. Klar ist, dass die Unternehmen nicht unter die Abgabepflicht fallen sollten.

Die Prämien werden gemäss neuen Zahlen auch 2024 deutlich steigen. Wer ist ihrer Meinung nach schuld daran?

Ein gutes Gesundheitswesen darf etwas kosten, aber das Prämienwachstum muss gebremst werden. Der Wettbewerb muss gestärkt werden: Wir brauchen die Möglichkeit für alternative Versicherungsmodelle. Jede Bürgerin und jeder Bürger soll selbst entscheiden können, wofür er versichert sein will und was ihm das wert ist. Heute kämpfen Ärzte, Spitäler und andere Gruppen primär für sich selbst.

Sie haben auch etliche Lobbyisten im Gesundheitsbereich in ihren Reihen. Der Spitalverband etwa wird von Nationalrätin Regine Sauter präsidiert.

Jede Partei hat Interessenvertreter in ihren Reihen. Und Lobbying ist nicht einfach per se schlecht. Es ist das Recht aller Interessensgruppen, für ihre Sache zu kämpfen. Die Aufgabe der Politik ist die Abwägung der verschiedenen Interessen.

Nach den Wahlen kommt es zur Renten-Schlacht. Sind Sie auch vor den Wahlen ehrlich und sagen: Ja, wir müssen alle bis 67 Jahre arbeiten?

Es ist ein Fakt, dass wir immer älter werden. Das ist ein Privileg, führt aber dazu, dass die Altersvorsorge immer schwieriger zu finanzieren ist. Wir geben mit der Renten-Initiative kein starres Alter vor, sondern halten fest: Die Lebensarbeitszeit muss erhöht werden. Das ist zwingend, denn es türmt sich ansonsten ein gigantischer Schuldenberg auf, der die Altersvorsorge unbezahlbar macht. Wenn wir eine längere Lebensarbeitszeit haben, führt das zu einem erhöhten inländischen Arbeitskräftepotential und verringert gemäss einer Studie die Zuwanderung um rund 22 Prozent. Es ist daher bedauerlich, dass uns die SVP hier nicht unterstützt.

Bald müssen Parteien transparent machen, wie hoch ihr Wahlkampf-Budget ist. Wie sieht es bei der FDP und in den Kantonalparteien aus?
Als Partei verfügen wir auf nationaler Ebene über rund 2,5 Millionen Franken. Ich stelle mich einem intensiven Ständeratswahlkampf und habe bislang etwa 180’000 Franken zur Verfügung.

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