Wahlkampf-Äusserung«Putin freut sich bestimmt über Trumps Aussagen»
Trump will die Nato-Staaten, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, bei einem Angriff Russlands nicht unterstützen. Ein Sicherheitsexperte schätzt die Aussagen ein.
Darum gehts
Bei einer Wahlkampfveranstaltung sagte Trump, dass er Nato-Länder, die zu wenig für die Verteidigung ausgeben, bei einem Angriff nicht verteidigen will.
Der Sicherheitsexperte Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck erklärt, wie gefährlich eine solche Drohung ist.
Trumps Aussagen würden bei den Nato-Mitgliedsstaaten Verunsicherung auslösen: «Das dürfte Putin gefallen», so Mangott.
Sollte Donald Trump im November zum US-Präsident gewählt werden, will er die Nato-Partner, die ihren finanziellen Verpflichtungen nicht nachkommen, bei einem Angriff Russlands nicht beschützen. Wie er an einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina sagte, würde er Russland sogar dazu ermutigen, «zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen.» Der Sicherheitsexperte Gerhard Mangott von der Universität Innsbruck schätzt Trumps Aussagen für 20 Minuten ein.
Herr Mangott, was lösen Trumps Aussagen bei den Nato-Mitgliedsstaaten aus?
Die Aussagen sind sehr besorgniserregend und erreichen in ihrer Radikalität eine neue Qualität. Zum einen widersprechen sie dem wichtigsten Grundsatz der Nato, dass jedes Mitglied im Angriffsfall durch das Bündnis verteidigt wird. Dieser Grundsatz gilt unabhängig davon, ob ein Land die Nato-Ziele bei den Verteidigungsausgaben erfüllt oder nicht.
Zum anderen schürt Trump so Unsicherheit und Angst in Europa. Gerade in osteuropäischen Ländern, die sich aufgrund ihrer Nähe besonders vor einem Angriff Russlands fürchten, dürften Trumps Aussagen Irritation auslösen. Mit seiner Rhetorik geringschätzt Trump viele seiner Partner und Freunde in der Welt. Er vergisst dabei, dass die USA von guten Beziehungen mit seinen Alliierten profitieren.
Wieso äussert er sich dann so?
Einerseits sind diese Aussagen als Wahlkampfstrategie zu verstehen. Trumps Wählerschaft ist der Meinung, dass die USA nicht für die Sicherheit anderer Länder verantwortlich sind. Das Land werde von Staaten ausgenutzt, die reich genug sind, um selbst für ihre Sicherheit zu sorgen. Andererseits macht Trump mit seinen neuesten Aussagen klar, dass er die militärische Unterstützung der USA nicht gratis hergeben will. Schon während seiner Präsidentschaft versuchte er, mit ähnlichen Strategien Länder wie Deutschland unter Druck zu setzen, die das Nato-Ziel, zwei Prozent des BIPs für Verteidigung auszugeben, nicht erfüllen.
Was bedeuten solche Aussagen für Putin?
Putin hat sicher Freude an Trumps Aussagen. Russland profitiert, wenn es Unruhe gibt zwischen den Nato-Verbündeten. Es ist ein Zeichen von Schwäche. Ein weniger geeintes oder geschwächtes Bündnis könnte Russland im Ukrainekrieg weniger entgegenhalten. Dass Putin Trumps Aussage als Einladung für einen Angriff auf ein weiteres Land interpretiert, bezweifle ich aber.
So äusserte sich Trump in South Carolina zur Nato.
APGlauben Sie, dass Trump bei einer Wahl seine Drohungen in die Tat umsetzen würde?
Das bleibt offen. Ich denke nicht, dass man seine Aussagen eins-zu-eins übernehmen kann. Auch schon vor seiner Präsidentschaft machte Trump ähnliche Aussagen, als er aber im Weissen Haus sass, rüttelte er nicht an den Grundsätzen der Nato. Deshalb halte ich auch einen Austritt der USA für unwahrscheinlich. Obwohl Trump das in der Vergangenheit schon androhte, liegt ein Nato-Austritt nicht in seinem Interesse. Stattdessen will er, dass Länder wie Deutschland oder Italien mehr Geld für die Verteidigung ausgeben. Im Alleingang könnte Trump einen Austritt der USA aus der Nato auch nicht beschliessen, dafür bräuchte er die Zustimmung des Kongresses. Dass dieser ein solches Vorhaben unterstützen würde, ist unwahrscheinlich.
Sollte es dennoch soweit kommen, was würde ein Nato-Austritt der USA für Europa bedeuten?
Für die Europäer wäre das dramatisch. Aktuell könnte Europa die Sicherheit ohne die Unterstützung der USA nicht gewährleisten. Es würde zehn bis 15 Jahre dauern, bis die europäischen Länder so aufgerüstet hätten, dass sie sich selbst verteidigen könnten. Diese Übergangsphase wäre sehr gefährlich. Ausserdem wäre es dann nicht mehr ausreichend, zwei Prozent des BIPs für die Verteidigung auszugeben, es bräuchte dann mindestens drei bis vier Prozent.
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