Zeitumstellung«Wer zu lange im Bett liegt, schläft oft noch schlechter»
Nur eine Stunde – und schon leidet der Schlaf: Warum die Umstellung auf die Winterzeit uns zu schaffen macht, erklärt Schlafforscher Björn Rasch.
Darum gehts
Die Zeitumstellung bringt den Biorhythmus vieler Menschen durcheinander und kann zu Schlafstörungen führen.
Schlafforscher Björn Rasch emphielt, die Umstellung abzuschaffen, da sie die Schlafqualität negativ beeinflusst, besonders bei älteren Menschen.
Schlafstörungen sind weit verbreitet und können durch Stress, Atemaussetzer oder psychische Belastungen ausgelöst werden.
Herr Rasch, Sie sind seit über 20 Jahren in der Schlafforschung tätig. Wie haben Sie letzte Nacht geschlafen?
Auch als Schlafforscher bleibt man nicht von schlechten Nächten verschont. Aber letzte Nacht war okay, ich bin einmal aufgewacht und habe dann eine Weile wachgelegen – das ist in meinem Alter normal. Der Schlaf verändert sich mit den Jahren.
Zum Experten
Björn Rasch (50) ist seit über 20 Jahren in der Schlafforschung tätig und seit 2013 Professor für Kognitions- und Neurowissenschaften an der Universität Fribourg. Seine Forschung konzentriert sich auf den Einfluss unseres Denkens, unserer Vorstellungen und unserer Gefühle auf den Schlaf. Durch seine Studien trägt er zum Verständnis bei, wie und nach welchen Mechanismen unsere Psyche unseren Schlaf beeinflusst.

In der Schweiz leidet jede dritte Person an Schlafstörungen. Was versteht man darunter?
In diesen vielen Fällen sprechen wir von mittelschweren Schlafproblemen – etwa beim Ein- oder Durchschlafen –, die häufig durch Stress oder aussergewöhnliche Belastungen oder auch einfach durch das Älterwerden verursacht werden. Wenn solche Probleme mehrmals pro Woche über einen Zeitraum von mindestens einem Monat auftreten und die Betroffenen tagsüber müde, gereizt und unkonzentriert sind, sprechen wir von klinisch relevanten Schlafstörungen. Etwa acht bis neun Prozent der Menschen in der Schweiz leiden darunter.
«Das Risiko für Krankheiten wie Demenz kann bei chronischem Schlafmangel erhöht sein.»
Was passiert, wenn man nicht schläft?
Menschen mit chronischen Schlafstörungen berichten von verminderter Lebenszufriedenheit, Konzentrationsschwierigkeiten und einer erhöhten Reizbarkeit. Langfristig sind die gesundheitlichen Folgen schwerwiegender: Das Immunsystem wird geschwächt, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Depressionen und Burnout steigt. Auch das Risiko für neurodegenerative Krankheiten wie Demenz kann bei chronischem Schlafmangel erhöht sein.
Ursachen einer Schlafstörung
Am 27. Oktober wird von der Sommer- auf die Winterzeit umgestellt. Manche Menschen behaupten, das fühle sich an wie ein Jetlag. Kann das wirklich so stark sein?
Sehr gut sogar. Die Umstellung des Biorhythmus um nur eine Stunde kann für viele Menschen sehr spürbare Auswirkungen haben. Studien zeigen, dass die innere Uhr durch die Zeitumstellung durcheinandergebracht wird, was vor allem bei älteren Menschen zu Schlafstörungen führen kann. Häufig gibt es stärkere Effekte bei der Umstellung von der Winter- auf die Sommerzeit, weil wir eine Stunde in der Nacht verlieren und wir morgens früher aufstehen müssen. Aus der Sicht der Schlafforschung wäre es sinnvoll, die Zeitumstellung abzuschaffen.
Was ist Ihr Geheimtipp für eine bessere Schlafqualität?
Wichtig ist, Schlafstörungen ernst zu nehmen und bei anhaltenden Problemen Hilfe zu suchen. Der zweite Punkt: Gelassenheit. Viele Menschen setzen sich zu sehr unter Druck, jede Nacht perfekt zu schlafen. Das ist unrealistisch. Man muss akzeptieren, dass es auch mal schlechtere Nächte gibt und nicht in Panik verfallen, wenn man nicht sofort einschläft. Gerade mit dem Alter nimmt meist die Dauer der Wachphasen zu, der Schlaf «altert». Dies ist ein ganz normaler Prozess, so wie das Altern der Haut oder der Haare.
«Weniger Zeit im Bett kann den Schlaf wieder verbessern.»
Ein häufiger Fehler ist es, mehr Zeit im Bett zu verbringen, um den fehlenden Schlaf nachzuholen. Wer zu lange im Bett liegt, schläft jedoch oft noch schlechter. Der Körper braucht nur eine gewisse Anzahl Stunden Schlaf, und wenn man sich zwingt, früher ins Bett zu gehen und zu viel Zeit im Bett zu verbringen, lässt der sogenannte «Schlafdruck» nach und wir können schlechter Ein- und Durchschlafen. In diesen Fällen bedeutet weniger tatsächlich mehr: Weniger Zeit im Bett kann den Schlaf wieder verbessern.
Welche gängigen Glaubenssätze rund um Schlaf stimmen nicht?
Dass jeder Mensch jede Nacht genau acht Stunden Schlaf braucht. Der Schlafbedarf ist sehr individuell. Manche Menschen kommen mit sechs Stunden aus, andere brauchen neun. In dies auch nicht immer und in jeder Nacht. Wichtig ist, auf die eigenen Bedürfnisse zu hören und sich nicht von solchen Pauschalangaben verunsichern zu lassen.
«Wir schlafen besser, wenn wir einen regelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus haben.»
Der zweite Mythos: Schlaf vor Mitternacht sei der erholsamste. Tatsächlich ist es so, dass die erholsame Tiefschlafphase in der ersten Nachthälfte stattfindet, unabhängig davon, wann man ins Bett geht. Es ist also egal, ob man regelmässig um 22 Uhr oder um ein Uhr ins Bett geht – der Körper passt sich nach einiger Zeit dem individuellen Rhythmus an. Wichtig wäre aber, nicht ständig zu wechseln: Wir schlafen besser, wenn wir einen regelmässigen Schlaf-Wach-Rhythmus haben.
Wie gehst du mit der Zeitumstellung um?
Folgst du schon 20 Minuten auf Whatsapp?
Eine Newsübersicht am Morgen und zum Feierabend, überraschende Storys und Breaking News: Abonniere den Whatsapp-Kanal von 20 Minuten und du bekommst regelmässige Updates mit unseren besten Storys direkt auf dein Handy.