Yuval RaphaelIsraelische ESC-Teilnehmerin sprach in Zürich über Hamas-Massaker
Yuval Raphael singt für Israel am Eurovision Song Contest. Sie sprach in Zürich einst vor den Medien über ihre Erlebnisse am Nova-Festival.
Yuval Raphael erzählte in Zürich von ihren Erlebnissen am 7. Oktober.
20min/Mikko StammDarum gehts
Yuval Raphael, israelische ESC-Teilnehmerin, überlebte das Hamas-Massaker am 7. Oktober.
Sie versteckte sich mit Freundinnen in einem Schutzraum, wo sie den Angriff hautnah erlebte.
Über ihre Erlebnisse sprach sie einst in Zürich.
Ihr ESC-Song «New Day Will Rise» soll Überlebenden Trost spenden.
Die israelische ESC-Teilnehmerin Yuval Raphael (24) ist gerade im Land, um ihre Postkarte für den Wettbewerb zu drehen. Es ist aber nicht der erste Besuch der Sängerin in der Schweiz. 20 Minuten traf sie im Dezember 2023 an einer Pressekonferenz in Zürich, wo sie über das Hamas-Massaker vom 7. Oktober sprach.
Yuval war unter den Gästen des Nova-Festivals und erlebte den Angriff hautnah mit. «Wir waren am Feiern, plötzlich stoppte die Musik. Stattdessen hörten wir Sirenen», so die Israelin am Event der Gruppierung #neveragainisnow.
Zusammen mit ihren vier Freundinnen sprang die 24-Jährige in ein Auto und fuhr Richtung Norden. Als die Gruppe einen kleinen Schutzraum am Strassenrand sah, hielt sie an und versteckte sich darin. «Es war sehr eng, viele hatten grosse Angst.»
Yuval Raphael sah Leichen
Wenig später hörten die Schutzsuchenden Stimmen: Die Hamas-Terroristen hatten sie gefunden. Die Gruppe verstummte. «Die Männer begannen auf Menschen im Raum zu schiessen. Ich sass in der Ecke, schloss meine Augen und kauerte mich zusammen. Als die Terroristen gingen und ich meine Augen öffnete, lag eine Leiche auf meinem Bein, die junge Frau neben mir lag tot gegen meine Schulter.»
Der Horror dauerte acht Stunden an: «Die Hamas-Anhänger kamen sechsmal zurück. Jedes Mal lag ich zur Seite, legte den Kopf der toten Frau auf meinen und stellte mich tot.» Während die Männer im Raum waren, war es komplett still. Nachdem die Terroristen den Raum verlassen hatten, flüsterte Yuval jeweils die Namen ihrer Freundinnen. «Ich wollte sehen, ob sie noch am Leben sind.» Auch eine Granate hätten die Hamas-Anhänger in den Schutzraum geworfen.
Am Nachmittag wurden die Überlebenden von einem Vater einer jungen Frau im Bunker und dem Militär gerettet. «Der Boden war voller Leichen. Um den Schutzraum zu verlassen, musste ich über die toten Körper steigen. Es war schrecklich.» Wie Yuval erzählte, überlebten elf von rund 40 Personen im Bunker die Attacke – fünf davon waren sie und ihre Freundinnen. «Eine meiner Freundinnen wurde von sechs Schüssen getroffen.»
«Aus meinen Haaren fielen Hautfetzen»
Nachdem Yuval gerettet wurde, sei alles schnell gegangen. Die 24-Jährige wurde zu einer nahegelegenen Polizeistation gebracht. «Als ich aus dem Auto stieg, schauten mich alle schockiert an. Später verstand ich, wieso.» Die Sängerin ging ins Badezimmer. Dort gab es keinen Spiegel, aber eine Dusche. «Ich streckte meinen Kopf unter den Hahn und drehte ihn auf. Als das Wasser über meine Haare floss, fielen Hautfetzen zu Boden.»
Wochen danach dachte Yuval noch täglich über ihre schrecklichen Erlebnisse nach. «Die Tage direkt nach dem 7. Oktober ging es mir eigentlich okay. Ich war wie gelähmt und konnte teils sogar lachen.» Zur Zeit der Pressekonferenz fiel es ihr schwerer. «Plötzlich holte mich das Erlebte und die Emotionen, die ich in diesem Schutzraum fühlte, ein.» Dennoch will die 23-Jährige ihre Geschichte erzählen: «Darüber zu sprechen, hilft mir sehr. Es ist meine Art, mich zu wehren.»
Israels Teilnahme sorgte am ESC 2024 für Aufruhr
Am Eurovision Song Contest hat sie die Chance dazu. Ihr Song «New Day Will Rise» soll Überlebenden der Hamas-Attacken Trost und Hoffnung spenden. Der Text zitiert das biblische «Lied der Lieder», das Hohelied der Liebe: «Auch mächtige Wasser werden die Liebe nicht auslöschen können; selbst Fluten werden sie nicht fortschwemmen.» (Hld 8,7)
Die israelische Delegation hat dieses Jahr Grosses vor und gibt so viel Geld für den Eurovision Song Contest aus wie noch nie: 3,5 Millionen Shekels, was umgerechnet rund 877'500 Franken sind. Das Geld wird unter anderem für die Teilnahmegebühr, das Staging und die Unterkunft gebraucht.
Vergangenes Jahr sorgte Israels Teilnahme am ESC für diverse pro-palästinensische Proteste. Eden Golans Lied «October Rain» war der EBU zu politisch und musste in «Hurricane» umgetextet werden. Diverse Teilnehmer – allen voran der Niederländer Joost Klein – taten ihre pro-palästinensische Meinung kund und stellten sich klar gegen Eden.
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