Zürich HB: Süchtige dealen mit Diaphin-Tabletten

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Zürich HauptbahnhofSüchtige verkaufen gefährliche Heroin-Pillen am Gleis 3

Am Zürcher HB erhalten stark Heroin-Abhängige Diaphin zur Substitution. Aber statt es selbst zu nehmen, verkaufen es viele einfach weiter: zur Geldbeschaffung für andere Drogen.

Am Zürcher HB wird mit dem Heroin-Ersatz Diaphin gedealt.
Thilo Beck von der Ausgabestelle ARUD verteidigt dennoch die gängige Praxis, den Süchtigen für mehrere Tage Diaphin zur Verfügung zu stellen.
Seit der Corona-Pandemie wurde die Ausgabepraxis gelockert. Im Bild: die Drogenanlaufstelle auf dem Kasernenareal.
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Am Zürcher HB wird mit dem Heroin-Ersatz Diaphin gedealt.

20min/Michael Scherrer

Darum gehts

  • Am Zürcher HB verkaufen Süchtige ihren Heroin-Ersatz Diaphin weiter.

  • Dass Süchtige die Tabletten gleich für mehrere Tage erhalten, begünstigt den illegalen Verkauf.

  • Die Ausgabestelle ARUD will dennoch an der gängigen Praxis festhalten.

Drogensüchtige haben nicht nur mit ihrer Abhängigkeit zu kämpfen, sondern oft auch damit, verunreinigte Drogen auf dem Schwarzmarkt zu erhalten, die ihnen zusätzlich gefährlich werden können. Deswegen bekommen Süchtige an bestimmten Ausgabestellen Drogen-Ersatz: So wird beispielsweise am Zürcher HB an der Drogenabgabestelle ARUD Diaphin ausgegeben: Heroin in Reinform, verabreicht als Tablette.

Was auf den ersten Blick eine gute Idee scheint, birgt auf den zweiten aber auch Risiken: Denn offenbar nehmen viele Süchtige die Tabletten gar nicht mehr selbst, sondern verkaufen sie weiter. Darüber berichtet «SRF». Das eingenommene Geld wird dann wieder für die Beschaffung von anderen Drogen genutzt. Natürlich ist das verboten.

Auch Nicht-Süchtige geraten an Diaphin

Der ebenfalls abhängige Hakan T. berichtet, dass eigentlich jeder, der Diaphin erhalte, dieses mindestens schon einmal weiterverkauft habe – auch er selbst: «So konnte ich meinen Drogenkonsum finanzieren, weil ich sonst kein Geld hatte.» Er berichtet auch, dass die Tabletten auch häufig an Nicht-Heroin-Süchtige verkauft werden – für Gesunde kann dies aber tödlich sein: «Es sind ganz viele Leute gestorben wegen dieser Tablette.» Unabhängig überprüfen lässt sich diese Aussage nicht. Allerdings weiss die Stadtpolizei über den Handel Bescheid.

Welche Droge, abgesehen von Alkohol und Zigaretten, hast du schon mal ausprobiert?

Der Verkauf wird dadurch begünstigt, dass in Zürich das Diaphin für mehrere Tage ausgegeben wird – so können sich die Süchtigen erstmal selbst versorgen und den «Rest» dann weiterverkaufen. Aber das war nicht immer so: Vor der Corona-Pandemie war das noch nicht der Fall.  Erhebungen der Stadtpolizei Zürich zeigen: Seit der Pandemie wird jährlich mehr als doppelt so viel Diaphin sichergestellt als zuvor. Wer sich am Zürcher HB an Gleis 3 stellt, muss nicht lange warten, bis ihm eine Tablette angeboten wird. In anderen Städten wird die Ausgabe dagegen viel strenger gehandhabt als in Zürich.

ARUD hält an Ausgabe-Praxis fest

Bei der Ausgabestelle will man dennoch an der aktuellen Praxis festhalten. ARUD-Psychiater Thilo Beck sagt gegenüber dem «SRF»: Wir wissen, dass die meisten sehr korrekt und verantwortungsvoll mit der Medikation umgehen. Nur ein kleiner Teil hat Schwierigkeiten.» Würde man die Ausgabe kontingentieren, würde man damit auch alle anderen bestrafen. Denn dadurch würden die Süchtigen so viel Autonomie wie möglich bekommen.

Beck wäre sogar dafür, den Süchtigen eine Monatsration Diaphin zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig würde alles dafür getan werden, den illegalen Handel zu unterbinden und zu verhindern, dass Neulinge mit den Tabletten in Kontakt kommen. Welche Massnahmen das sind, wird offen gelassen.

Hast du oder hat jemand, den du kennst, ein Problem mit Suchtmitteln?

Hier findest du Hilfe:

Safezone.ch, anonyme Onlineberatung bei Suchtfragen

Feel-ok, Informationen für Jugendliche

Infodrog, Information und Substanzwarnungen

Anonyme Alkoholiker, Tel. 0848 848 885

Narcotics Anonymous, Selbsthilfegruppe für Suchtbetroffene

Stopsmoking.ch, Tel. 0848 000 181

Vergiftungsnotfälle, Tel. 145

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