Deutscher lockt Fahrschüler für Billig-Ausweis nach Georgien

Wer ihn schon hat, weiss: Den Führerausweis zu erlangen, braucht Geld und Geduld. Es dauert einige Zeit, bis man den Schleifpunkt der Kupplung auch am Berghang mühelos findet. Schafft man es an die Prüfung, klappt diese auch nicht immer beim ersten Mal. Manchen scheint diese Prozedur zu lange zu dauern. M. aus Deutschland verspricht auf Social Media, dass man innerhalb von zwei bis drei Wochen und für rund 500 Dollar inklusive Fahrstunden zum Führerausweis kommt – in Georgien.

Das Video wurde 116'000 Mal gelikt und über 16'000 Mal abgespeichert. «Ich habe die Chance verpasst, in meiner Teenagerzeit einen supergünstigen Führerschein zu bekommen», schreibt er auf einer eigens dafür eingerichteten Webseite. Das habe er dann in der georgischen Hauptstadt Tiflis nachgeholt – schnell und viel günstiger als in Deutschland. «Jetzt unterstütze ich andere, die dringend einen Führerausweis brauchen, diesen in Georgien zu bekommen.»

M. lebt und arbeitet als digitaler Nomade auf der ganzen Welt. Mit dem Führerausweis-Tourismus in Georgien habe er sich eine weitere Einnahmequelle aufgebaut: «Ich habe den Prozess in Georgien selbst durchlaufen, mich mit dem System vertraut gemacht und herausgefunden, wie es am besten funktioniert. Wir haben Dolmetscher vor Ort und helfen den Leuten, das Fahren zu lernen.» Sie seien eine Art «Travel Agency.» Er verlange eine Gebühr für seinen Service. Wie hoch diese ist, will M. nicht verraten.

Auf der Webseite gibt er ausführlich Tipps, wie man am besten vorgehen soll: von der Buchung über Finanztipps bis hin zur Dauer des Aufenthalts. Gegenüber 20 Minuten sagt er: «Die Autoprüfung in Georgien ist viel schwieriger und komplexer als in Deutschland.» Der grosse Vorteil sei aber, dass man in Georgien innerhalb von zwei Wochen zur Prüfung zugelassen werde, während das in anderen Ländern teils Monate dauere. Und Fahrstunden und Prüfungsgebühren seien deutlich günstiger.

Einen Haken hat das Ganze aber: «Es ist offensichtlich, dass es sich um ein dubioses Angebot handelt. Bei Führerausweisen gilt das Nationalitätenprinzip. Sie können den Führerausweis ausschliesslich in dem Land erwerben, in dem Sie wohnhaft sind», erklärt Thomas Rohrbach, Sprecher des Bundesamtes für Strassen Astra. «Wenn eine Person mit Wohnsitz in der Schweiz diesen sogenannten georgischen ‹Ausweis› erwirbt, darf sie damit in der Schweiz nicht fahren.»

Auch M. macht auf seiner Webseite darauf aufmerksam: «Wenn du EU-Einwohner bist, musst du einen EU-Führerschein erwerben, um in der EU fahren zu dürfen. Der georgische Führerschein ist nur ausserhalb der Europäischen Union gültig.» Sein Angebot richte sich vor allem an Reisende, die beispielsweise nach Südamerika wollen und dringend noch einen Führerausweis brauchen.

Der schweizerische Fahrlehrerverband L-drive hält nicht viel vom Fahrausweis-Tourismus: «Der L-drive lehnt jegliche Form von Führerausweis-Tourismus entschieden ab. Eine Fahrausbildung, die der Verkehrssicherheit dient, muss professionell nach den hierzulande geltenden Massstäben durchgeführt werden», heisst es auf Anfrage. Nur wer mit den hiesigen Verhältnissen vertraut ist, sei sicher unterwegs. Wer den georgischen Fahrausweis in der Schweiz umtauschen will, müsse zudem entsprechende Kontrollfahrten machen.